Vorwort Bund aktuell Nr. 3 | 4. März 2021

Liebe Leserin, lieber Leser,

die gute Botschaft kommt zum Schluss ...

Aber nun dauert es schon mehr als ein Jahr, dass wir in dieser ungewohnten und außergewöhnlichen Situation sind. Unser Leben ist anders geworden, so ganz anders, als wir es bisher kannten. Auch wenn wir uns schon wieder an manches gewöhnt haben, bleibt dieses bedrückende Gefühl, diese unbestimmte Last und die nicht greifbaren Aussichten auf Veränderung. Homeoffice, die vielen Online-Meetings, die gestreamten Gottesdienste und manche kreativen Ideen ändern nichts an der Tatsache, dass wir einfach müde geworden sind, Corona-müde.

„Lockerung“ heißt das Sehnsuchtswort in diesen Tagen, obwohl wir genau wissen, dass damit die Epidemie nicht beendet wird. Das Virus wird bleiben, wird wohl auch lange bleiben. So sagen es zumindest kluge Menschen und wahrscheinlich haben sie auch recht damit. „Impfen“ und „testen“ sind die anderen Wörter, die immer wieder gesagt werden und einen Weg aufzeigen wollen, wie mit dem Virus zu leben ist, ohne es letztlich zu besiegen.

Menschen kommen an ihre Grenzen. Die einen psychisch, weil sie einsam sind, sich bedroht fühlen, Nähe vermissen und die Möglichkeit sich frei zu entfalten. Die anderen finanziell. Sie stehen an der Grenze ihrer Existenz. Die kleinen Läden und Manufakturen, die Menschen, die von Veranstaltungen leben, die vielen Künstlerinnen und Künstler und andere Gruppen deren Geschäfte vollkommen weggebrochen sind.

Die Kinder aus den sogenannten bildungsfernen Familien, die eh schon oft abgehängt sind, fallen nun endgültig durch und werden wohl kaum eine Chance haben, Versäumtes aufzuholen oder einen neuen Anschluss zu finden. Viele Lehrerinnen und Lehrer tun ihr Bestes, aber es ist und bleibt schwierig und manchmal auch aussichtslos.

Von dieser Situation sind alle betroffen, Alte und Junge, Lernende und Lehrende, Menschen in allen Berufen und Berufsgruppen, das ganze Land. Ja, auch die Politikerinnen und Politiker, von denen man erwartet, in dieser unbekannten Situation, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch sie sind vielfach einfach nur überfordert. Da hilft auch nicht der scheele Blick auf andere Länder, wo es scheinbar besser läuft oder besser gemacht wird.

Wer schaut eigentlich auf die Menschen in Ländern, die arm sind, die sich nicht Millionen von Impfstoffdosen sichern können? Was ist mit den Ländern, die inzwischen wirtschaftlich und politisch vollkommen am Boden liegen? Was ist mit den anderen Krisenherden dieser Welt, im Jemen, in Myanmar, in Äthiopien und Sudan? Wer fragt nach ihnen?

„Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie! Sagt den verzagten Herzen: ‚Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!‘“ (Jesaja 35,3.4a) Dieses Wort geht mir in dieser Zeit immer wieder durch den Sinn. Dieser Auftrag geht an Menschen, die selber betroffen sind. Gottes Leute sollen, gerade weil sie Betroffene sind, müde Hände stärken, wankende Knie fest machen und verzagte Herzen trösten. Und sie sind glaubhaft, weil sie Betroffene sind.

Mitten in der Krise werden sie aufgefordert, einen Dienst an Menschen zu tun, die ihnen gleich sind und bei denen sie wohnen. Zu Recht könnten sie sagen: „Wir sind doch auch müde geworden, unsere Hände sind schwach, die Knie werden uns weich und unsere Herzen sind verzagt. Wie sollen wir denn helfen?“ Der Prophet gibt den Hinweis: „Seht, da ist euer Gott! Er ist an eurer Seite, er schenkt euch Mut und Perspektive, er richtet euch auf und schenkt euch an jedem Tag in jedem Augenblick Zuversicht, Hoffnung und Glauben. Euch werden selbst Kräfte zuwachsen, wenn ihr dem Auftrag folgt.“

Mitten in der Krise sind wir aufgefordert, mit dem Blick auf Jesus Christus, in der diesjährigen Passionszeit Menschen zu trösten und wir sind glaubhaft, weil wir selbst Betroffene sind, aber wir kennen Jesus Christus, vertrauen ihm, tragen in uns die lebendige Hoffnung und die Zuversicht seines Friedens, den er mit der Welt gemacht hat.

Als Gemeinden erleben wir auch viele Einschränkungen. Das ist oft bitter, aber die werden einmal aufhören. Was bleiben wird sind Menschen in Not. Zu denen sind wir gesandt, finden trostvolle Worte, packen beherzt mit an, geben Stütze und sind barmherzig, wie Gott uns gegenüber barmherzig ist.

Ich habe es versprochen, die gute Botschaft kommt zum Schluss. Das ist sie und sie wird das letzte Wort behalten.

Michael Noss
Präsident