„Versöhnung erleben“ – Rückblick auf die Bundesratstagung 2023
Segensreiche Gottesdienste, inspirierende Vorträge, wichtige Entscheidungen und lebendige Gemeinschaft
„Dich schickt der Himmel – Versöhnung erleben“ lautete das Thema der Bundesratstagung 2023, bei der die 860 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowohl vor Ort in Kassel als auch online teilgenommen haben.
Mit einem neuen Format, dem so genannten Preacher Slam, begann die Bundesratstagung am Mittwochabend. Sieben Künstlerinnen und Künstler brachten selbstgeschriebene poetische Texte zu Gehör. Das Publikum kürte im Anschluss den Beitrag, der es am meisten inspiriert und bewegt hatte. Gewinnerin eines von der Akademie Elstal gesponserten Stimmtrainings war die Theologiestudentin Josephine Dietz.
Der Gottesdienst am Himmelfahrtstag wurde von Angehörigen der Theologischen Hochschule Elstal gestaltet. In ihrer Predigt entfaltete Rektorin Prof. Dr. Andrea Klimt das Thema Versöhnung in mehreren Dimensionen und machte deutlich, dass Versöhnung mit sich selbst, mit den Mitmenschen und mit der Schöpfung nur möglich ist, weil Gott die Menschen mit sich versöhnt hat. Jonas Kakenge Mbwenga, von der National Baptist Convention of Namibia (NBCN) ging in seinem Grußwort ebenfalls auf das Thema Versöhnung ein. Der BEFG hatte drei Vertreter der NBCN zur Bundesratstagung eingeladen, um die Partnerschaft zwischen dem namibischen und dem deutschen Bund voranzubringen. Joachim Gnep stellte für den Dienstbereich Mission ein neues Konzept vor, „Neue Horizonte“, das Gemeinden die Möglichkeit gibt, sich zu vernetzen, um Kräfte zu bündeln und gemeinsam Neues zu entwickeln.
Parallel zum Himmelfahrtsgottesdienst feierten Angehörige aller Generationen die „Kirche Kunterbunt“ zum Thema der Jahreslosung „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Dabei erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fröhlich diese neue Ausdrucksform von Kirche, indem sie einander begegneten, miteinander Gott feierten und zusammen Waffeln aßen. Dank der Mitarbeit und des Engagements vieler Ehrenamtlicher war diese besondere Zeit, bei der Gottes Geist spürbar war, erstmals auf der Bundesratstagung möglich. Wer mehr über „Kirche Kunterbunt“ wissen möchte, um sie vielleicht auch einmal bei sich zu erleben, findet auf www.befg.de/kirche-kunterbunt weitere Informationen.
Um die Versöhnung mit Gottes Schöpfung ging es beim Vortrag von Pastor i.R. und Autor Dr. Heinrich Rust am Donnerstagnachmittag. Gerade Christinnen und Christen sind seiner Ansicht nach gefordert, sich für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen. Dies begründete Heiner Rust ausführlich mit biblisch-theologischen Grundlagen und forderte, die klassischen Säulen der Gemeindearbeit – Anbetung, Gemeinschaft, Evangelisation, Diakonie und Lehre – um Frieden und Gerechtigkeit sowie Bewahrung der Schöpfung zu ergänzen.
Das Thema wurde im Workshop des Beirats „Evangelium und gesellschaftliche Verantwortung“ aufgenommen und in den Kleingruppen „Lokale Vernetzung“, „Schöpfungsspiritualität“, „Schöpfungsleiter“ und „Praktischer Einsatz für Umwelt und Schöpfung“ innerhalb des Workshops weiter vertieft. Um den Blick nachfolgender Generationen auf die frühen Täufer und die Relevanz des Täufertums für die Gegenwart ging es beim Workshop Täufergedenken. Der BEFG-Fachkreis Christen und Muslime brachte mit seinem Workshop christliche und muslimische Perspektiven in den Dialog. Mit Taufbegleitung und Mentoring beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des gleichnamigen Workshops, der von der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung (GGE) im BEFG veranstaltet wurde.
Igor Bandura, Vizepräsident des ukrainischen Baptistenbunds, war als Gast am Himmelfahrtstag auf der Bundesratstagung. In einem Grußwort per Zoom schilderte die großen Herausforderungen und schweren Nöte, mit denen die Ukrainerinnen und Ukrainer am 449. Tag des Angriffskriegs durch Russland zu ringen haben.
„Wie kann Versöhnung funktionieren und wie vielleicht auch nicht?“ Unter dieser Fragestellung stand der Abend mit inspirierenden Gästen am Himmelfahrtstag. Der Theologe und Berater Eberhard Jung stellte ins Zentrum seines Impulsvortrags, dass Versöhnung im zwischenmenschlichen Bereich immer ungefragt Vergebung voraussetzt – so wie Gott die Welt mit sich versöhnt hat, ohne vorher zu fragen, ob die Welt sich überhaupt versöhnen lassen will. Die Beraterin Birgit Kersten-Regenstein machte in ihrem Vortrag deutlich, dass es wohl nie eine perfekte Versöhnung zwischen den Menschen gibt. Sie stellte aber einige Wege vor, wie es in Gemeindekonflikten zu einer imperfekten Versöhnung kommen kann. Magloire Kadijo, Regionalrepräsentant von EBM INTERNATIONAL für das Zentrale Afrika und Sierra Leone, berichtete im Interview anschaulich von Versöhnungsprozessen zwischen verschiedenen Ethnien und zwischen Christen und Muslimen in seinem Land. Die Versöhnung von Angehörigen unterschiedlicher Religionen war auch Thema des Gesprächs mit Dr. Judson Pothuraju, EBM-Regionalrepräsentant für Indien. Er erzählte außerdem, wie er als Versöhner tätig ist.
Dr. Michael Bendorf gestaltete am Freitag eine Bibelarbeit zum Thema „Versöhnt mit der eigenen Lebensgeschichte“, Anja Bär, Benedikt Elsner, Dennis Sommer und Anja Neu-Illg nahmen live vor Publikum einen Bibel-Podcast zu Apostelgeschichte 15, 36-41 auf. Eine interaktive Bibelarbeit zu Kolosser 1 wurde von Sam Mail und Simon Werner gestaltet. „Bibel teilen“, eine besonders hörende Art, die Bibel zu lesen, bot Heike Beiderbeck-Haus an. Die Bibelarbeit am Samstag zu 2. Korinther 5,18 wurde von der mennonitischen Pastorin Andrea Lange gestaltet.
Am Freitagabend begeisterte ein Chorkonzert mit einer vielfältigen Liedauswahl die Zuhörerinnen und Zuhörer vor Ort. Mit dabei war der Gospelchor „UpToYou“, aber auch andere Sängerinnen und Sänger aus dem gesamten Bundesgebiet. Erklärtes Ziel der war es, diese sangesfreudigen Menschen zu sammeln, um Gemeinschaft zu erleben, und sie dann als Botschafter und Botschafterinnen nicht nur mit der besten Nachricht der Welt, sondern auch mit begeisternden Liedern nach Hause zu schicken, die sie in ihre Ortsgemeinden weitertragen können.
Zum Stichtag am 31. Dezember 2022 hatte der BEFG insgesamt 73.878 Mitglieder. Das sind 2,49 Prozent weniger als im Vorjahr. Einerseits haben die Taufen um 13 Prozent und die Zugänge insgesamt um 5,5 Prozent über dem Vorjahr gelegen. Auf der anderen Seite gab es leider auch viele Menschen, die aus ihrer Gemeinde ausgetreten sind oder gestrichen wurden.
Fünf Gemeinden wurden vom Bundesrat neu in den Bund aufgenommen: die EFG Barth (Windflüchter – Gemeinschaft die stark macht!), die EFG Eich (Herzfabrik – Kirche fürs Vogtland), die EFG Fehmarn, die Er-lebt Gemeinde Landau und die EFG Potsdam (erlebt – Kirche für Potsdam). „Das Evangelium verkündigen und Gemeinde bauen: Das stärkt unsere Gemeinschaft“, freute sich BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba bei der Aufnahme. Alle Gemeinden bekamen als Zeichen der Verbundenheit ein Abendmahlsgeschirr überreicht. Drei Einrichtungen wurden in den Status der Bekenntnisgemeinschaft mit dem Bund aufgenommen: das Evangelisch-Freikirchliche Diakoniewerk Mühlheim an der Ruhr, das Leben teilen – Bildungs- und Sozialwerk der Kirche im Hof in Kassel und die Stiftung Christliches Altenheim Lützeln.
Wie in jedem Jahr wurden auf der Bundesratstagung auch die Ordinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgestellt, die seit dem letzten Bundesrat in den Dienst gegangen sind. Insgesamt sind 21 Frauen und Männer in pastorale und diakonische Aufgaben im BEFG berufen worden. Der Bundesrat verabschiedete zudem eine neue Ordnung zum Dienstrecht für Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten. Die geänderte Fassung der Ordnung zum Dienstrecht des Bundes, die zukünftig ausschließlich für die Ordinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten soll, wurde ebenfalls vom Bundesrat verabschiedet.
In ihrem Bericht an den Bundesrat ermutigten BEFG-Präsident Michael Noss und BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba dazu, mit Christus in der Mitte versöhnt und versöhnlich beieinanderzubleiben und das Evangelium nicht nur zu predigen, sondern auch zu leben. „Zunächst sind wir dankbar und hoffnungsfroh im Blick auf so vieles, was in unseren Gemeinden geschieht“, sagte Christoph Stiba zu Beginn des Berichts. „Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich und hauptamtlich dafür, dass die Menschenfreundlichkeit Gottes und das Evangelium von Jesus Christus sichtbar, erlebbar und erfahrbar werden. Das ist eine wahre Freude.“ Die Stärke des BEFG und seiner Gemeinden sei der Kongregationalismus, die Selbstständigkeit der Ortsgemeinde. „Wir predigen das Evangelium nicht nur, wir leben es auch, wenn wir uns als christusgläubige Menschen zeigen, Position beziehen und zur Versöhnung nicht nur einladen, sondern sie auch beherzt leben“, so Stiba. Michael Noss ermutigte die Anwesenden, immer wieder neu gegenseitige Annahme zu üben und die Menschen in den Blick zu nehmen, „die unsere besondere Fürsorge brauchen“. In dem Zuge erinnerten Präsident und Generalsekretär an die Diakonissen der Bethel-Schwesternschaft. Sie befinden sich in einem Rechtsstreit mit der Geschäftsleitung des Gesundheitswerks Bethel. Daher forderten beide die Bundesgemeinschaft auf, in ihrer Solidarität ihnen gegenüber nicht nachzulassen und sie im Gebet zu unterstützen.
Michael Noss wurde auf der Bundesratstagung als Präsident des BEFG mit knapp 86% der Stimmen von den Delegierten wiedergewählt. Neu in das Präsidium gewählt wurden Veronika Richter, Henrike Ochterbeck, Dr. Christiane Kaden und der Dr. Michael Rohde. Wiedergewählt wurden Dorothee Oesemann und Volker Bohle. Nicht zur Wiederwahl stellten sich Lea Herbert, Veit Claesberg und Cornelia Gerlach. Dirk Zimmer konnte nicht wiedergewählt werden, da er bereits drei Amtszeiten absolviert hat.
Das zurückliegende Haushaltsjahr im BEFG konnte mit einem leichten Plus von 8.000 Euro abgeschlossen werden. Die Haushaltsplanung 2023 beeinflussen gestiegene Energiekosten, erhöhte Personalaufwendungen aus den Tarifabschlüssen, die Inflation sowie rückläufige Bundesbeiträge. Dies führt zu vermehrten Rücklagenauflösungen, die mit 741.000 Euro so hoch sind wie nie. Allerdings, so betonte es der kaufmännische Geschäftsführer unseres Bundes Volker Springer, betreffen Dreiviertel davon Investitionen in die Zukunft – in Projekte wie „Unser Bund 2025“, Ausbildungsförderung, das Projekt:Revitalisierung und Gemeindegründungen. Der Bundesrat legte den Bundesbeitrag, den die Gemeinden an den Bund zahlen, für 2024 auf 77 Euro pro Mitglied und Jahr fest.
Der Strukturprozess „Unser Bund 2025“ wurde auf der Bundesratstagung ausführlich präsentiert, und viele Rückmeldungen wurden gesammelt. „Unser Bund 2025 – Zukunft gestalten“ ist ein Erneuerungsprozess für die Strukturen unseres Bundes. Ziel ist es, die Strukturen des BEFG so zu gestalten, dass sie den einzelnen Gemeinden besser und direkter dienen. Es sollen Zukunftsperspektiven erarbeitet werden, die einen größtmöglichen Nutzen für die lokale, regionale und überregionale Arbeit darstellen. Dabei gibt es acht Strukturfelder, die für den Prozess von besonderer Bedeutung sind: die Organisationsform des Bundes, die Bundesgeschäftsstelle und die Dienstbereiche, das Gemeindejugendwerk (GJW) und junge Gemeinde, die theologische Ausbildung, die regionale Ebene mit den Landesverbänden und den Landes-GJW, die Leitung des BEFG (Präsidium und die Bundesgeschäftsführung), das Entscheidungsorgan „Bundesrat“ sowie die Finanzen des BEFG. Wichtig bei diesem Prozess ist, dass sich möglichst viele aus der Bundesgemeinschaft daran beteiligen. Weitere – und laufend aktualisierte – Informationen dazu gibt es unter www.befg.de/2025.
Wie bei jeder Bundesratstagung gab es auch wieder einen Ausstellungsbereich mit Ständen, an den verschiedene Gruppen ihr Angebot vorstellten und mit den Leuten ins Gespräch kamen. Zum gemütlichen Beisammensein dienten die Lounges am Abend.
Ihren Abschluss fand die Bundesratstagung am Sonntag mit einem gemeinsamen Bundesgottesdienst, der live aus der EFG Kassel-Möncheberg übertragen wurde.
Die nächste Bundesratstagung findet vom 8. bis 11. Mai 2024 statt.
Julia Grundmann, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im BEFG
Ausführliche Berichte, Live-Mitschnitte, Videos und Dokumente gibt es unter: www.befg.de/bundesrat2023
Dort steht auch eine große Auswahl an Bildern unseres Fotografen David Vogt zum Download bereit, die unter Nennung seines Namens für die Berichterstattung vom Bundesrat frei verwendet werden dürfen.