Impulstag Mission: Miteinander reden statt auf Programme setzen

Am wichtigsten: Pastoren müssen Vertrauen gewinnen

Pastoren sollten nicht auf neue Programm oder Strategien setzen, um ihre Gemeinden zu verändern, sondern vor allem das Vertrauen der Gemeindemitglieder gewinnen. Denn die Mehrheit der Gemeindemitglieder wünscht keine Veränderung. Davon ist der kanadische Gemeindeberater und Autor Alan Roxburgh (Vancouver) überzeugt. Wie er bei der „Impulstagung Mission“ des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden vom 21. bis 23. Januar in Schmitten-Dorfweil (Taunus) sagte, könne das am besten gelingen, wenn Pastoren das täten, weshalb sie von der Gemeinde angestellt worden seien: „Wir sollen gut predigen und die Leute besuchen.“ Das Treffen mit 75 Teilnehmern stand unter dem Motto „Mit Gott in der Nachbarschaft“.

Nach den Worten von Roxburgh sollten Gemeindepastoren ihren Dienst ähnlich wie eine Hebamme oder ein Gärtner verstehen. So wie ein Kind letztlich von alleine auf die Welt komme und Pflanzen von allein wachsen würden, sollten geistliche Leiter auch nur begleitend tätig sein, um zu schauen, „was Gott hervorbringen kann“. Kritik übte Roxburgh an einer Gemeindekultur, in der fast alles von den hauptamtlichen Mitarbeitern abhänge. Nötiger sei es, die Gemeindemitglieder zu schulen und für den Bau des Reiches Gottes zu gewinnen. Entscheidend sei dabei die Gesprächskultur in einer Gemeinde, meinte Roxburgh. Man müsse es wieder neu lernen, in einem Raum des Vertrauens normale menschliche Gespräche zu führen und sich dabei gegenseitig wertzuschätzen. Man könne sich etwa gegenseitig fragen, wo im Gemeindeleben man sich persönlich am wohlsten gefühlt habe oder was einem Hoffnung gemacht habe. Dabei werde deutlich, wo Gott bereits an den Menschen gearbeitet habe. Diese Gespräche zeigten dann auch, wo die Gemeindemitglieder selbst aktiv werden könnten, um das Gemeindeleben zu verbessern.

Roxburgh ist davon überzeugt, dass in solchen Gesprächen auch „der Geist Gottes zu den Leuten spricht“. Der Kanadier regte an, in solchen Gruppen gemeinsam die Bibel zu lesen. Dann würde man erleben, dass der Heilige Geist durch den Bibeltext wie auch durch die anderen Teilnehmer spreche. Pastoren mit ihrer akademischen theologischen Ausbildung dürften solche Treffen nicht dominieren oder kontrollieren: „Dadurch haben wir in der Vergangenheit die Reformation rückgängig gemacht.“ Immer wieder habe er es erlebt, dass in den Gesprächen Ideen entstanden seien, wie das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinde und der Nachbarschaft verbessert werden könne. Allerdings sei es ein Fehler, wenn daraus Programme oder Konzepte entwickelt würden. Roxburgh empfahl stattdessen, „Experimente“ zu wagen. „Wir können so testen und sehen und herausfinden, was Gott vorhat.“ Scheitern sei dann nicht schlimm, weil Experimente immer auch schief gehen könnten. Doch immer wieder habe er es erlebt, dass Christen auf diese Weise sensibel für die Menschen in ihrer Nachbarschaft würden, sie einlüden, sich mit ihren Problemen verfassten und ihnen in ihren Problemen geholfen hätten. Fast nebenbei und unbemerkt hätten sich die Nachbarn dabei bekehrt.

In der Aussprache räumte Roxburgh ein, dass sein Gesprächmodell im Widerspruch zu anderen aus den USA stammenden Gemeindekonzepten stehe, die von der Notwendigkeit von „Exzellenz“ ausgingen und den Pastoren Kontroll- und Leitungsaufgaben zuschrieben. Diese seien eine Lüge und ständen im Gegensatz zum christlichen Menschenbild. Christen benötigen keinen Leiter, der über ihnen stehe. Wer in die Bibel schaue, werde entdecken, dass Gott sein Reich nicht mit den Besten und Klügsten gebaut habe, sondern mit einfachen und vielfach gescheiterten Menschen.

Ein Artikel von Klaus Rösler