Bundesrat votiert für „Kirchengemeinschaft auf dem Weg“ zwischen BEFG und VELKD
Ein historischer Schritt: Baptisten und Lutheraner vertiefen die Gemeinschaft
Die Delegierten der Bundesratstagung des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden stimmten mit über 90 Prozent dem Ergebnis der Lehrgespräche zwischen BEFG und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) zu. Darin sprechen sich beide Kirchen für eine „Kirchengemeinschaft auf dem Weg“ aus – eine Form der Kirchengemeinschaft, die das Miteinander der Kirchen stärkt, ohne eigene Positionen in der Tauffrage aufzugeben.
„Kirchengemeinschaft auf dem Weg“ – hinter dieser Überschrift verbirgt sich nicht nur der Titel eines Forums bei der Bundesratstagung, sondern in erster Linie der Titel eines Abschlussberichtes. Die Lehrgespräche, die der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in den Jahren 2017 bis 2023 mit der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland geführt hat, sind zu einem Ergebnis gekommen. „Kirchengemeinschaft auf dem Weg“ heißt der Abschlussbericht des Dialogs. Das gleichnamige Bundesratsforum hat sich mit dem Dokument beschäftigt und unterstützt es mit großer Mehrheit, berichtete Prof. Dr. Oliver Pilnei, Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Elstal und Mitglied der Lehrgesprächskommission. Die Kirchenleitungen der VELKD haben dem Dokument bereits im Herbst 2023 zugestimmt.
„Kirchengemeinschaft zielt nicht“, so Pilnei, „auf eine Fusion oder eine Union von Kirche. Es geht um ein geordnetes Miteinander der beteiligten Kirchen.“ Im Blick auf die Taufe sei eine vollumfängliche Kirchengemeinschaft zwischen Baptisten und Lutheranern nicht möglich. „Denn Baptisten erkennen die Säuglingstaufe nach wie vor nicht an.“ Die Pointe der Argumentation sei dabei, dass die Taufe in dem Bericht als Teil eines mehrschrittigen Prozesses des Christwerdens betrachtet werde. Das mache es den Baptisten möglich, den Weg zum Christsein mit Säuglingstaufe als evangeliumsgemäß anzuerkennen – nämlich dann, wenn zu ihm ein späteres persönliches Glaubensbekenntnis aufgrund des Hörens auf das Evangelium und der Eintritt in die Nachfolge Jesu gehört. Darüber hinaus haben Baptisten und Lutheraner zum Beispiel ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums von Jesus Christus.
„Was bedeutet nun ‚Kirchengemeinschaft auf dem Weg‘ für die Ortsgemeinden?“, lautete eine Frage in dem Forum. „Die Verantwortung für das geistliche Leben liegt nach wie vor in den Ortsgemeinden“, erläuterte Prof. Dr. Oliver Pilnei. „Ein geordnetes Miteinander, wie es das Dokument beschreibt, bietet eine theologische Grundlage und es schenkt eine Sprache, um das ökumenische Miteinander zu gestalten und auch Wege für ganz praktische Fragen zu finden.“ In der Aussprache im Bundesrat wurde zum Beispiel darauf verwiesen, dass die Erteilung von Vokationen an baptistische Lehrerinnen und Lehrern erleichtert werde. „Das, was vereinbart wurde, muss anfangen zu leben. Das ist dann unsere Aufgabe!“, so Prof. Dr. Volker Spangenberg, der bei der Aussprache und im Forum auf Fragen antwortete. „‚Kirchengemeinschaft auf dem Weg‘ heißt erstmal auch, sich auf den Weg zu machen, um die Gemeinschaft mit Leben zu füllen.“ Der Abschlussbericht empfiehlt beiden Kirchen, noch bestehende Differenzen nicht als kirchentrennend zu bewerten und die Gemeinschaft zum Beispiel in Form des Kanzeltausches oder im Abendmahl zu suchen.
Im Namen des Präsidiums empfahl Prof. Dr. Michael Rohde den Delegierten, den Dialogbericht zustimmend entgegenzunehmen und damit zu erklären, dass der BEFG die darin beschriebene Kirchengemeinschaft bilden will. Manfred Ewaldt, der den BEFG bei der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) vertritt und das jährliche Treffen der ACK-Delegierten der Landesverbände leitet, drückte seine Freude aus und betonte, dass die ACK-Delegierten einmütig die Annahme des Abschlussberichtes empfehlen. Auch Prof. Dr. Uwe Swarat brachte seine Freude zum Ausdruck: „Wir können eine Kirchengemeinschaft bilden, ohne dass die Lutheraner weiter verlangen, dass wir ihre Säuglingstaufe wie unsere Glaubenstaufe gleichwertig anerkennen. Das tun sie nicht mehr und dafür sind wir sehr dankbar.“ Die Delegierten der Bundesratstagung stimmten mit 90,6 Prozent für die Bildung der beschriebenen Kirchengemeinschaft.
BEFG-Präsident Michael Noss bedankte sich unter dem Beifall der Anwesenden herzlich für die theologische Grundsatzarbeit in diesem sechsjährigen Prozess bei Generalsekretär Christoph Stiba, Prof. Dr. Oliver Pilnei, Prof. Dr. Volker Spangenberg, Prof. Dr. Christoph Stenschke, Prof. Dr. Andrea Strübind, Prof. Dr. Uwe Swarat und Dr. Ulf Beiderbeck. „Wir schreiben hier auch ein Stück Geschichte.“
Ein Artikel von Jasmin Jäger