Wie Baptisten Muslimen begegnen

Europäische Missionstagung in Elstal

Aus allen Regionen Europas, aus Nordafrika, aus Zentralasien sowie aus dem Nahen und Mittleren Osten waren 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur diesjährigen Missionstagung der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) nach Elstal gekommen. Vom 7. bis 10. Juni diskutierten sie dort im Tagungshaus des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) über ihr Verständnis von Mission und Dialog, erzählten einander ihre Erlebnisse zum Zusammenleben mit Muslimen und suchten in gemeinsamen Gebetszeiten und Gottesdiensten die Begegnung mit Gott. Bibelarbeiten zum Thema der interreligiösen Begegnung aus alttestamentlichen bzw. neutestamentlichen Perspektiven bereicherten das Programm.

Die Situation baptistisch geprägter Christen in der Begegnung mit Muslimen ist innerhalb der Mitgliedsunionen der EBF recht unterschiedlich. In vielen muslimisch geprägten Gesellschaften finden sich Baptisten als Minderheit innerhalb der christlichen Minderheit wieder. Sie leiden unter der Abwanderung vieler ihrer Gemeindemitglieder in den Westen. Die verbleibenden Gemeinden verstecken sich aber nicht, sondern gestalten das gesellschaftliche Leben aktiv mit. In vielen muslimisch geprägten Ländern haben sie als Christen einen gewissen Freiraum, um ihren Glauben zu leben. Die staatlichen Autoritäten helfen ihnen, wenn sie von extremistischen Muslimen angegriffen werden, die sich eine Gesellschaft wünschen, die allein von den islamischen Gesetzen der Scharia geprägt ist.

Der Konferenz-Teilnehmer aus Ägypten ruft zur Fürbitte auf, dass die unklare Situation in seinem Land zur Demokratisierung der Gesellschaft führt und nicht zu einer Machtübernahme durch die konservative Moslembruderschaft. Sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten sind die arabisch geprägten christlichen Gemeinden dankbar für manche guten Entwicklungen. Arabische Christen von der Westbank erfahren von den palästinensischen Behörden manche Unterstützung, leiden aber unter den unzähligen israelischen Checkpoints, die sie zur Koordinierung ihrer Gemeindearbeit durchfahren müssen.

Anders stellt sich die Situation im Balkanraum dar: Vereinzelt gibt es hier noch Rangeleien zwischen christlichen und islamischen Interessengruppen. Doch wird das baptistische Gemeindeleben dort weniger durch Muslime eingeschränkt als durch die restriktive Haltung der orthodoxen Kirchen.

Die Bekehrung von Muslimen zum christlichen Glauben stellt für alle Delegierten der Tagung die größte Herausforderung dar. In manchen muslimisch geprägten Gesellschaften ist dies gesetzlich verboten; meist sind es aber die Familien und Freunde, die den Konvertiten das Leben schwer machen. Tony Peck, der Generalsekretär der EBF, stellte eine Vereinbarung zwischen Christen und Muslimen in Großbritannien vor, dass alle Seiten Konversionen respektieren.

Ein Höhepunkt der Tagung war ein Besuch im Bundestag, wo die Delegation von Frank Heinrich, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, empfangen wurde. Interessiert hörte er sich die Berichte und Fragen der Teilnehmenden zu ihren Situationen an und gab engagierte Antworten. In seiner Person findet die Europäische Baptistische Föderation ein offenes Ohr für ihre Menschenrechtsanliegen.

Bei einem Besuch in der EFG Berlin-Wedding informierten sich die Teilnehmer über die Sozialarbeit der Gemeinde unter und mit ihren muslimischen Mitbürgern. Das Engagement dieser Gemeinde ist typisch für Baptisten in Mittel- und Westeuropa, die sich gegen diskriminierende antimuslimische Strömungen in ihren Gesellschaften stark machen und sich vor allem sozial unter muslimischen Zuwanderern engagieren. Baptisten aus muslimischen Ländern appellierten an ihre europäischen Glaubensgeschwister, sich taktvoll auch evangelistisch unter Muslimen zu engagieren. Michael Kißkalt ermutigte die Teilnehmer dazu, den Dialog und das gemeinschaftliche Engagement mit Muslimen zu suchen und dabei voll und ganz zum eigenen christlichen Glauben zu stehen.

Die Teilnehmenden fühlten sich durch die Tage und Begegnungen in Elstal ermutigt und gestärkt.

Gleichzeitig war die Tagung in Elstal eine gelungene Generalprobe für die Ratsversammlung der EBF, die vom BEFG für den September 2012 nach Elstal eingeladen wurde.

Ein Artikel von Michael Kißkalt