Vorwort Bund aktuell Nr. 12 | 8. Dezember 2022

Liebe Leserin, lieber Leser,

bei mir begann die Adventszeit mit einem Paukenschlag. Im wahrsten Sinne des Wortes. Am Ersten Advent erklingt bei uns Zuhause seit vielen Jahren morgens nach dem Aufstehen das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Und das beginnt eben mit einem echten Paukenschlag und dem Chor, der uns aufweckt und in Herz und Sinn singt: „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage, rühmet, was heute der Höchste getan! Lasset das Zagen, verbannet die Klage, stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!“ Ich freue mich jedes Jahr auf diese Zeit, die festliche Musik und den Kerzenschein. Licht und Wärme in der kalten Zeit. Wir haben wieder allen Grund zu feiern: Jesus ist geboren und mit ihm kam neue Freude, neue Hoffnung und neues Leben zu uns. Gott kam zu uns. In Jesus Christus erkennen wir ihn. Licht durchbrach die Dunkelheit und die Engel sangen in der Heiligen Nacht: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Das ist die Botschaft dieser Tage, die überall zu hören sein soll. Mit Pauken und Trompeten und auch auf vielerlei andere Weise.

Freude und Frieden auf Erden? Wie ein Paukenschlag dröhnen die Bomben und Gewehrsalven in der Ukraine, gehen mir die Bilder und Schicksale der Menschen aus der Ukraine durch den Kopf. Es herrscht Unfriede. Und ja nicht nur dort. Es ist leider eben nicht alles zum Jauchzen und Frohlocken – auch nicht im Advent. Uns haben Adventsgrüße von der European Baptist Federation erreicht, namentlich von Helle Liht und Alan Donaldson, der in diesem Jahr bei uns auf der Bundesratstagung zu Gast war:

„Gott ist in der Ukraine am Werk. Trotz der Gewalt und des Krieges gibt es viele Zeichen des Reiches Gottes. Advent ist eine Zeit, um diese Zeichen wahrzunehmen.

In Johannes 20 lesen wir: Jesus tat noch viele andere Zeichen in der Gegenwart seiner Jünger, aber diese wurden aufgeschrieben, damit ihr glaubt, und damit ihr durch den Glauben an ihn in seinem Namen Leben habt.

Ich frage mich oft, was die anderen Zeichen waren. Waren es Wunder-Zeichen oder vielleicht eher alltägliche Zeichen? Immanuel [Gott mit uns] offenbart [sich] durch seine Antwort auf persönliche Gewalt; Immanuel offenbart, indem er all seinen Besitz mit Menschen in Not teilt; Immanuel offenbart, indem er bis spät in die Nacht mit Menschen zusammen ist, die ihren Schmerz teilen.

In der Ukraine und den benachbarten Ländern wollen Christinnen und Christen Zeichen der Gegenwart des lebendigen Gottes sein. Viele bleiben, um ihren kriegsgeschundenen Städten zu dienen. Christen liefern Essen nahe der Kriegsfront. Kirchen bieten ihre Gebäude als Zentren für Geflüchtete an. Gläubige haben offene Ohren für das Trauma des Verlustes und antworten mit Empathie und Hoffnung. Und baptistische Leiter berichten von über 2.000 Menschen, die zum Glauben gefunden haben. Das sind die Zeichen von Immanuel: Gott mit uns – heute in der Ukraine.

Bitte betet mit uns weiterhin für alle, die in der Ukraine bleiben – als Zeugen von Immanuel. Bleibt mit uns beständig in Eurer Hingabe zum Gebet für Frieden und Gerechtigkeit.

Betet auch, dass weiterhin viele Leben in Jesu Namen finden. Und wenn ihr könnt, gebt bitte weiterhin, sodass wir zusammen die Menschen, die zutiefst vom Krieg betroffen sind, unterstützen können – jetzt und in Zukunft. Dankeschön!“

Welches sind die „anderen Zeichen“, die der Immanuel, der „Gott mit uns“ heute unter uns tut? Gott ist heute noch zu finden. Auch im Unfrieden gibt es diese Zeichen des Immanuel! Das, was wir von unseren Geschwistern aus der Ukraine hören, kann Mut machen. Der Immanuel ist da. Gleichzeitig sehen wir auch an anderen Orten Menschen in Not: Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Armut. Die Menschen im Iran und unsere iranischen Geschwister in unseren Gemeinden, die sich um ihre Angehörigen und Freunde sorgen, befinden sich nach wie vor in einer sehr schwierigen Lage. Ihre Not durchbricht wie ein Paukenschlag die Weihnachtsstille.

Ich wünsche Euch und mir, dass wir uns von dieser Not anrühren lassen und nicht zulassen, dass wir durch die Gewöhnung an die Bilder über die Länge der Zeit abstumpfen. Und ebenso wünsche ich Euch und mir, dass wir angesichts der Konflikte und Krisen in dieser Welt - auch bei uns in Deutschland, auch in unserer christlichen Welt, in Kirchen und Gemeinden – nicht verzagen, sondern voller Hoffnung nach Zeichen der Gegenwart Gottes Ausschau halten, sie entdecken und auch selbst für andere zu Zeichen seiner Gegenwart werden. Menschen, die hingehen, die Herzen und Türen öffnen und die Friedensbotschaft Gottes verkünden. Immanuel – Gott mit uns; er offenbart sich damals wie heute. Und so gilt auch heute, was ein Engel zu den erschrockenen Hirten sprach: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Der Paukenschlag ist erst der Beginn des Weihnachtsoratoriums. Das Schönste kommt noch…

Ich wünsche Euch allen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!

Christoph Stiba
Generalsekretär