Vorwort Bund aktuell Nr. 4 | 6. April 2023

Liebe Leserin, Lieber Leser,

heute am Gründonnerstag, an dem diese Ausgabe von Bund aktuell erscheint, mitten in der Karwoche also, will ich unseren Blick weiten und vorausblicken: Jesus lebt! Der Gekreuzigte ist auferstanden! Das böse Tun der Menschen, der Tod, alle gottfeindlichen Mächte haben nicht das letzte Wort behalten. Damals nicht und heute nicht. Alles das bedrängt uns, setzt uns manchmal auch hart zu und hinterfragt unseren Glauben. Aber Jesus Christus hat den Tod und alles Böse besiegt. Er hat alles, was uns von Gott trennt, überwunden. Wir dürfen gewiss sein: Am Ende siegt das Leben. Denn Gott lebt – und er liebt diese Welt!

Der Apostel Paulus schreibt in seinem Christushymnus in Philipper 2: „Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus. Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich noch mehr: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz wie ein Verbrecher. Deshalb hat Gott ihn auch so unvergleichlich hoch erhöht und hat ihm als Ehrentitel den Namen gegeben, der bedeutender ist als jeder andere Name. Und weil Jesus diesen Namen trägt, werden sich einmal alle vor ihm auf die Knie werfen, alle, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind. Alle werden anerkennen, dass Jesus Christus der Herr ist, und werden damit Gott, dem Vater, die Ehre geben.“

Im Gehorsam gegenüber Gott nahm Jesus sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz wie ein Verbrecher. Aber das Grab ist leer. Der Stein, mit dem man das Grab verschlossen hatte, weggerollt. Nur noch die Leinenbinden, in denen sein Körper gehüllt war, liegen da. Keine Spur mehr von Jesus. Die zwei Jünger, die nach dem Johannes-Evangelium das Grab betreten, verstehen nicht, was sie sehen, und gehen nach Hause. Maria aus Magdala erscheinen zwei Engel, sie reden mit ihr und auf einmal steht Jesus hinter ihr. Jesus ist auferstanden. Und er sagt zu ihr: „Halte mich nicht fest! Ich bin noch nicht zum Vater in den Himmel zurückgekehrt. Geh zu meinen Brüdern und sag ihnen, dass ich zu ihm zurückkehre – zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott“ (Johannes 20,17). „Ich habe den Herrn gesehen!“, verkündet Maria daraufhin den Jüngern und erzählt von ihrer Begegnung. Am selben Abend noch erscheint Jesus auch in ihrem Kreis. Der Gekreuzigte zeigt ihnen seine Hände und seine Seite. „Friede sei mit Euch!“, sagt Jesus zu ihnen. „Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich Euch jetzt“ (Johannes 20,21). Und er haucht sie an und sagt: „Empfangt den Heiligen Geist!“ (Johannes 20,23). Maria und die Jünger haben den auferstandenen Jesus damals auf unterschiedliche Art und Weise erlebt, aber sie haben eine Frohe Botschaft zu verkünden: Jesus lebt und er wird zum Vater in den Himmel zurückkehren!

Auch wir sind als Christinnen und Christen gesandt, das Evangelium, die gute Nachricht von der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus zu verkünden. Bei aller Unterschiedlichkeit, bei allen unterschiedlichen Erfahrungen, wie Jesus uns begegnet und der Glaube in unser Herz eingezogen ist, eint uns diese Mission: Wir sind gesandt, zu verkünden: Jesus lebt und seine Auferstehungskraft ist noch heute lebendig. Deswegen können wir trotz der Umstände in dieser Welt voller Hoffnung in die Zukunft blicken. Die Welt gerät vielleicht aus den Fugen, zumindest erweckt es hier und da den Anschein, aber sie gerät niemals Gott aus seinen Händen. Ganz im Gegenteil: Jesus Christus herrscht als König!

Wenn wir uns umschauen, merken wir in unserem Bund und in den Gemeinden, dass wir teilweise schmerzlich mit unseren unterschiedlichen Auslegungen, Erfahrungen und Meinungen zu kämpfen haben. Auch hier scheint für manch einen einiges aus den Fugen zu geraten. In ethischen Fragen oder auch wenn wir „Im Dialog zum Kreuz“ über das Verständnis des Kreuzestodes von Jesus im Gespräch sind. Ich werde immer mal wieder gefragt: Wie können wir gemeinsam unterwegs sein, wenn Menschen auf unterschiedlichen Standpunkten, die scheinbar unvereinbar sind, beharren? Ich denke, indem wir immer wieder den Blick auf den richten, der uns über alle unterschiedlichen Ansichten hinweg unter seiner Herrschaft vereint: den gestorbenen und wieder lebendig gewordenen Jesus Christus. Denn er vermag es, unser gemeinsamer Herr über alle unterschiedlichen Erkenntnisse hinweg zu sein. Der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus ist unser einer Herr. Und wir dürfen ihn nicht durch die Überbetonung unserer Stückwerkerkenntnisse zerteilen.

Und in dem Wissen, dass unsere Erkenntnis hier auf Erden nur Stückwerk ist, lasst uns wie die Jünger damals unsere gemeinsame Mission nicht aus den Augen verlieren! Wir sind zu den Menschen gesandt, das Evangelium zu verkünden. Dabei sollte die Gemeinschaft des Geistes Gottes uns einen, wie Paulus direkt vor dem Christushymnus im Philipperbrief schreibt: „Nicht wahr, es ist euch wichtig, einander im Namen von Christus zu ermutigen? Es ist euch wichtig, euch gegenseitig mit seiner Liebe zu trösten, durch den Heiligen Geist Gemeinschaft miteinander zu haben und einander tiefes Mitgefühl und Erbarmen entgegenzubringen? Nun, dann macht meine Freude vollkommen und haltet entschlossen zusammen! Lasst nicht zu, dass euch etwas gegeneinander aufbringt, sondern begegnet allen mit der gleichen Liebe und richtet euch ganz auf das gemeinsame Ziel aus.“ Paulus spitzt seine Aussage noch zu: „Rechthaberei und Überheblichkeit dürfen keinen Platz bei euch haben“, sagte er. „Vielmehr sollt ihr demütig genug sein, von euren Geschwistern höher zu denken als von euch selbst. Jeder soll auch auf das Wohl der anderen bedacht sein, nicht nur auf das eigene Wohl. Das ist die Haltung, die euren Umgang miteinander bestimmen soll; es ist die Haltung, die Jesus Christus uns vorgelebt hat.“ So eine demütige Haltung und Gesinnung wünsche ich mir für mich persönlich und für uns in den Gemeinden und in unserem Bund. Auch in allem Ringen, wie und wohin es weitergehen kann – in unserer Bundesgemeinschaft, in den Gemeinden und persönlich.

Die Kraft, die damals in der Auferweckung von Jesus Christus wirkmächtig war, durchwirkt noch heute diese Welt, arbeitet auf ein Ziel hin und wird am Ende den Tod und alles Trennende in unserem Leben überwinden. Daher können wir voller Mut und Zuversicht der Zukunft entgegenblicken, weil wir wissen, dass Jesus lebt. Dietrich Bonhoeffer schrieb etwa ein Jahr vor seinem Tod in einem Osterbrief: „Wenn ein paar Menschen dies wirklich glaubten und sich in ihrem irdischen Handeln davon bewegen ließen, würde vieles anders werden. Von der Auferstehung her leben - das heißt doch Ostern. Findest Du auch, dass die meisten Menschen nicht wissen, woher sie eigentlich leben?“*

Christoph Stiba
Generalsekretär

*27.3.1944. Widerstand und Ergebung (DBW 8), zitiert nach Dietrich Bonhoeffer Lesebuch, hrsg. von Otto Dudzus, 4. Aufl., Gütersloh: Kaiser, 1996, S. 176.