Zur Situation im Nahen Osten
Stellungnahme des Präsidiums vom 13. September 2024
Das Präsidium des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) hat sich erneut mit der Situation im Nahen Osten beschäftigt. „Wir erleben, dass sich in unserer Gesellschaft in Deutschland die Positionen hinsichtlich dieses Konfliktes teilweise unversöhnlich gegenüberstehen“, heißt es in einer Stellungnahme, die das Präsidium in seiner Sitzung verabschiedet hat. „Deshalb rufen wir die Gemeinden des BEFG auf, vor Ort Wege zur Verständigung zu suchen. Wir wollen nicht Hass und Polarisierung das Wort reden, sondern die Würde aller Menschen achten und dem Frieden dienen. Wir beten gemeinsam für den Frieden und ein Ende der Gewalt.“
Die Stellungnahme im Wortlaut
Gott wird In ihrer Mitte wohnen; sie werden sein Volk sein – ein Volk aus vielen Völkern, und er selbst, ihr Gott, wird immer bei ihnen sein. Er wird alle ihre Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, kein Leid und keine Schmerzen, Und es werden keine Angstschreie mehr zu hören sein. Denn was früher war, ist vergangen. „Seht, ich mache alles neu.“ Offenbarung des Johannes 21,3-5 |
Die Menschen in Israel, dem Westjordanland und Gaza leiden unter den Schrecken von Terror, Gewalt und Krieg. Als Präsidium des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland sprechen wir allen Opfern und ihren Angehörigen unsere tiefe Anteilnahme aus.
Gewalt im Nahost-Konflikt hat seit dem 7. Oktober 2023 immer weiter zugenommen. Die Bevölkerung auf beiden Seiten leidet unter den Gräueltaten von Terroranschlägen, militärischer Gewalt und andauernden Raketenangriffen sowie unter der Angst vor weiterer Gewalt.
Der Staat Israel soll den Jüdinnen und Juden weltweit ein sicherer Zufluchtsort sein. Diese Sicherheit ist durch den Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 nachhaltig erschüttert worden. Wir verurteilen dieses Massaker an hunderten Zivilisten und die bis heute andauernde Verschleppung und Ermordung vieler Geiseln auf das Schärfste. Israel sieht sich nicht nur durch die Hamas, sondern auch durch die Hisbollah im Libanon und das Regime im Iran in seiner Existenz bedroht. Die Menschen in Israel leben in ständiger Angst, und viele sind traumatisiert. Sie befürchten, dass sich der Terror wiederholt und ausweitet. Als Christen sind wir mit dem Judentum in besonderer Weise verbunden und in Deutschland sind wir ihm aufgrund unserer deutschen Geschichte in einmaliger Weise verpflichtet. Wir stehen an der Seite Israels. Das Existenzrecht Israels ist unbestreitbar und schließt auch Israels Recht auf Selbstverteidigung ein.
Der Staat Israel reagierte auf den Anschlag der Hamas und die andauernde Bedrohung militärisch. Die humanitäre Lage in Gaza und im Westjordanland ist schrecklich. Bei den Militäraktionen sind zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Die zivilen Opferzahlen und das menschliche Leid im Gazastreifen sind gewaltig. Wir stehen an der Seite der Menschen in Gaza, die um Angehörige trauern, die ihre Häuser und Lebensgrundlage verloren haben oder fliehen mussten. Die Bevölkerung in Gaza leidet an Hunger und Durst. Es fehlt an Wasser, Lebensmitteln, medizinischer Versorgung, Strom und vielem mehr. Mit großer Sorge blicken wir auf diese katastrophalen Lebensumstände der Menschen. Wir sind erschüttert und fassungslos vom Anblick des Leides und des Unrechts, das die Menschen erfahren müssen. So unbestreitbar das Existenzrecht Israels für uns ist, ist es für uns auch unbestreitbar, dass die Menschen in Gaza und im Westjordanland ein Recht auf eine menschenwürdige Existenz haben. Israels Selbstverteidigung muss den Bestimmungen des humanitären Völkerrechts entsprechend ausgeübt werden. Es muss deutlich mehr geschehen, um die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur zu schützen.
„Im Glauben an Jesus Christus, den Gott zu seiner Zeit aus Israel hervorgehen ließ, erkennen wir Israel als Gottes auserwähltes Volk. Die Erwählung und Berufung Israels durch Gott ist auch durch Untreue und Ungehorsam dieses Volkes nicht hinfällig geworden“, heißt es in unserer „Rechenschaft vom Glauben“, dem Bekenntnis der deutschsprachigen Baptisten und des ganzen Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. In dieser Verbundenheit kritisieren wir die Gewalt gegenüber Israel und die Aufrufe zur Vernichtung Israels. Ebenso kritisieren wir das Ausmaß der Gewalt der israelischen Streitkräfte und menschenverachtende Äußerungen rechtsradikaler Politiker in Israel. Wir stehen weiterhin an der Seite der Menschen in Israel, die nicht für Handlungen der israelischen Armee in Gaza verantwortlich gemacht werden können. Gleichzeitig stehen wir auch an der Seite der Palästinenserinnen und Palästinenser in Gaza und im Westjordanland, die ebenso wenig für die Handlungen der Hamas verantwortlich gemacht werden können.
Wir erleben, dass sich in unserer Gesellschaft in Deutschland die Positionen hinsichtlich dieses Konfliktes teilweise unversöhnlich gegenüberstehen: Die einen stehen mehr auf der Seite Israels und andere fühlen mehr mit den Palästinenserinnen und Palästinensern. Der Konflikt findet zum Teil auch gewaltsam auf unseren Straßen statt. Deshalb rufen wir die Gemeinden des BEFG auf, vor Ort Wege zur Verständigung zu suchen. Wir wollen nicht Hass und Polarisierung das Wort reden, sondern die Würde aller Menschen achten und dem Frieden dienen. Wir beten gemeinsam für den Frieden und ein Ende der Gewalt. Denn der Terror kann nicht allein mit militärischen Mitteln bekämpft werden. Deshalb appellieren wir an unsere Politikerinnen und Politiker, nicht aufzuhören, sich entschlossen und mutig für Wege zur Verständigung einzusetzen, die zu einem Ende der Gewalt und zum Frieden führen. Es sollte auch diplomatisch auf beide Seiten mit dem Ziel eingewirkt werden, die Gewalt zu beenden und eine friedliche Koexistenz von Palästinensern und Israelis zu erreichen.
Vater im Himmel, Amen |