Vorwort Bund aktuell Nr. 8 | 7. August 2025
Liebe Leserin, lieber Leser,
Manchmal scheint die Zeit im Sommer ein wenig stillzustehen.
Nicht nur die Luft an schwülen Nächten hängt träge über der Stadt – irgendwie wird alles langsamer.
Der Sommer setzt ein großes Pausenzeichen.
Comedysendungen gehen in die Sommerpause. Die Politik gönnt sich eine Zeit ohne Sitzungen.
Die Nachrichtenformate versuchen, trotz Sommerloch, Inhalte zu produzieren – was uns einige Skandale beschert, die sonst keine geworden wären.
Auch das Gemeindeleben ist häufig ein wenig entschleunigt:
Veranstaltungen werden reduziert, Entscheidungen vertagt, Jugendgruppen fahren auf Freizeiten. Und die Reihen in unseren Gottesdiensten lichten sich, weil viele unterwegs sind oder die Zeit anders nutzen.
Ich glaube, solch eine Pause tut dem Gemeindeleben gut.
Eine Sabbatzeit mitten im Jahr – oft heilsam und notwendig.
Denn es ist ja keine leere Zeit, sondern eine Zeit zum Durchatmen, Auftanken, Innehalten.
Eine Zeit, um das Leben und die Schöpfung zu feiern und zu genießen.
Eine Gelegenheit, aus dem Gewohnten auszubrechen und neue Erfahrungen zu machen.
Eine Zeit für Gottes Stimme inmitten der Pause.
Der Segen der Pause.
Darüber habe ich in letzter Zeit oft nachgedacht. Und mir ist ein Urlaubserlebnis eingefallen:
Für mich ist es zur Tradition geworden, an allen Orten, an denen ich bin, Kirchen zu besuchen.
Nicht nur wegen der schönen Architektur oder der Geschichte – sondern weil es spirituelle Orte sind. Orte, an denen ich mich mit anderen Gläubigen verbunden fühle und ich mir einen Moment der Stille gönne.
Ich versuche auch immer, vor Ort eine Bundesgemeinde oder eine Gemeinde eines anderen Baptistenbundes aufzusuchen – wenn es dort eine gibt.
Dafür bin ich schon kilometerweit durch Städte gelaufen – aus Verbundenheit und Neugier:
Wie sieht die Gemeinde aus? Was beschäftigt sie? Welche Veranstaltungen und Herausforderungen gibt es dort?
So stand ich eines Sommers vor der Baptistengemeinde in Salzburg.
Im Schaukasten lud ein Plakat zu den Sommergottesdiensten ein – zu sehen war eine große Palme an einem Sandstrand, die Schatten spendete.
Darüber in großen Buchstaben: „Sommer unter Psalmen“.
Dieses Bild und dieser Titel haben mich nicht mehr losgelassen.
Sommer unter Psalmen – was für eine Einladung!
Seitdem habe ich begonnen, Psalmen ganz bewusst in meine Sommerzeit einzubeziehen.
Sie begleiten mich im Gebet am Morgen, auf Wanderwegen oder am Ende nach einem erlebnisreichen Tag.
Ich stehe zum Beispiel barfuß am Strand und bete:
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ (Psalm 31,9)
Ich erlebe die innerliche Weite und Freiheit, die mir Gott schenkt.
In einer klaren Nacht schaue ich in den Sternenhimmel und werde demütig:
„Wenn ich den Himmel sehe, das Werk deiner Hände – den Mond und die Sterne – was ist da der Mensch, dass du an ihn denkst?“ (Psalm 8,4-5)
Und wenn ich mich irgendwo auf meinem Weg allein oder orientierungslos fühle, bete ich mit Psalm 139:
„Ob ich sitze oder stehe – du weißt es. Du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege – du bist um mich.“
Gott ist da. Ich bin gehalten und gehe meinen Weg gemeinsam mit ihm.
Nur wenige kleine Beispiele – und doch zeigen sie, wie viel Tiefe und Lebenserfahrung in den Psalmen stecken.
Die Psalmen sind für mich zu einer geistlichen Atempause geworden.
Sie schaffen Raum für Freude, Frust, Verzweiflung, Staunen, Klage und Lob.
Ehrlich. Lebendig. Ungeschönt.
Es sind Gebete aus dem Leben – für das Leben.
Jahrtausende alt und doch hochaktuell.
Worte für die Momente, in denen uns die eigenen Worte fehlen.
Texte, in die wir uns fallen lassen können – und die wir manchmal auch neu entdecken.
Sommer unter Psalmen heißt für mich:
„Gönn deiner Seele Worte, die Raum zum Leben geben.
Lass dich tragen von den Gebeten – und atme auf in Gottes Gegenwart.“
Dann ist es ganz egal, ob wir im Urlaub sind oder im Büro.
Ob im Wartezimmer beim Arzt oder auf dem Spielplatz.
Ob in den etwas leeren Reihen des Gottesdienstraums oder in den Planungen für den Herbst.
Gott lädt uns ein zu einer Pause bei ihm – mit allem, was wir mitbringen und was uns bewegt.
Und vielleicht habt Ihr ja auch Lust, den restlichen Sommer unter Psalmen zu genießen.
Denn:
„Der Herr denkt an uns und segnet uns.“ (Psalm 115,12)
Natalie Georgi
Präsidentin