Geschickt leben!

Gedanken zum Jahresthema 2021/22: „Dich schickt der Himmel!“

Der auferstandene Jesus lässt sich durch den selbstgewählten „Lockdown“ der verbliebenen Jünger nicht aufhalten. Er kommt durch die verschlossenen Türen zu den ängstlichen Freunden, die sich mehr als „ungeschickt“ verhalten haben. Jesus kommt aber nicht, um sie darauf festzunageln. Im Gegenteil!

„…so sende ich euch.“
Das erste, was die Jünger vom Auferweckten hören, ist: „Friede sei mit Euch!“ Gleich zweimal! Völlig überraschend sagt Jesus dann etwas, was ihrem Leben eine ganz neue Bestimmung gibt: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“

Diese Worte aus Johannes 20,21 wurden aus unterschiedlichen Gründen zur Grundlage für das neue Jahresthema 2021/22. Zum einen kam der Wunsch, die Sendung durch Jesus zum Thema zu machen, aus dem Dienstbereich Mission. Zum anderen verdichtete sich das Thema auch in einem speziellen Workshop zur Themenfindung und schließlich im Präsidium. Die gemeinsame Motivation dabei ist, den für Christinnen und Christen so zentralen Auftrag wieder neu in den Blick zu nehmen. Dazu passt auch, dass die Europäische Baptistische Föderation (EBF) den geplanten großen Kongress 2021 in Stavanger unter das Thema „Sent 2021!“ (Gesandt 2021!) gestellt hat, der nun pandemiebedingt 2023 unter gleichem Thema stattfinden soll.

Seit über einem Jahr arbeitet ein Kreativkreis daran, wie das Thema „Sendung“ zum Thema werden kann. Wie fängt man so etwas sinnvoll an?

Alles eine Frage der Antwort
Eine erste Idee war: Lasst uns die fragen, die wir mit dem Thema erreichen wollen! Und so haben wir jüngere und ältere Menschen gefragt, Frauen und Männer, Hauptamtliche und Ehrenamtliche, eher bewahrende und sehr innovative Leute, voll Integrierte und eher Distanzierte. In 49 ausführlichen Telefoninterviews ging es dabei sowohl um die grundsätzliche Frage, wie Jahresthemen des Bundes überhaupt ankommen und auch speziell darum, was das Jesuswort auslöst: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“

Die Reaktion auf das Thema Sendung war fast durchgängig sehr positiv. Für viele haben die Worte aus Johannes 20,21 einen hohen persönlichen Stellenwert. Das schlägt sich in Antworten nieder wie: „Für mich ist das, was Jesus sagt, eine großartige Entlastung: ich bin gesandt! Ich kann mich daran festhalten, wenn es schwierig wird.“ Anderen macht die Aussage Lust, sich aus den Kirchen raus zu bewegen, Neues zu wagen, viel mehr zu experimentieren.

Die Verortung der Sendung in der konkreten Gemeindesituation wird dagegen überwiegend als (sehr) defizitär angesehen. Die Gründe dafür scheinen ziemlich unterschiedlich zu sein. Jemand sagte sinngemäß: „Mission ist bei uns ein Frustthema. Alle wissen, es ist nötig, aber so recht weiß niemand, wie.“ Eine ähnliche Reaktion: „Evangelisieren ja, aber die heimelige Gemeinde steht im Vordergrund. Es ist wie: Ich muss raus, aber es regnet gerade …“

Auf individueller Ebene scheinen sehr viele mit dem eigenen (Familien-)Leben sehr beschäftigt und ausgelastet zu sein. Ähnliches gilt oft auch im Gemeindeleben.

Auffällig ist, dass Mission bei vielen kein gutes Image hat. Besonders die Praxis in der – oft fernen – Vergangenheit wird von vielen als abschreckend und belastend erlebt. Vielfach wurde außerdem betont: „Bloß keine Kampagne von oben!“

Bei aller Müdigkeit im Blick auf Konzepte und Strategien zeigten viele Befragte eine große Offenheit, sich mit dem Thema Sendung zu beschäftigen. Die Variante des Missionsauftrages aus Johannes 20,21 könnte dabei sehr hilfreich sein und manche Blockaden lösen: Wie hat Jesus eigentlich seine Sendung gelebt? Welche verschiedenen Aspekte von der Sendung durch den Vater gibt es in seinem Leben zu entdecken – und aufzunehmen?

Persönlich, alltagsrelevant, dialogisch, klein und konkret
Sehr ausgeprägt wurde der Wunsch geäußert, das Jahresthema im Bund vor allem im Gespräch und weniger durch große Konzepte und Strategien zu entfalten. Viele haben Lust, gemeinsam auf Spurensuche zu gehen, wie die Sendung heute gelebt werden kann. Als Wunsch, wie das Thema zum Thema gemacht werden sollte, wurden Stichworte genannt wie: inspiriert werden, alte Pfade verlassen, Neugier wecken, Mission neu denken und wagen.

Auf diesem Hintergrund hat sich der Kreativkreis, in dem auch das ChristusForum vertreten ist, darauf verständigt, neue Wege zu gehen. Nicht nur durch die pandemiebedingte Absage der Bundeskonferenz in Kassel soll das Jahresthema auch auf digitalem Wege und auf vielfältige Weise „einsickern“.

Den Auftakt bildete „AmPuls 2021 online“, wo u.a. durch die Bibelarbeit von Torsten Hebel eine persönliche Zuspitzung von „Dich schickt der Himmel!“ viele der 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht hat. Ganz anders aber ebenso berührend wurde der Vortrag von Alia Abboud aus dem Libanon erlebt: „Die vielen Herausforderungen und Katastrophen sind für uns eine Gelegenheit zum Dienen.“

Seit Januar wird monatlich ein neuer Podcast unter dem Titel „Geschickt. Der Sendung auf der Spur“ veröffentlicht. Darin vermitteln ganz unterschiedliche Menschen einen sehr persönlichen und biographischen Einblick, wie sie die Sendung durch Jesus leben. Wer zuhört, beschäftigt sich schnell auch mit der Frage: „Wofür stehe ich eigentlich? Was ist die Botschaft meines Lebens?“

Ein weiteres, ebenfalls digitales Angebot, ist das „Zukunftscafé“ zum Jahresthema, bei dem viele Gastgeber/-innen am 4. Juni zum Gespräch einladen. Es soll sehr dialogisch gestaltet werden und Raum geben, offen und ehrlich über alles zu sprechen, was uns als Einzelne und in den Gemeinden zum Thema beschäftigt. Und auch der Online-Bundesgottesdienst am 6. Juni, zu dem alle herzlich eingeladen sind, dreht sich um das Jahresthema.
Für 2022 ist geplant, einen Jahreskalender und inspirierendes Material zu „Dich schickt der Himmel!“ herauszugeben.

Wozu das Ganze? Es wäre großartig, wenn die Sendung durch Jesus ein ganz normales und inspirierendes Gesprächsthema in unseren Gemeinden ist. Wenn viele Christ/-innen dadurch ermutigt werden und Rückenwind bekommen, dass Jesus sie schickt. Und wenn das, was sie tun und was sie sagen, viele Menschen um sie herum aufatmen lässt: „Dich schickt der Himmel!“

Joachim Gnep

Erschienen in Die Gemeinde, Ausgabe 10 vom 16. Mai 2021