Unterwegs auf den Spuren der Täufer des 16. Jahrhunderts

Ein Radpilgerweg in der Mitte Deutschlands

Eine 20köpfige Gruppe aus Mennoniten und Baptisten hat sich im August 2022 auf den Weg gemacht, um mehr über die Täufer des 16. Jahrhunderts zu „erfahren“ – überwiegend mit dem Fahrrad, aber auch zu Fuß oder mit dem Bus. Dabei standen die Biographien unterschiedlicher Täufer und Täuferinnen im Mittelpunkt, die die erstaunliche Vielfalt des mitteldeutschen Täufertums repräsentieren. Eingeladen hatte der Mennonitische Geschichtsverein, der zusammen mit anderen Akteuren die Erinnerung an die Täuferbewegung der Reformation wachhalten und pflegen will – gerade auch im Hinblick auf die erste Glaubenstaufe, die sich im Jahr 2025 zum 500. Mal jährt.

In Eisenach lernte die Gruppe Fritz Erbe kennen, einen Täufer, der zwischen 1533 und 1548 im Storchenturm und auf der Wartburg gefangen gehalten wurde. Der Grund: Er hatte sein Kind nicht zur Taufe gebracht. Nächste Station des Radpilgerwegs war Reinhardsbrunn bei Gotha, wo 1530 sechs Frauen und Männer hingerichtet worden waren. Sie waren die ersten Täufer, die unter einer lutherischen Regierung umgebracht wurden. Besonders berührte das Schicksal von Barbara Unger, die nach ihrer Taufe zusammen mit ihrem Mann untertauchte, um sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen, und ihre vier Kinder zurückließ. Am Spirituellen Zentrum in Reinhardsbrunn empfing Pfarrer Christfried Bölter die Pilger und berichtete von den Plänen, am Hinrichtungsort, dem Igelsteich, einen Gedenkort zu schaffen. Die Gruppe wanderte von Reinhardsbrunn zum Igelsteich und legte dort Steine mit den Namen der Hingerichteten ab.

In Erfurt setzte sich die Radpilgergruppe mit den apokalyptischen und mystischen Strömungen des mitteldeutschen Täufertums auseinander, hatte doch in Erfurt 1527 eine Gruppe um den Kürschner Hans Römer versucht, die Herrschaft in der Stadt durch einen gewaltsamen Umsturz an sich zu reißen.

Von Erfurt aus unternahm die Gruppe einen Ausflug ins Saaletal. Dort besuchte sie das Karlstadt-Museum in Orlamünde, das an den Reformator Andreas Bodenstein von Karlstadt erinnert. Er gilt als einer der „Väter“ des Täufertums im Saaletal südlich von Jena. Nächste Station war Kleineutersdorf, wo an Hans Peißker erinnert wird, in dessen Mühle täuferische Versammlungen stattfanden. Im November 1535 wurde dort eine 16köpfige Täufergruppe verhaftet und von Philipp Melanchthon verhört. Die Pilgergruppe ließ sich auf der Leuchtenburg die Verliese zeigen, in denen die Täufer gefangen gehalten wurden. Drei Männer aus dieser Gruppe, nämlich Hans Peißker, Jobst Möller und Heinz Kraut, wurden 1536 am Ufer der Saale bei Jena hingerichtet. Und auch dort wurden Steine mit den Namen der Hingerichteten zum Gedenken abgelegt. Die Gruppe hofft, dass am Saaleufer bald ein dauerhafter Erinnerungsort geschaffen werden kann.

„Es hat uns sehr bewegt, dass Menschen für ihren Glauben den Tod in Kauf genommen haben“, sagte Astrid von Schlachta, die Vorsitzende des Mennonitischen Geschichtsvereins. Demnächst wird eine Broschüre erscheinen, die über die Biographien der hingerichteten mitteldeutschen Täuferinnen und Täufer informiert. Die Broschüre, die beim Mennonitischen Geschichtsverein bestellt werden kann, wird auch Hinweise geben, wie die einzelnen Stationen aufgesucht werden können.

Ein Artikel von Mennonitischer Geschichtsverein e. V.