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Gerechter Frieden als Lebenshaltung

Fernando Enns über den Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

Gerechter Frieden sollte eine Lebenshaltung von Christinnen und Christen sein. Dafür plädierte der Mennonit und Friedenstheologe Fernando Enns bei seinem Vortrag „Gefährdeter Frieden – tragfähige Perspektiven: Inspiriert leben als Friedensstifter“ am 30. Mai auf der Bundesratstagung in Kassel.

Fernando Enns stellte den ökumenischen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens vor, eine Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen, weil dieser ihn zurzeit persönlich sehr inspiriere. Friede habe für ihn, so Enns, immer eine politische Bedeutung und sei für ihn als Theologe und gläubiger Christ auch Verheißung und Zuspruch. Zudem könne Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nicht einzeln gedacht und gelebt werden. Diese „Trias werden wir nicht mehr auseinanderreißen“, sagte Enns. „Außer die Waffen zum Schweigen zu bringen“, so zitierte Enns den Ökumenischen Aufruf zum Gerechten Frieden“, gehöre zum gerechten Frieden auch „soziale Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Sicherheit für alle Menschen inklusive der Schöpfung.“ Wichtig sei es auch, im Frieden mit sich selbst zu sein.

Der Universitätsprofessor betonte, dass das Friedensuchen kein Ziel, sondern ein fortwährender Prozess sei, der aus der Inspiration lebt. Gerechter Frieden sei spirituell identitätsstiftend: „Wir lassen uns verwandeln durch Gebet und durch unser Handeln im Gebet.“ Und er fügte hinzu: „Wenn wir selbst verwandelt werden, können wir selbst zu Verwandlung führen.“ Fernando Enns lud dazu ein, den Pilgerweg zu gehen. Denn „Frieden beginnt vielleicht mit beten und gehen“. Auf dem Pilgerweg setze man sich verschiedenen Stationen aus, um von diesen zu lernen und inspiriert weiterzugehen. Er selber habe diese inspirierende Erfahrung beispielsweise im Niemandsland zwischen Thailand und Myanmar gemacht, wo tausende von Menschen schon jahrelang auf engstem Raum in Flüchtlingslagern zusammenleben. Diese seien staatenlos, hätten noch nicht einmal einen Flüchtlingsstatus und dürften die Region nicht verlassen. Diese Menschen, sagte Enns, würden ihr Leben selber organisieren: „Sie verwandeln ihre Situation, weil sie glauben, dass Gott auch in ihrer Situation, in ihrem Flüchtlingslager gegenwärtig ist. Man muss staunen über diesen Glauben, aber er steckt an.“ So gäbe es Schulunterricht für die Kinder und die Möglichkeit zu Studium und Ausbildung für die Heranwachsenden, obwohl deren Abschlüsse nirgendwo anders anerkannt werden würden. Doch diese Menschen wüssten: „Frieden und Gerechtigkeit ist auch für uns da, auch wenn die Welt uns vergisst. Gott hat uns nicht vergessen.“

Ein Artikel von Julia Grundmann