Kampf gegen den Terror darf Religionsfreiheit nicht einschränken
150 Delegierte und Gäste bei der Ratstagung der Baptisten aus Europa in Armenien
Die Baptisten in Europa sind in Sorge, dass die Regierungen im Kampf gegen den Terror die Religionsfreiheit einschränken. In einer Resolution, die von den 150 Delegierten und Gästen auf der Ratstagung der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) vom 20. bis 23. September in der armenischen Hauptstadt Eriwan verabschiedet wurde, heißt es, man befürchte, „dass die Anti-Terror-Gesetzgebung unbeabsichtigt negative Folgen für religiöse Minderheiten haben kann“. Auch viele Jahre lang etablierte Kirchen litten bereits unter Diskriminierungen, heißt es in der Erklärung unter Bezug auf Rückmeldungen aus den Mitgliedsbünden. Namen der betroffenen Länder werden nicht genannt.
In einer weiteren Resolution wird Russland aufgefordert, die Religionsfreiheit wiederherzustellen. Ausdrücklich setzen sich die Baptisten dabei für die Zeugen Jehovas ein. Sie waren im April als „extremistische Vereinigung“ verboten worden. Im Juli hatte das Oberste Gericht Russlands ihre Berufung zurückgewiesen. Ihre Mitglieder stehen damit auf der gleichen Stufe wie der „Islamische Staat" (IS). Auch wenn es große Unterschiede zum Glauben der Zeugen Jehovas gebe, müsse Religionsfreiheit für alle Bewohner eines Landes gelten, halten die Baptisten fest. In einer weiteren Resolution zur Lage im Irak werden die Regierung des Landes und internationale Hilfswerke aufgerufen, die Infrastruktur wiederherzustellen, so dass „die Christen und andere Vertriebene“ in ihre Heimatorte zurückkehren können: „Wir beten für unsere Schwester und Brüder im Irak um Stärke und Mut beim Wiederaufbau.“
Ferner unterstreichen die Baptisten die Bedeutung der traditionellen Ehe, die nach Aussagen der Bibel aus einem Mann und einer Frau besteht. Die Mitgliedsbünde werden aufgefordert, die Aussagen der Bibel dazu aufzugreifen und zu vertreten. Zugleich wird eingeräumt, dass menschliche Beziehungen zerbrechen und zu Leid und Schwierigkeiten führen könnten. Davon seien auch Gemeinden betroffen. Homosexuelle Beziehungen werden in der Erklärung nicht genannt.
EBF-Generalsekretär Tony Peck erinnerte in seinem Bericht daran, dass auch die Baptisten ein Zweig der Reformation sind, die in diesem Jahr ihr 500. Jubiläum begeht. So wie damals in der Kirche etwas Neues entstanden sei, müssten sich die Christen auch heute noch fragen, wo sie eine Reformation benötigten. Peck: „Wir dürfen nicht glauben, schon alle Antworten zu haben.“ Wie er weiter sagte, ist der Umzug des neuen Internationalen Baptistischen Theologischen Studienzentrums von Prag nach Amsterdam abgeschlossen. Anfang September sei das „Baptistische Haus“ dort offiziell eröffnet worden. In dem Haus versammelten sich auch eine niederländische und eine brasilianische Gemeinde. Dort hat auch die Zentrale des niederländischen Baptistenbundes ihren Sitz. Die Bibliothek aus Prag werden im Oktober verfügbar sein. Peck: „Damit konnten die schwierigen Zeiten des Umzugs beendet werden.“ Inzwischen sei das frühere Gebäude in Prag verkauft worden. Derzeit seien 40 Doktoranden in dem Studienzentrum eingeschrieben, „ein neuer Rekord“, so Peck. Die Doktoranden werden von dem irischen Theologen David McMillan als Interimsrektor betreut.
In seinem Vortrag über „Prioritäten und Herausforderungen im Alltag von Baptisten“ berichtete der Vizepräsident des Baptistenbundes in der Ukraine, Igor Bandura, über ein großes Reformationsfest in der Hauptstadt Kiew. Er sprach von über 100.000 Teilnehmern. Presseberichten zufolge waren sogar mehr als 200.000 Besucher dabei, darunter viele Baptisten. Nach Banduras Worten ist es vielen Protestanten in der Ukraine ein Anliegen, das Evangelium weiterzusagen.
Auf dem Treffen wurde eine neue Leitung der EBF gewählt. An der Spitze steht erstmals eine Frau: die bisherige stellvertretende Vorsitzende, britische Pastorin und Gemeindegründerin Jennifer Entrican. Sie wurde satzungsgemäß zur neuen Präsidentin gewählt. 2015 und 2016 war sie als Präsidentin des britischen Baptistenbundes tätig. Sie löst den Armenier Asatur Nahapetyan ab. Neuer Vizepräsident wurde der Präsident des estnischen Baptistenbundes, Meego Remmel. Neuer Vorsitzender der Abteilung Theologie und Ausbildung wurde der frühere EBF-Präsident, der Rumäne Otniel Bunaciu.
Auf dem Treffen zugegen waren auch zehn junge Leute, die an dem Programm „Transform“ teilnehmen. Wie dazu BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba sagte, hat die EBF das Programm ins Leben gerufen, um junge Leiter aus verschiedenen Bünden an die Arbeit heranzuführen und sie zu motivieren, in Zukunft noch mehr Verantwortung zu übernehmen – im eigenen Bund wie auch in der EBF. Vertreter aus Deutschland war der Vorsitzende des Bundesvorstandes des Gemeindejugendwerkes, Marten Becker.
Der Leiter des Dienstbereichs Mission im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden und des Hilfswerks German Baptist Aid, Joachim Gnep, sagte, er schätzte die Möglichkeit, auf der Konferenz jene Menschen persönlich zu treffen, mit denen man sonst nur per Telefon oder Mail Kontakt habe. Diese Begegnungen seien für ihm immer eine Ermutigung, weil die Kooperationspartner trotz äußerer schlechter Rahmenbedingungen zuversichtlich in die Zukunft blickten. So habe er den Baptistenpastor aus Bagdad getroffen oder Christen aus dem Libanon, die selbstlos den Flüchtlingen in ihrem Land helfen würden. German Baptist Aid engagiert sich sowohl in Bagdad als auch im Libanon: „Die EBF-Ratstagung ist für mich immer ein sehr motivierendes Ereignis.“
Die EBF vertritt nach eigenen Angaben 54 Mitgliedsbünde in Europa und dem Nahen Osten sowie fünf mit ihnen verbundene Gemeinden und Netzwerke (Bagdad, Bahrein, Irland, Malta und russischsprachige Gemeinden außerhalb Russlands) mit insgesamt rund 826.000 Mitgliedern. Der Baptistenbund von Armenien zählt 155 Gemeinden mit knapp 5.000 Mitgliedern.
Ein Artikel von Klaus Rösler (DIE GEMEINDE)