am letzten Sonntag habe ich über den Perikopentext aus Jesaja 61 gepredigt. Der Text ist eine Heilsbotschaft Gottes durch den Propheten an das in der Deportation lebende Volk Israel. Schöne Worte sind das. Es ist davon die Rede, dass den Elenden gute Botschaft gebracht werden soll, die Gefangenen die Freiheit erleben werden, die Gebundenen frei sein sollen und allen ein gnädiges Jahr des Herrn verkündigt wird. Es sind Worte voller guter Hinweise auf das Wirken und die Möglichkeiten des Geistes Gottes. Die guten Gedanken setzen sich noch eine Weile fort und vertiefen durch manche Bilder diesen besonderen Zuspruch an ein Volk, das sich, im Blick auf die eigene Geschichte, mit seinem Schicksal abgefunden hatte.
Nun sollen die Menschen des Volkes Israel hören, dass es eine Perspektive gibt, dass Gott es ist, der handelt und ihnen „Kleider des Heils angezogen und sie mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet“ hat. Sie bekommen eine positive Sicht vermittelt und erfahren ganz neu, dass Gott mit ihnen ist. Nur so werden sie die Krise überwinden und dürfen – in ein paar Jahren – in ihr Land heimkehren. Es ist zwar weitestgehend zerstört, aber es ist ihre Heimat. Sie werden alles wiederaufbauen und ein neues Leben wagen, als Einzelne und als ganzes Volk und Gott wird in ihrer Mitte wohnen.
Den Hinweis auf das „gnädige Jahr des Herrn“ finde ich auch im Blick auf das nun beginnende Jahr 2020 ausgesprochen wichtig. Denn ich bin davon überzeugt, dass jedes Jahr ein „gnädiges Jahr des Herrn“ ist. Es kommt darauf an, worauf ich schaue und welche Perspektive ich habe. Das Volk Israel musste aufblicken. Die bösen Bilder der Vergangenheit sollten sie nicht mehr gefangen halten. Sie sollten Gottes Verheißungen ernst nehmen und dadurch ihr Handeln bestimmen lassen.
Gerade haben wir Weihnachten gefeiert. Jesus Christus wurde geboren. Damit haben Gottes Frieden und seine Gerechtigkeit für die Welt Gestalt angenommen. Wir blicken auf ihn, heben den Kopf, gewinnen eine neue Perspektive. Die dunklen Bilder unserer Welt sollen uns nicht gefangen nehmen. Sie machen uns unfrei und verhindern unser Handeln. Wenn wir auf Gott blicken, wenn wir in Jesus das menschgewordene Wort Gottes erkennen, werden wir zu einem beherzten Handeln befreit.
Es ist ein gnädiges Jahr Gottes, das vor uns liegt. Freude und Zuversicht machen sich breit, wenn wir auf Jesus sehen. Wir dürfen daran denken, dass Gottes Heilsbotschaft für die ganze Welt gilt und wir als Christinnen und Christen dazu aufgerufen sind, dieses Heil zu verbreiten. Gott hat Frieden mit der Welt gemacht. Weihnachten haben wir die Friedensbotschaft wieder gehört. Sie wurde zuerst den Menschen am Rande der Gesellschaft gesagt und hat sich von dort über die ganze Welt ausgebreitet.
Auch wenn uns im Moment vieles in Atem hält, politische Entwicklungen uns ratlos machen, die Herausforderungen im Blick auf die Ökologie gewaltig sind, der technologische Fortschritt uns in Dimensionen führt, die wir nicht absehen können, vertrauen wir auf Gottes Verheißungen. Er vermittelt uns eine positive Sicht. Deshalb dürfen wir auch zuversichtlich sein und beherzt und befreit unseren Aufgaben nachgehen, in den Gemeinden und in unserer Welt. Es sind vielleicht kleine Schritte, die wir gehen, aber es sind Schritte von denen ein Segen ausgeht. Es ist und bleibt ein gnadenreiches Jahr, das vor uns liegt. Wir können diesen Gestaltungsraum nutzen. Der Geist Gottes ist dabei in uns und mit uns.
Michael Noss
Präsident