Leben im Krisenmodus

„Kleine freundliche Räume“ im Libanon

Der Libanon hat mit großen Herausforderungen und Krisen zu kämpfen: Die zweithöchste Inflationsrate weltweit, eine Wirtschaftskrise, die laut World Food Programme (WFP) weltweit zu den drei schwersten Wirtschaftskrisen der letzten 200 Jahre gehört und die nach Covid-19 immer mehr um sich greifende Cholera sind nur ein Ausschnitt davon. Lebten noch 2019 ungefähr 42 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, sind es in 2022 82 Prozent. Von den dramatischen Auswirkungen dieser Entwicklungen konnte sich Pastor Frank Wegen jetzt bei einem Besuch im Land überzeugen. Im Rahmen dieses Besuches hat er mehrere Projekte besucht, die von den baptistischen Partnern vor Ort durchgeführt werden und die German Baptist Aid (GBAid) mit den Spenden aus den Gemeinden und von Einzelpersonen in Deutschland unterstützt.

In der Bekaa-Ebene nahe der syrischen Grenze leben seit Jahren viele syrische Flüchtlinge in sehr prekären Verhältnissen, oft in Zelten, die aus Sperrmüll zusammengebaut wurden. Gerade in diesen Tagen wird angesichts des herannahenden Winters, der in der Region auch Schnee und Kälte mit sich bringen kann, wieder ein Winter-Nothilfeprogramm aufgelegt. Menschen werden – hier und auch in anderen Teilen des Landes – mit Decken, Matratzen, Zeltplanen, aber auch Jacken, Mützen und Schals und Brennstoff von den baptistischen Teams versorgt.

Darüber hinaus gibt es aber auch ein Ganzjahresprojekt: Little Friendly Space (übersetzt: kleiner freundlicher Raum) ist eine einfache Behelfsunterkunft. Kinder von zwei bis Jahren haben dort einen sicheren Zufluchtsort, um sich in einer freundlichen und wertschätzenden Atmosphäre aufhalten und spielen zu können, aber auch altersgemäß auf spielerische Art und Weise schon Lerninhalte vermittelt zu bekommen. Mit Liedern werden Zahlen oder Farben gelernt. In einem kleinen Beet werden sogar Kräuter angebaut. Für die Mütter gibt es Workshops, vor allem zu Fragen der Kindesentwicklung.

Hinter der Einrichtung steht die Baptistengemeinde am Ort, die in ihrem Gemeindezentrum ein weiteres Projekt für Kinder ab sechs Jahren auf die Beine gestellt hat. Wer im Little Friendly Space die Altersgrenze erreicht hat, hat die Möglichkeit, dann in das Projekt im Gemeindezentrum integriert zu werden. Jamila (Name geändert), eine Mutter von neun Kindern berichtet: „Mein Mann hat keine Arbeit und wir sind kaum in der Lage, für das tägliche Brot zu sorgen. Manchmal stehen wir drei, vier Stunden an, manchmal bekommen wir gar nichts. Unser Zelt besteht aus zwei kleinen Räumen und einer Küche. Meine zwei Kleinen besuchen den Little Friendly Space. Das hat unser Leben so verändert! Sie haben gelernt zu duschen und wie man miteinander umgeht, ohne sich zu prügeln. Wir sind so dankbar für diese Möglichkeit.“

Aktuell unterstützt German Baptist Aid in dieser Region das Projekt Little Friendly Space sowie die Winternothilfe. Weitere Projekte werden im Großraum Beirut unterstützt und in Kooperation mit den libanesischen Partnern auch humanitäre Hilfe in Syrien und im Irak.

Ein Artikel von Frank Wegen