TV-Gottesdienst: „Eindrucksvolles Beispiel für Dialog“

Christen und Muslime wirkten an Übertragung aus der EFG Kamp-Lintfort mit

Im Mittelpunkt des ZDF-Fernsehgottesdienstes, der am 17. Juni aus der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Kamp-Lintfort übertragen wurde, stand die Freundschaft zwischen Christen und Muslimen in der vom Bergbau geprägten Stadt in Nordrhein-Westfalen. Markus Bräuer, der Medienbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), bezeichnete den Gottesdienst nach der Ausstrahlung „als ein eindrucksvolles und sehr überzeugendes Beispiel dafür, wie in einem christlichen Gottesdienst muslimische Gäste mitwirken können.“ Der Dialog der Religionen könne auf solche Weise auch im Gottesdienst gefeiert werden, ohne dass die bestehenden Unterschiede zwischen dem Islam und dem christlichen Glauben nivelliert würden, so Bräuer weiter: „Mich hat dieser Gottesdienst sehr berührt.“ Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, zu dem die EFG Kamp-Lintfort gehört: „Dialog heißt nicht, die eigenen Standpunkte aufzugeben. Dialog bedeutet, trotz Unterschieden aufeinander zuzugehen.“ Wie dies in der Praxis gelingen kann, habe der „wegweisende Gottesdienst auf herzerfrischende Weise“ gezeigt, so Riemenschneider weiter.

Im Gottesdienst beschrieben zunächst zwei Bergleute muslimischen Glaubens jeweils im Dialog mit einem Bergmann christlichen Glaubens das Miteinander der „Kumpel“. Unter Tage habe man zusammengearbeitet, über Tage aber lange nebeneinander hergelebt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 habe man sich dann auch außerhalb der Arbeit aufeinander zubewegt: „Wir waren Kollegen, wir wurden Gesprächspartner, und jetzt sind wir Freunde. Für diesen Weg müssen wir immer wieder werben.“ In seiner Predigt über das bekannte Gleichnis vom barmherzigen Samariter beschrieb Pastor André Carouge danach diesen Dialog zwischen Christen und Muslimen in Kamp-Lintfort nach dem 11. September. Zunächst seien sich die Beteiligten als Fremde gegenüber gestanden. Dann habe man sich über den eigenen Glauben ausgetauscht. Hier sei es um Fragen gegangen, „die Christen und Muslime ganz unterschiedlich beurteilen“. Doch obwohl Christen und Muslime nicht zu demselben Gott beteten, so Carouge, sei man auch auf Gemeinsames gestoßen. So sei beiden Religionen die Barmherzigkeit, das zentrale Motiv des Gleichnisses aus dem Predigttext, sehr wichtig. Um dies zu unterstreichen, wurde im Gottesdienst auch eine Stelle aus dem Koran zitiert, die betont, wahre Frömmigkeit zeige sich durch tatkräftige Unterstützung für die Mitmenschen. Der Dialog, so schloss André Carouge seine Predigt, habe sogar den eigenen Glauben gestärkt: „Unsere gegenseitigen Fragen haben auch uns weitergebracht. So sind wir immer mehr in unserem Glauben gewachsen und konnten ihn anderen erklären.“

Im Vorfeld des Gottesdienstes hatten sich einige Christen mit der Befürchtung an Pastor Carouge und die Bundesgeschäftsstelle des BEFG gewandt, im Gottesdienst könne es zu einer Religionsvermischung kommen. Diese Sorge sei unbegründet gewesen, betonte die Rundfunkbeauftragte der VEF, Baptistenpastorin Andrea Schneider. Zwar sei der Gottesdienst nicht im klassischen Sinne missionarisch gewesen, weil er nicht darauf abgezielt habe, Muslime für das Christentum zu bekehren. Doch gerade der Einsatz für Religionsfreiheit sei eine Tradition, auf die die Baptisten stolz seien: „Und ich bin davon überzeugt, dass es letztlich sehr ‚missionarisch‘ ist, wenn Christen durch einen Dialog auf Augenhöhe mit Andersgläubigen in ihrem eigenen Glauben gestärkt werden und gerade dadurch Überzeugungskraft gewinnen.“

Die Reaktionen auf den Gottesdienst beschrieb Pastor André Carouge einen Tag nach der Ausstrahlung als fast durchweg positiv. Neben einigen kritischen Rückmeldungen von Menschen, die das Vortragen einer Stelle aus dem Koran in einem christlichen Gottesdienst grundsätzlich für falsch halten, habe er viel Anerkennung erhalten. Vertreter aus der Lokalpolitik, aus Gewerkschaften, aus anderen Kirchengemeinden und den Moscheeverbänden hätten den Gottesdienst gelobt. Auch beim Fernsehpublikum sei die Ausstrahlung auf eine positive Resonanz gestoßen, wie er anhand der ihm bekannten Rückmeldungen bei der Telefon-Hotline des ZDF habe feststellen können.

 

 

Den vollständigen Gottesdienst können Sie sich in der Mediathek des ZDF anschauen: Fernsehgottesdienst.

Ein Artikel von Dr. Michael Gruber