der Theologe Ernst Käsemann hat einmal gesagt: „Am Tisch des Herrn sitzen immer nur solche, die es nicht verdient haben.“ So ist es. So war es beim letzten Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern am Vorabend seiner Kreuzigung erlebt hat. Wir haben uns in der Karwoche gerade intensiv daran erinnern können. Und so wird es auch am kommenden Sonntag sein, wenn wir in vielen unserer Gemeinden zusammen Abendmahl feiern. Am Tisch werden solche sitzen, die es nicht verdient haben. Denn auch heute finden sich am Tisch des Herrn keine besseren, frömmeren und auch keine gläubigeren Menschen als damals. Aber Jesus bindet uns an seinem Tisch zusammen zu einer Gemeinschaft, weil er entscheidet, dass er mit jedem von uns Abendmahl feiern will.
Mit diesen Jüngern, die es nicht verdient haben, baut Jesus nach Ostern und Pfingsten seine Gemeinde! Er gibt ihnen Aufgaben und vertraut ihnen seine Sache an. Diesen kläglichen Nachfolgern. Uns. Gott bereitet sich aus dem Munde der Kinder und der Säuglinge ein Lob und eine Macht. Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Nicht für die Großen und Klugen dieser Welt, sondern für die Unwissenden und wenig Angesehenen ist das Wort vom Kreuz eine Gotteskraft und keine Torheit. Das ist die Wirklichkeit Gottes, die über jedes Verstehen geht und geglaubt und gehofft werden will. Es sind also nicht nur die besonders Standfesten, Gläubigen, Bibeltreuen und in Sachen „Reich Gottes“ Gefestigten, die Jesus gebrauchen kann. Nicht nur die, die mit all ihren Aufgaben wunderbar zurechtkommen und immer eine gute Tat und ein gutes Wort haben, ruft Jesus zu sich an seinen Tisch. Nein, bei ihm – wenigstens bei ihm – ist es anders als sonst in dieser Welt.
In Locarno am Lago Maggiore gibt es eine kleine Kirche auf einem Berg. Im Aufgang zu dieser Kirche, in einer Seitennische, ist die Abendmahlsszene mit Figuren nachgestellt worden. Dabei schauen die Jünger und Jesus vom Abendmahlstisch auf und blicken genau in Richtung des Betrachters. Jeder, der sich diese Abendmahlsszene also anguckt, wird angesehen von den Jüngern und von Jesus. Und wenn man genauer hinsieht, erkennt man: Mittendrin in dieser Tischgesellschaft ist ein Platz freigelassen. Vielleicht der von Judas. Vielleicht wurde auch lediglich eine der Figuren restauriert. Auf jeden Fall entsteht beim Betrachter ganz unwillkürlich der Eindruck, als würde diese Mahlgemeinschaft nur noch auf ihn warten, um vollständig zu sein. Als wollten sie ihm sagen: „Hier ist noch ein Platz frei für dich. Hier ist dein Platz, am Abendmahlstisch Jesu. Du passt in die Gesellschaft dieses Tisches. Du bist nicht zu schlecht und nicht zu gut. Du bist gerade richtig hier. Du bist jetzt eingeladen und gerufen.“
Ich wünsche am Sonntag in der Mahlgemeinschaft allen einen besonderen Segen Gottes!
Christoph Stiba
Generalsekretär
Übrigens: TischGemeinschaft erleben, das bietet das gleichnamige Evangelisationsformat vom Dienstbereich Mission.