Foto: David Vogt

„Dich schickt der Himmel“: Erste hybride Bundesratstagung

Gottesdienste, Vorträge, Begegnung, Debatten und Entscheidungen

Die erste hybride Bundesratstagung in der Geschichte der BEFG-Bundeskonferenzen begann mit einem dezentralen Eröffnungsabend in fünf Kasseler Gemeinden: Musik, Impulse, Austausch, Gebet – so abwechslungsreich und vielseitig wie die Themen waren auch die Gastgeberinnen sowie die Gestalter und Gestalterinnen der einzelnen Veranstaltungen.

Die Predigt beim Eröffnungsgottesdienst am Himmelfahrtstag hielt Alan Donaldson, seit letztem Jahr Generalsekretär der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF). Ausgehend von Philipper 2,5ff. erläuterte Donaldson, dass die Himmelfahrt Jesu sowohl einen neuen Blick auf die Größe Gottes schenkt als auch auf die Errettung der Menschen. Und er setzte die Himmelfahrt in Zusammenhang mit dem Missionsauftrag der Christinnen und Christen: „Der Himmel sendet Dich heute in die Welt.“ Nach der Predigt wurde die Aktion #DerNächsteBitte vorgestellt, die daran erinnern soll, sich von Gott aussenden zu lassen und nach dem oder der Nächsten zu fragen. Die Kollekte des Gottesdienstes zugunsten der Arbeit der EBF ergab 4.912,80 Euro.

Die Delegierten der Bundesratstagung haben die Aufnahme der Kirche für Frankfurt Nordstern und – vorbehaltlich der Zustimmung des Landesverbands Hessen-Siegerland - der Gemeinde Converge International Fellowship - Darmstadt (International Baptist Convention) in den BEFG beschlossen. „Wir freuen uns, dass Ihr Gemeinschaft mit uns im Bund erleben wollt. Und wir sind dankbar, dass wir im Namen Jesu nun gemeinsam unterwegs sind“, sagte BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba den anwesenden Vertretern der neu aufgenommenen Gemeinden und schenkte ihnen als Zeichen der Verbundenheit ein Abendmahlsgeschirr mit dem BEFG-Logo. Die Albertine Assor Stiftung, die Christliche Sucht-und Wohnungslosenhilfe gGmbH Essen und das Evangelisch-Freikirchliche Förderungswerk Wohnheime gGmbH, das-Evangelisch-Freikirchliche Förderungswerk Service gGmbH und EFA gGmbH wurden als Einrichtungen im Status der Bekenntnisgemeinschaft mit dem BEFG aufgenommen.

Insgesamt verzeichnete der BEFG im Jahr 2021 einen Mitgliederrückgang von 2,5 Prozent, der unter anderem auf eine Zunahme der Austritte aus Gemeinden zurückzuführen ist. Gleichzeitig lässt sich im Vergleich zu den Umbrüchen des ersten Corona-Jahres eine deutliche Zunahme bei den Zugängen beobachten. So gab es 48 Prozent mehr Taufen als 2020.

Als neue Ordinierte Mitarbeiter und Mitarbeiterin des Bundes stellten sich Qorban Sultani sowie Markus und Deike Brodt vor. Alle drei wurden unter den Segen Gottes gestellt.

„Der Krieg in der Ukraine und die Frage nach Frieden: Was sollen wir denken und tun, hoffen und beten?“ – Über diese Frage kamen Anja Bär, Joachim Gnep, Jasmin Jäger und Peter Jörgensen – moderiert von Andrea und Friedrich Schneider – an einem eigens auf der Bühne aufgestellten Küchentisch ins Gespräch. Recht persönlich nahmen sie das Publikum hinein in ihre Biografie und welche Sichtweisen und Einstellungen sie zum Thema Krieg und Frieden im Laufe der Zeit entwickelt und auch geändert haben. Dabei wurde sehr deutlich, dass sich vom Ziel her alle grundsätzlich einig sind und nur über den Weg zum Frieden unterschiedliche Ansichten habe. Ein Gebet mit Bitte um Gottes Erbarmen schloss sich der Gesprächsrunde an.

Ein internationales Team von Mitwirkenden am Donnerstagabend legte den Schwerpunkt beim Jahresthema „Dich schickt der Himmel“ auf die Frage „Wie sieht Dein Himmel aus?“ Der Abend begann mit einem Blick aus dem Weltraum auf die Erde: Der Astrophysiker Dr. Efrain Gatuzz machte deutlich, wie wichtig Gott die Menschen sind, auch wenn der kleine Planet Erde im Vergleich zur Größe des Universums eher unbedeutend ist. Agathe Dziuk, BEFG-Referentin für Diakonie und Gesellschaft, schärfte den Blick dafür, wie in der Gesellschaft Einheimische und Zugezogene einander Himmelsboten werden können. Und schließlich zeigte Mauricio da Silva Carvalho, der „kochende Pastor“, wie man mit gemeinsamem Kochen, Reden und Essen ein Stück Himmel auf Erden schaffen kann. Als Special Guest sorgte Roy Asabre aus Hamburg für die musikalische Gestaltung des Abends.

Beim Konferenzabend „Vitale Gemeinde entwickeln“ am Freitag war die Hauptrednerin Ingeborg te Loo vom Internationalen Baptistischen Theologischen Seminar (IBTS Centre) in Amsterdam, die sich seit 14 Jahren mit dem Thema „Revitalisierung“ beschäftigt. Sie berichtete beispielhaft von Gemeinden, die sich auf Veränderungen eingelassen hatten und sich dadurch erneuern konnten. Auch aus drei Bundesgemeinden kamen Vertreterinnen und Vertreter zu Wort, die von gelungenen Veränderungsprozessen erzählten. Der gesamte Abend wurde nicht nur auf Video festgehalten, Justo Garcia Pulido aus Bonn setzte die Eindrücke im Lauf des Abends auch grafisch um.

Die Delegierten des Bundesrates unterstützten das Vorhaben, Kinderrechte gemäß der UN-Kinderrechtskonvention im Grundgesetz zu verankern. Das Kirchenparlament fordert die Bundesregierung auf, das Thema voranzutreiben. Damit sind die Delegierten der Tagung in Kassel einem Antrag des Gemeindejugendwerks (GJW) gefolgt. Im Plenum war dem Antrag am Himmelfahrtstag eine ganze Stunde gewidmet, in der unterschiedliche Positionen vorgestellt und diskutiert wurden.

Außerdem stimmten die Delegierten dafür, ein Klimakonzept für den Campus in Elstal zu entwickeln, der Klimaneutralität zum Ziel hat. Sie folgten damit dem Vorschlag der Bundesgeschäftsführung. Ausgangspunkt für deren Konzept war ein Antrag des Gemeindejugendwerks. In einer ausführlichen Besprechung des Themas stellte Jasmin Jäger, Leiterin des Arbeitskreises „Evangelium und gesellschaftliche Verantwortung“ und Referentin im Generalsekretariat, den wissenschaftlichen Stand der Klimadebatte vor. Prof. Dr. Oliver Pilnei von der Theologischen Hochschule Elstal beschrieb den Einsatz für Klimagerechtigkeit als Dimension der Frömmigkeit und christlichen Spiritualität.

Prof. Dr. Andrea Klimt, Anna Kramer, Benjamin Tegtmeyer, Steffi Herhaus, Lea Herbert, Anja Bär und Natalie Georgi gestalteten die vier Bibelarbeiten am Freitagvormittag. Die Bibelarbeit am Samstag wurde von Prof. Dr. Uwe Swarat gestaltet.

BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba und BEFG-Präsident Michael Noss appellierten an die Gemeinden, auch über kontorverse Themen miteinander ins Gespräch zu kommen. Dabei wurden unterschiedliche Sichtweisen zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt oder der Umgang mit dem Buch „glauben – lieben – hoffen“ angesprochen. Wichtig sei, dass man trotz unterschiedlicher Erkenntnisse im Gespräch und beieinanderbleibe: „Wir wollen in unserem Bund und in unseren Gemeinden eine Kultur fördern, in der ein angstfreier Raum für ein offenes Miteinander möglich ist“, sagten Michael Noss und Christoph Stiba. Ein guter Gesprächsanlass dafür ist beispielsweise die Artikelserie zur „Rechenschaft vom Glauben“. „Es ist gut, wenn wir über die ‚Rechenschaft vom Glauben‘, über die Grundlagen, die wir gemeinsam als Bundesrat beschlossen haben, nachdenken und sie gegebenenfalls in einem Gesprächsprozess verändern“, so Christoph Stiba. Ergänzend zum im Berichtsheft abgedruckten Bericht gingen Präsident und Generalsekretär punktuell auf einige aktuelle Entwicklungen ein. So hatte es in den Tagen vor der Bundesratstagung die Berichterstattung über schwere Missbrauchsvorwürfe innerhalb der Southern Baptist Convention (SBC) in den USA gegeben. Über 700 Pastoren wird sexualisierter und geistlicher Missbrauch vorgeworfen. „Missbrauch, Vertuschung, Einschüchterung und Diffamierung in einer Kirche muss eindeutig widersprochen werden“, sagte Christoph Stiba. „Deshalb haben wir vor einigen Jahren in unserem Bund eine unabhängige Anlaufstelle für Betroffene von sexualisierte Gewalt im BEFG eingerichtet.“ Stiba und Noss baten darum, diese Anlaufstelle in den Gemeinden noch bekannter zu machen. Auch auf die neuesten Recherchen in Bezug auf das Gesundheitswerk Bethel, bei denen sich erstmals zwei Diakonissen öffentlich über die Missstände im Werk äußern, gingen Stiba und Noss in ihrem Bericht ein. Für die Unterstützung der Diakonissen hat Anne Traub, Gemeindemitglied der EFG Leverkusen, ein Spendenkonto eingerichtet.

In einer vierteiligen Reportage-Reihe berichten Kinder und Jugendliche über ihre Gemeinde-Erfahrungen, Leitungsmitglieder über hilfreiche Angebote, Absolventen über die Theologische Hochschule und Engagierte über deutsch-persische Gemeindearbeit. Diese Berichte aus den Dienstbereichen wurden vor Ort durch einzelne Verantwortliche ausgeführt und ergänzt. Auch das ChristusForum Deutschland, EBM INTERNATIONAL, die Stiftung „Chance zum Leben“, der Oncken Verlag – Blessings4you und die Freikirchen.Bank stellten ihre Arbeit und anstehende Veranstaltungen und Projekte vor. Grußworte erreichten die Gäste und Delegierten der Bundesratstagung von EBF-Generalsekretär Alan Donaldson und Nick Howard und Tim Faulkner, Präsident und Generalsekretär der International Baptist Convention (IBC).  

Das Ergebnis für das zurückliegende Haushaltsjahr 2021 weist nach nennenswerten Rücklagebildungen mit 21.000 Euro ein leichtes Plus auf. Dies erklärte der kaufmännische Geschäftsführer Volker Springer mit coronabedingt deutlich gesunkenen Ausgaben. Hohe Erlöse aus Objektverkäufen aufgelöster Gemeinden haben die Einnahmenseite positiv beeinflusst haben, wurden jedoch den Rücklagen zugeführt mit dem missionarischen Ziel, Gemeindeneugründungen zu fördern. Die rückläufigen Mitgliederzahlen in den Gemeinden haben bereits seit 2020 erkennbare Auswirkungen auf die Bundesbeitragszahlungen. Die Spenden an das Bundesopfer waren 2021 deutlich rückläufig. Dementsprechend schwierig habe sich auch die Planung für den Haushalt 2022 gestaltet. Für das kommende Jahr beschlossen die Delegierten eine Erhöhung der Bundesbeiträge um 1,50 Euro auf dann 74,50 Euro pro Jahr und Mitglied.

Einen Platz auf der Tagesordnung hatte auch die Erinnerung an 30 Jahre Ordination von Frauen im BEFG. In diesem Zusammenhang berichteten die Pastorinnen Dr. Andrea Kallweit-Bensel, Franziska Suhail, Maike Böhl und Sigrid Falk von ihren Erfahrungen.

In den Pausen zwischendurch, bei den Ständen der Ausstellung, in den Lounges am Abend und in den Breakoutrooms im Zoom war zudem viel Zeit, sich zu begegnen, miteinander ins Gespräch zu kommen und so Bundesgemeinschaft im besten Sinne des Wortes zu pflegen.

Einen schönen Abschluss fand die Bundesratstagung mit einem gemeinsamen Online-Bundesgottesdienst am Sonntag, den nicht nur viele Einzelpersonen, sondern auch ganze Gemeinden mitfeierten.

Die nächste Bundesratstagung findet vom 17. bis 20. Mai 2023 in Kassel statt.

Julia Grundmann, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im BEFG

Ausführliche Berichte, Live-Mitschnitte, Videos und Dokumente finden Sie unter: www.befg.de/bundesrat2022

Dort steht auch eine große Auswahl an Bildern unseres Fotografen David Vogt zum Download bereit, die unter Nennung seines Namens für die Berichterstattung vom Bundesrat frei verwendet werden dürfen.