Leben in Balance

Tagung der Pastorinnen im BEFG in Elstal

Anfang Februar 2013 trafen sich 25 Frauen in Elstal zur Tagung der Pastorinnen, die alle drei Jahre stattfindet. Inhaltlich ging es rund um die Gestaltung dieser besonderen Lebensberufung zur Pastorin. Wie können Frauen diese Berufung ganz praktisch leben? Wie finden Pastorinnen die Balance zwischen beruflichem Engagement und persönlichen Bedürfnissen, zwischen Produktivität und Auftanken, zwischen Gemeinde und Familie? Über die Tagung berichtet Pastorin Heike Beiderbeck-Haus. 

Im Mittelpunkt der Tagung standen persönlich gehaltene Kurz-Referate, die jeweils ein besonderes Lebens- und Berufsmodell beleuchteten und zu vielen Gesprächen anregten. Eine Pastorin, deren Ehemann ebenfalls Pastor ist, gab Einblick in die Chancen und Herausforderungen, die es mit sich bringt, wenn ein Ehepaar auch ein Arbeitsteam ist und den geistlichen Dienst gemeinsam gestaltet. Eine andere Kollegin ist mit einem Mann verheiratet, der als Lehrer arbeitet und schätzt daran, dass somit immer auch eine andere Lebenswelt, andere Themen und Fragen in ihrem Blickfeld sind. Damit es auch einen gemeinsamen freien Tag gibt, wird der Samstag für das Private reserviert. Andere Pastorinnen sind mit einem Manager, einem Arzt oder einem angehenden Ingenieur verheiratet und ergänzten aus ihren Erfahrungen.

Ein weiterer Beitrag befasste sich mit den Vor- und Nachteilen, als Single-Pastorin zu leben. Da sie ungebundener ist, kann diese Pastorin in der Gemeinde sehr flexibel auf Situationen reagieren; da die Gemeindearbeit sehr intensiv sein kann, muss sie sich sehr bewusst Zeit nehmen, um etwa alte Freundschaften zu pflegen oder neue aufzubauen. Diese Herausforderung haben nicht nur alleinstehende Pastorinnen. So räumt beispielsweise eine Gemeinde ihrer Pastorin vier extra „Familienwochenenden“ ein.

Eine besondere Herausforderung ist die Lebensphase mit kleinen Kindern. Eine Kollegin berichtete, dass sie in dieser Zeit ihre Stelle reduziert und ihr Ehemann den Hauptteil der Gemeindearbeit übernommen hat. Ihr ist es wichtig, dass es in ihrer Familie vertraute Rituale gibt und Zeiten, in denen beide Elternteile ganz für die Kinder da sind. Bei einer anderen ist der Ehemann in Elternzeit, und sie arbeitet Vollzeit. Wieder andere haben in dieser Zeit eine mehrjährige Berufspause eingelegt und ihr persönliches Maß an ehrenamtlicher Mitarbeit gefunden. Nicht alle Pastorinnen sind in der „klassischen Gemeindearbeit“ tätig, und so befasste sich ein weiteres Referat mit Erfahrungen als Trauerrednerin, Ökumenereferentin oder aus der Bildungsarbeit.

Die Tagungsteilnehmerinnen zeigten sich sehr beeindruckt von der Vielfalt der Arbeits- und Lebensmöglichkeiten, die die Berufung zur Pastorin mit sich bringt. Ein besonderer Höhepunkt war ein gemeinsamer Abend mit den Theologiestudentinnen des Theologischen Seminars Elstal, der mit der Frage endete: Was ist das Besondere an unserem Beruf, was macht Freude? Hier kam Erstaunliches zutage an gesammelter Lebenserfahrung, gelebter Menschenkenntnis, empfangener Geistesgabe, Feingefühl, Berufungsgewissheit, Achtsamkeit. Für mich stand am Ende des Abends das Fazit: Ja, es ist ein guter Beruf und ich wäre bei vielen dieser Kolleginnen gerne Gemeindemitglied.

Auch überregional arbeiten Pastorinnen mit. In zwei Gremien des Bundes haben die Pastorinnen Vertreterinnen entsandt: Petra Reinecke (Wedel) berichtete vom Vertrauensrat; Elisabeth Seydlitz (Oldenburg) schickte einen schriftlichen Bericht vom Berufungsrat. Beide Frauen äußerten sich positiv über die Arbeit in ihren Gremien,  in denen sie ein hohes Maß an Kompetenz, Einfühlungsvermögen und Einsatzbereitschaft erlebten. Wichtig sei, dass die Pastorinnen sich frühzeitig mit ihren Anliegen an das Gremium wenden, damit es für gute Lösungen auch genug Zeit gibt.

Zur Zeit gibt es übrigens 68 Pastorinnen im BEFG, das sind ca 10 Prozent der Pastorenschaft. Davon sind 13 mit einem Pastor verheiratet, bei 35 hat der Ehemann einen anderen Beruf, 20 sind Singles bzw. noch unverheiratet. Circa ein Drittel arbeiten nicht im typischen Gemeindedienst, sondern als Referentin des Bundes, als Krankenhausseelsorgerin, im Schuldienst, bei internationalen oder ökumenischen Organisationen oder in ähnlichen Diensten. Einige befinden sich aktuell in Elternzeit.

Nach Einschätzung der Teilnehmerinnen ist viel Normalität eingekehrt, wenn man bedenkt, dass die Berufung von Frauen noch vor 25 Jahren umstrittenen war. Allerdings äußerte eine Kollegin: „Der Pastorinnenberuf scheint immer noch Pionierarbeit zu sein.“ So wurde es als sehr gut empfunden, dass zum Abschluss der Tagung zwei Stunden für einen sehr persönlichen Gottesdienst mit Bibelbetrachtung, Abendmahl und Segnung reserviert waren. Ermutigt und gestärkt konnten die Teilnehmerinnen wieder aufbrechen.

Die Tagung wurde von der Sprecherin der Pastorinnen, Katrin Laug (Glauchau), und von Heimke Hitzblech (Wetter) geleitet.

Ein Artikel von Heike Beiderbeck-Haus