Treffen des MS-Netzwerkes 20.-22. Oktober 2017

Gut von mir denken – gern mit mir leben

Ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln ist nicht einfach. Schon gar nicht mit einer chronischen Erkrankung, die einschränkende Behinderungen mit sich bringt. Alltäglich bekommt das Selbstwertgefühl durch die MS und ihre Auswirkungen einen Knacks. Wie oft wird im eigenen Empfinden Ohnmacht und Ausgeliefertsein an eine unberechenbare Krankheit deutlich. So stieß dieses Thema, worauf ich meinen Selbstwert beziehe, was mich zu innerer Stärke führt und ob der Glaube dabei helfen kann, auf großes Interesse bei den 82 Teilnehmern des Christlichen MS-Netzwerkes, die sich vom 20. bis 22. Oktober 2017 im Dünenhof in Cuxhaven getroffen haben.

Auf kreative, kompetente, einfühlsame, offene Weise setzten Uschi und Michael Borkowski als Referenten wertvolle Impulse und forderten heraus, an dem eigenen Selbstwertgefühl zu arbeiten. Schnell gelang es ihnen, klar zu machen, dass jeder von uns besonders ist. Sie regten an, den eigenen Wert zu entdecken, Selbstwerträuber auszumachen, diese Muster zu durchbrechen und stattdessen die Selbstwertspender zu stärken.

Wie oft leben wir nach Regeln und Formen, die nicht unserem Leben dienen? Die vielleicht für andere hilfreich sind oder vor 20 Jahren aktuell in meiner Lebensphase waren, aber heute nicht mehr passen. Der Antreiber, Kontrolleur, oder Perfektionist sind andere innere Kritiker, die das Selbstwertgefühl schwächen können. Dann gilt es bewußt, sich in dieser Schwachheit und Zerschlagenheit zu achten und zu lieben. Gut von sich zu denken, sich selbst liebevoll zu begegnen mit all den Sehnsüchten und Wünschen, die da sind. Für sich selbst zu sorgen und nicht auf den Prinzen zu warten. Sich dem anderen zuzumuten, so wie man ist, und dabei von Kindern zu lernen, die das selbstverständlich tun. Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen kann ich besonders aufbauen, wenn ich mich geliebt weiß. Durch Gottes unendliche Liebe können und dürfen wir uns selber lieben und annehmen. Wir sind Königskinder, Söhne und Töchter des großen, treuen und gütigen Gottes. Jesus Christus, der alles für uns gegeben hat, möchte uns als Freund begleiten und zur Seite stehen. Gerade in den tiefsten Tiefen des Lebens, in der eigenen Dunkelheit, ist er zu finden. Beim Hinabsteigen in die eigene Realität kommen wir Gott näher, weil er schon da ist, und steigen zu ihm auf (Anselm Grün). Gibt es eine größere Stärkung und Ermutigung für unser Leben und unseren Selbstwert?

Mit Gott das Leben bewußt zu teilen mit allen Sorgen und Nöten, ihn damit auch in die Verantwortung  zu nehmen („Gott, es ist auch deine Erkrankung!“) befreit und führt zu wertvollem Leben. Das lernten wir aus der Begegnung der phönizischen Frau mit Jesus (Markus 7, 24 – 30), die nicht locker ließ. Zu solch einem Mutanfall im Glauben ermutigte uns Michael Borkowski in seiner Predigt. Denn die Begebenheit zeigt die gute Nachricht, dass Gott sich durch unser Bitten, Rufen, Seufzen verändern läßt. Auf uns eingeht. Weil er ein weiches, liebendes Herz hat. Diese tiefe, wohltuende Gottesbegegnung wurde im abschließenden Gottesdienst so besonders erlebbar. Auch in der Feier des Abendmahls und in dem Angebot zur Segnung und Salbung mit Öl, das von vielen dankbar angenommen wurde und den Wochenspruch aus Jeremia 17 ganz praktisch verdeutlichte: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Diesem Heiland konnten wir uns weiter anbefehlen.

Das Wochenende war ein großes Geschenk! In den Begegnungen, im Austauschen, im Lachen und Genießen des Essens, bei der Morgengymnastik oder im Schwimmbad, im Beten und Singen, in der Gemeinschaft mit Gott, die wir gespürt haben, die uns zu neuer innerer Stärke verholfen hat, in der wir auftanken konnten. Es gibt für Gott nichts Schöneres, wenn wir durch seine Liebe sagen und antworten können: „Ja, ich liebe und achte mich auch – auch in meiner Erkrankung!“. Und wenn wir aus dieser Stärke leben.

So nahm jeder Teilnehmer am Ende seinen goldenen „Bundesschatzbrief“ mit nach Hause  mit den eigenen stärkenden und schwächenden Faktoren, die man in diesen Tagen erkannt hatte, und gefüllt mit Gottes Liebe, die uns in einem Bild der Künstlerin Beate Heinen zugesichert wird. Ein risikofester Schatz, der ewig Bestand hat!

Dr. Andrea Wiedner