Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im BEFG
Bundesrat beschließt Gründung einer Kommission zur Aufarbeitung
Der Bundesrat hat mit einer überwältigenden Mehrheit die Bildung einer Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden beschlossen.
Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Kappeln sowie die Gemeinde Schleswig wollen sich proaktiv für Aufarbeitung und Verantwortungsübernahme bei der Thematik „sexualisierte Gewalt" im BEFG einsetzen und haben daher einen Antrag beim Bundesrat gestellt. Nora Lange und Matthias Lange stellten die Anträge vor. Beide zielen darauf, dass der Bundesrat 2025 eine Kommission einberuft, die sich der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt innerhalb des BEFG widmet. „Wir halten es für ein Zeichen der Glaubwürdigkeit und auch für unsere Pflicht als Zeugen des Evangeliums, uns bei diesem Thema um Transparenz, Klarheit und Ehrlichkeit zu bemühen“, so Nora Lange. Die Anträge unterscheiden sich hauptsächlich darin, welche Personen in der Kommission vertreten sein sollen. Der Antrag der EFG Schleswig betont „ausdrücklich Personen, welche nicht in Verbindung zu unserer Bundesgemeinschaft stehen“ und wurde als weitergehender Antrag zuerst verhandelt. Die Kommission soll unter anderem die Geschichten der Opfer und Beschuldigten hören und soll festhalten, wie in den betroffenen Gemeinden und Einrichtungen jeweils mit den Opfern und den Beschuldigten umgegangen wurde. Der Antrag beinhaltet zudem, dass das Präsidium in Zusammenarbeit mit der Kommission einen Leitfaden für Gemeinden und Einrichtungen veröffentlicht, wie sie bei Verdacht auf oder Wissen um sexualisierte Gewalt vorgehen sollen.
„Als Präsidium und Bundesgeschäftsführung begrüßen wir ausdrücklich den Antrag der EFG Kappeln und den Antrag der EFG Schleswig. Aufarbeitung – und damit einhergehend, Unrecht aufzudecken und Schweigen zu brechen – ist uns ein Anliegen“, so Generalsekretär Christoph Stiba. „Bei allen Überlegungen und Beratungen wollen wir Betroffene beteiligen und unverzweckt ihre eigene Stimme zu Gehör bringen.“ Stiba berichtete von einer Spurgruppe, die sich bereits mit der Frage der Aufarbeitung beschäftigt hat, und verwies darauf, dass ebenso Personalakten gesichtet werden sollen. Darüber hinaus unterstrich er die Unabhängigkeit der neu zu gründenden Kommission und ihren Raum für eigene Erkenntnisse und Vorschläge: „Viele aufgeworfene Fragen wird erst die Kommission beantworten können, auch die nach den Ressourcen.“
„Aus Sicht der Prävention sexualisierter Gewalt ist Aufarbeitung notwendig“, so GJW-Referent Jason Querner, Mitglied im Fachkreis Sichere Gemeinde, in der Aussprache. Seit 2017 gibt es im BEFG eine unabhängige Anlaufstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt – für Kinder, Jugendliche und seit diesem Jahr explizit auch für Erwachsene. Und bereits seit 15 Jahren ist das Gemeindejugendwerk mit dem Präventionskonzept „Auf dem Weg zur sicheren Gemeinde“ unterwegs. In der Aussprache wurde außerdem der Wunsch geäußert, dass andere Formen von Gewalt mitbedacht werden, und dass seelsorgliche Kompetenz in der Kommission vertreten sein sollte. Der Vertrauensrat der Pastorenschaft begrüßte und unterstützte den Antrag. 98,5 Prozent der Delegierten sprachen sich für den Antrag und somit die Gründung einer Kommission zur Aufarbeitung aus.
Zuvor unterstrichen Michael Noss und Christoph Stiba im Bericht des Präsidenten und Generalsekretärs die Bedeutung des Themas. „Wir sind bestürzt darüber, dass Menschen in unseren Gemeinden oder im Kontext unseres Gemeindebundes sexualisierte Gewalt erlebt haben“, so Generalsekretär Christoph Stiba. „Dafür gibt es keine Rechtfertigung und es erfüllt uns mit Scham. Räume des Vertrauens, als solche betrachten wir unsere Gemeinden ja, konnten von Tätern genutzt werden, die als Vertrauenspersonen ihre Macht missbraucht und Menschen an Körper, Seele und Geist Schaden zugefügt haben. Nichts widerspricht dem Evangelium von der Liebe Gottes, die jedem Menschen gilt, mehr.“ Präsident Michael Noss und Generalsekretär Christoph Stiba drückten als Vertreter des BEFG aus, dass sie sich an die Seite der Opfer stellen und Verantwortung für Prävention, Intervention und Aufarbeitung übernehmen wollen.
Ein Artikel von Jasmin Jäger