BEFG-Fluthilfe: „Vieles ist schon geschehen. Viel muss noch getan werden.“

Generalsekretär Christoph Stiba zu Besuch im Ahrtal

Acht Monate nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und anderen Regionen besuchte der Generalsekretär des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) Christoph Stiba das Ahrtal, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Die BEFG-Fluthilfe leistet unbürokratisch Unterstützung.

In Remagen traf Stiba sich mit Mitgliedern der Gemeindeleitung der Credogemeinde. Obwohl das Gemeindehaus selbst keine Flutschäden davongetragen hat, sind viele Mitglieder der Gemeinde entweder selbst oder durch geschädigte Familienangehörige betroffen. Besonders tragisch ist der Fall des Hausmeisterehepaars der Credogemeinde. Nachbarn sahen vergangenen Sommer, wie beide von der Flut davon gespült wurden. Die Leichen konnten erst Tage später geborgen werden. Von dem 22-jährigen Sohn, der im selben Haus wohnte, fehlt nach wie vor jede Spur. Die Aufräumarbeiten im Gebiet seien weitestgehend abgeschlossen, berichtet Stiba, der Wiederaufbau hingegen ziehe sich in die Länge. Gründe dafür seien langwierige Verhandlungen mit den Versicherungen und auch zu wenig Handwerksbetriebe. Gutachten müssten eingeholt werden, auch Fragen wie die, ob durch Wiederaufbauhelfer verursachte Schäden auch von der Versicherung gedeckt würden, spielten plötzlich eine Rolle. „Vieles ist schon geschehen. Viel muss noch getan werden“, fasste Stiba die Situation vor Ort zusammen.

langwieriger Wiederaufbau

Gunnar Lawrenz, Josefine Rakers, Jürgen Tibusek, Christoph Stiba

langwieriger Wiederaufbau

Die Beantragung finanzieller Unterstützung des BEFG sei hingegen sehr unkompliziert und hilfreich, dies hätten ihm die Gemeindeleitungsmitglieder zurückgemeldet, so Stiba. Gelder seien im Ahrtal bisher vor allem für Soforthilfe für Betroffene, aber auch für neu anzuschaffendes Inventar und Wiederaufbau ausgezahlt worden. Auch an andere Gemeinden des Bundes konnte bereits Geld ausgezahlt werden. So wurde zum Beispiel Köbners Kirche, die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Wuppertal-Barmen, mit einem Betrag von 50.000 Euro unterstützt. Der Rest der insgesamt ungefähr 1,6 Millionen Euro beim BEFG eingegangenen Spenden werde dann an betroffene Gemeinden und Privatpersonen weitergeleitet, wenn geklärt ist, welche Kostenübernahme staatlicherseits geleistet werde.

Auch die Kooperation mit dem gemeinsam mit dem Bund Freier evangelischer Gemeinden (FeG) angestellten Fluthilfekoordinator Ralf Beyer funktioniere gut. Dankbar zeigten sich die von der Flut Betroffenen dabei vor allem für das große Netzwerk Beyers. So könnten beispielsweise Handwerker aus entfernteren Orten mit Wiederaufbaumaßnahmen beauftragt werden, weil die Betriebe in der Region alle ausgebucht seien. Zudem hilft Beyer ganz konkret bei der Aufbereitung der umfangreichen Anträge für die staatlichen Unterstützungsgelder – nicht nur im Ahrtal, sondern überregional. Die vom Hoffnungswerk bereitgestellten und vom BEFG mitfinanzierten Busse würden sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Der Verein Hoffnungswerk wurde von verschiedenen christlichen Organisationen in Reaktion auf die Flutkatastrophe gegründet. Zwei als Café eingerichtete Busse, in denen es kostenlos Kaffee und Kuchen gibt, sind Treffpunkt und Gesprächsraum für die Menschen vor Ort. Stundenweise ist auch eine Traumapädagogin anwesend und steht als Gesprächspartnerin bereit. „Welche großen und langfristigen psychischen Belastungen diese Katastrophe hervorgerufen hat, ist ja noch gar nicht absehbar“, sagte Christoph Stiba. Gemeindeleiter Gunnar Lawrenz, der als stellvertretender Schulleiter in einer örtlichen Schule arbeitet, weiß jedenfalls zu berichten, dass die Kinder das Erlebte immer noch verarbeiten müssten und auch viele Ängste mit sich herumtrügen. Deshalb gehe man mit dem „Kids-Bus“ speziell auf die Bedürfnisse der Kinder ein. Der Bus fährt von Ort zu Ort und kann gebucht werden, um in netter Atmosphäre Kindergeburtstag zu feiern, wenn die eigene Wohnung noch zerstört ist.

Fußgängerzone

Café-Bus

„Viel muss noch getan werden.“

Bei seiner Tour an der Ahr entlang stellte Stiba fest: „Keines der schwer beschädigten Häuser ist bisher wieder bewohnbar. Die Häuser, die an der Ahr standen, sind alle kaputt. Sie müssen trockengelegt und entkernt werden, Kabel müssen neu verlegt werden. Manche Häuser müssen komplett abgerissen werden. Unsere Hilfe ist daher bewusst langfristig ausgelegt.“ Die Ahr selbst erlebte Christoph Stiba bei seinem Besuch an einigen Stellen als ein „Rinnsal“. „Unvorstellbar, dass dieses kleine Flüsschen solche Zerstörung anrichten konnte.“

Die Credogemeinde in Remagen verliert trotzdem nicht den Mut. „Jetzt erst recht“, sagte Gemeindeleitungsmitglied Josefine Rakers. Der Gottesdienst, in dem Christoph Stiba predigte, war munter und fröhlich und hoffnungsvoll.

Ein Artikel von Julia Grundmann