Tomás Mackey: Designierter BWA-Präsident

Ratstagung des Baptistischen Weltbunds in Nassau

Vom 8. bis 12. Juli 2019 fand in Nassau, Bahamas, die jährliche Tagung des Baptistischen Weltbunds (Baptist World Alliance/BWA) statt. Die Delegierten der 239 Mitgliedsbünde befassten sich in den fünf Tagen mit relevanten kirchlichen und gesellschaftlichen Themen wie Menschenrechte, Religionsfreiheit und Gleichstellung. Inspirierende Predigten, lebendiger Austausch und gute Begegnungen prägten die Tagung.

Tomás Mackey aus Argentinien wurde als designierter Präsident der BWA vorgestellt. „Seine Liebe zu Gott und den Menschen und seine mehr als 30 Jahre lange Erfahrung im Dienst der Baptisten auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene zeichnen ihn in besonderer Weise für diese wichtige Rolle im Leben der weltweiten baptistischen Familie aus”, heißt es von Seiten des Baptistischen Weltbunds. Mackey war unter anderem von 1993 bis 2004 Dekan am Internationalen Baptistischen Theologischen Seminar in Buenos Aires und ist derzeit Pastor einer Baptistengemeinde in Buenos Aires (Iglesia Evangélica Bautista del Once). Er ist der Nachfolger von Paul Msiza aus Südafrika, der bei der Ratstagung im Juli kommenden Jahres verabschiedet wird.

Ein Highlight beim Eröffnungsabend, der „Bahamian Cultural Night“, war die Beteiligung der Polizeikapelle Nassaus und der Auftritt der Junkanoo All-stars, einer schrillen, bunten Sambagruppe. Die Teilnehmenden wurden mit mitreißenden Rhythmen in die bahamaische Kultur hineingenommen. Zu dieser Kultur gehört auch die enge Verbindung von Kirche und Staat. Dies wurde einerseits durch die Beteiligung der staatlichen Vertreterin Lanisha Rolle, Ministerin für Jugend, Sport und Kultur, am Eröffnungsabend und andererseits durch die gemeinsame Feier der Unabhängigkeit Bahamas am nächsten Abend deutlich. Die Delegierten waren am zweiten Abend des Treffens eingeladen, an einem ökumenischen Festakt zur Feier des 46. Jahrestages der Unabhängigkeit, unter dem Motto „United we stand Bahamas … together we can”, teilzunehmen. Faszinierend war die dramaturgische Darstellung der Geschichte der Unabhängigkeit Bahamas und der Stolz, der für die Bahamaerinnen und Bahamaer daraus resultiert. Der Abnahme einer militärischen Parade und der Segnung der bahamischen Flagge – für die europäischen Teilnehmenden eher befremdend – folgte dann zum Ende des Abends ein großes Feuerwerk. Baptisten stellen auf den Bahamas mit 37,5 % die größte christliche Denomination dar.

Ein wesentlicher Teil der Arbeit während des jährlichen BWA-Treffens findet in Kommissionen statt. Hier werden aktuelle theologische Positionen ausgetauscht, zum Beispiel zu baptistischer Spiritualität, theologischer Ausbildung, baptistischer Identität, baptistischer Lehre, christlicher Ethik, Mission, Evangelisation, Religionsfreiheit, sozialer und ökonomischer Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung, Bewahrung der Schöpfung, Menschenrechten und anderen relevante Themen. Zur Arbeit der Kommissionen tragen unter anderem Theologinnen und Theologen oder andere Expertinnen und Experten mit eigens zu diesem Anlass vorbereiteten Beiträgen zu vorher festgelegten Fragestellungen bei. Pastor Thomas Klammt, Referent des BEFG für Integration und Fortbildung und Mitglied des Vorstands der BWA, berichtete über „Gemeinde als Zufluchtsort“ aus der Flüchtlingshilfe und den Erfahrungen mit Kirchenasyl. Neben der Gelegenheit zum Austausch wird auch danach gefragt, wo Handlungsbedarf ist und was die BWA tun kann.

Aus der Arbeit der Kommissionen werden dann bei Bedarf Resolutionen erstellt. In diesem Jahr gab es zwei Resolutionen. Zum einen wurde eine „Resolution zur Anerkennung und Bestätigung der Berufung von Frauen in der Gemeinde“ mit nur zwei Gegenstimmen angenommen. Die letzte BWA-Resolution, in der der Dienst von Frauen in der Gemeinde bekräftigt wurde, wurde 1988 ebenfalls in Nassau verabschiedet. In der jetzigen Resolution wird dazu aufgerufen, „die vielfältigen Gaben und das Feingefühl zu würdigen, dieFrauen in den Dienst Jesu Christi und in das Werk der baptistischen Familie auf der ganzen Welt einbringen“ und „den Mitgliedsunionen zu empfehlen, die Befähigung von Frauen und das Einbringen ihrer Gaben biblisch fundiert und gewissenhaft zu fördern.“ Baptisten und Baptistinnen werden dazu aufgerufen, „für die Lehren und Praktiken Buße zu tun“, die „verhindert haben, dass Frauen, als Menschen geschaffen nach dem Bilde Gottes und als vollgültige Glieder des Leibes Christi, aufblühen.“ Die Gemeinden sollen für die Kraft des Heiligen Geistes, die Veränderung bewirken will, offen sein, damit sie „die von Gott gegebene Berufung von Frauen zum Dienst in der Kirche“ bekräftigen können. BWA-Mitglieder sollten auch „eine Sprache verwenden, die in Gottesdienst, Kommunikation und Veröffentlichungen, einschließlich Bibelübersetzungen, sowohl Frauen als auch Männer bejaht“ und „gezielt darauf hinarbeiten, dass Frauen in allen Führungspositionen den gleichen Raum erhalten, sowohl in den Gemeinden, wie auch in baptistischen Bünden und Unionen und in der Baptist World Alliance.“
 
Eine zweite Resolution gab es „zu aktuellen Erscheinungsformen religiöser Intoleranz und religiös motivierter Gewalt“. „Tiefe Besorgnis über die jüngsten Fälle religiöser Intoleranz und religiös motivierter Gewalt“ wurde geäußert und Beispiele für Angriffe auf Synagogen, Moscheen und Kirchen im vergangenen Jahr aufgezeigt. In der Resolution wird das Anwachsen von Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Christenverfolgung kritisiert – unter Berufung auf einen kürzlich vom britischen Außen- und Commonwealth-Ministerium in Auftrag gegebenen Bericht, in dem festgestellt wurde, dass etwa 245 Millionen Christen durch starke Verfolgung gefährdet sind. Die Resolution erinnerte ferner daran, dass 2019 der 85. Jahrestag einer historischen Resolution war, die 1934 auf dem fünften baptistischen Weltkongress in Berlin verabschiedet wurde. Vor dem Hintergrund des aufkommenden Faschismus und der Begegnung in einem mit riesigen Hakenkreuzen geschmückten Saal stimmten die Baptisten mutig gegen „Antisemitismus und alle anderen Formen religiöser und rassistischer Vorurteile“. Es wurde bei dieser Gelegenheit auch daran erinnert, dass Thomas Helwys 1612 appellierte, Juden, Christen und Muslimen zu erlauben, Gott in Freiheit zu verehren und miteinander in Frieden zusammenzuleben. „Wir stehen allen Menschen, die unter Gewalt, Verletzung und Schaden leiden, unabhängig von Religion, Rasse, Geschlecht, Kultur oder ethnischer Zugehörigkeit, solidarisch und mitfühlend gegenüber“, heißt es in der Resolution; und wir fordern Baptistinnen und Baptisten auf, in Frieden mit allen zu leben und so „zu bekräftigen, dass Hass und Gewalt Respekt, Liebe und Glauben nicht besiegen können.“ Solche Handlungen, so die Schlussfolgerung, dienen „als prophetische Antwort auf Gottes Liebe gegen alle Äußerungen von Terrorismus, Gewalt und religiöser Intoleranz.“

Andacht von Prof. Dr. Andrea Klimt

v.l.n.r.: Janice Lotz, Dr. Burchel Taylor, Paul Msiza

Delegierte der Zomi Baptist Convention

Während der Tagung wurde sehr wertschätzend an Dr. Denton Lotz, den im April dieses Jahres verstorbenen ehemaligen Generalsekretär der BWA, erinnert. Viele kurze Statements von Menschen, die ihm besonders verbunden waren, machten deutlich, wie engagiert, kompetent und warmherzig Denton Lotz seinen Dienst ausgeübt hat. Eine bleibende Erinnerung an ihn ist auch der Denton and Janice Lotz Human Rights Award, der in diesem Jahr von Janice Lotz an Pastor Dr. Burchel Taylor, für den langjährigen persönlichen Einsatz und auch den Einsatz seiner Gemeinde für den Erhalt von Menschenrechten in Jamaika, ging.

Die Kongressleitung hatte einige Baptisten aus Venezuela eingeladen, um von der sich zuspitzenden Notlage im Land zu berichteten und um sie der Solidarität der weltweiten Baptistengemeinschaft zu versichern. Viele Menschen verlassen das Land, um Arbeit zu suchen und so ihre Familien zu unterstützen. Den Kongressteilnehmenden wurden venezolanische Geldscheine ausgeteilt. Sie symbolisieren die Wertlosigkeit der venezolanischen Währung und sollen den Teilnehmenden als Gebetserinnerung dienen.

Der Generalsekretär der BWA, Dr. Elijah Brown, berichtete über sein erstes Dienstjahr, indem er die fünf zentralen Aufgabenbereiche beleuchtete: Gemeinschaft und Einheit stärken, Mission und Evangelisation leben, Not- und Entwicklungshilfe leisten, Menschenrechte und Religionsfreiheit verteidigen, theologisches Nachdenken und transformative Leitung fördern. Erstmals präsentierte er die „Baptist World Trends“: Insbesondere in Afrika erleben die Baptistengemeinden außergewöhnliches Wachstum; zugleich leiden sie stark unter den wirtschaftlichen Bedingungen, niedrigen Einkommen und Nahrungsmittelknappheit. Über ein Drittel aller Baptisten weltweit leben in Ländern, in denen Verstöße gegen die Menschenrechte und religiös motivierte Gewalt verbreitet sind.

Als 240. Mitgliedsbund der BWA wurde die „Zomi Baptist Convention“ aus Myanmar aufgenommen, die 28.000 Mitglieder in 190 Gemeinden hat.

2020 findet der Weltkongress der BWA in Rio de Janeiro, Brasilien, statt. Alle fünf Jahre treffen sich neben den Delegierten auch weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den einzelnen Bünden, die Arbeit der Kommissionen pausiert und es gibt ein inspirierendes Programm, ermutigende Gottesdienste und aufbauende Gemeinschaft für mehrere tausend Besucherinnen und Besucher aus aller Welt.

Weitere Impressionen von der Ratstagung in Nassau finden sich auf YouTube oder auf der Facebookseite der BWA.

Ein Artikel von Prof. Dr. Andrea Klimt