Vorwort Bund aktuell Nr. 1 | 11. Januar 2024

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Dein Reich komme! gerecht anders leben“ lautet das Jahresthema unseres Bundes für 2024 und 2025. Ich möchte Euch und Eure Gemeinden einladen, an diesem Jahresthema mitzudenken und mitzumachen. Heute also mal nicht die Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, zu der Ihr in den letzten Tagen wahrscheinlich schon sehr viele gute und ermutigende Gedanken wahrnehmen konntet. Obwohl… vielleicht haben das Reich Gottes und die Jahreslosung ja auch eine Menge miteinander zu tun?!

„Dein Reich komme! gerecht anders leben“ – es geht darum, Gottes Reich aktiv mitzugestalten. Wir „machen“ es ja nicht. Wir „bauen“ Gottes Reich nicht. Es ist ja irgendwie schon da, mit Jesus vor 2.000 Jahren in dieser Welt angebrochen. Aber auf der anderen Seite auch noch nicht so ganz, die Welt ist ja nicht eins zu eins wie das Reich Gottes. Auch nicht die Kirche, auch nicht unsere Gemeinden. Obwohl… ich finde, manche Gemeinden kommen dem Reich Gottes manchmal auch schon recht nahe…

Gott baut sein Reich und lädt Menschen ein, daran mitzuwirken. Seit Jahrtausenden. Jesus sagt: „Gottes Reich ist mitten unter Euch!” Durch sein Handeln ist es damals angebrochen: „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt“ (Matthäus 11,5). Am Handeln Jesu können wir lernen, wie das Reich Gottes ist. Gleichzeitig übersteigen Gottes Wege das menschliche Denken und sind oft so anders, als wir uns vorstellen können. Gottes Reich ereignet sich, wo wir es nicht für möglich halten. Damals zur Zeit Jesu war es in Kapernaum, in Galiläa, in den Häusern von Zöllnern und Pharisäern. Bei den Kranken und bei den Verzweifelten. Nicht in Rom, nicht im Königspalast, nicht dort, wo die Mächtigen und Weisen waren. „Dein Reich komme“, lehrt Jesus seine Jünger im Vaterunser zu beten, als er schon mitten unter ihnen war. Gott baut sein Reich – inmitten dieser Welt. Er hat Jesus von den Toten auferweckt. Damit ist das Reich Gottes schon jetzt hier und da auf der Erde erfahrbar. Und doch ist das auch nicht so ganz ungebrochen unsere Wirklichkeit, wenn wir ehrlich sind. Wo erleben wir Reich Gottes angesichts der vielfältigen Krisen, in denen wir leben, auch als Kirchen und einzelne Gemeinden? Welche Pläne und Maßstäbe hat Gott für unser Leben und für das Miteinander der Menschen? Wie sieht die Hoffnung von seinem Reich für uns aus? Was ist unsere Aufgabe beim Werden dieses Reiches? Auf diese Spurensuche begeben wir uns als Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in den Jahren 2024 und 2025.

Ausgangspunkt für das Bundesthema sind die Seligpreisungen aus der Bergpredigt (Matthäus 5,1-12). Als „selig“ bezeichnet werden darin Menschen, deren Umstände nicht erstrebenswert erscheinen oder deren Verhalten als schwach gilt. Die geistlich Armen, die Leidtragenden, die Sanftmütigen, die Friedfertigen, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten. Die Seligpreisungen stellen das menschliche Denken auf den Kopf, wenn Jesus diese Menschen selig, also glücklich nennt. Sie fordern heraus und geben Einblick in Gottes andere Welt, den Himmel auf Erden, sein Reich. Sie inspirieren dazu, Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit neu zu verstehen und zu leben. Sie sind Ausdruck von Gottes Maßstäben, sie sind anders und doch lebensnah. Wie die ganze Bergpredigt, die im Zentrum der Verkündigung Jesu steht, sind die Seligpreisungen Zuspruch und formulieren zugleich einen Anspruch: gerecht anders leben.

Ich finde das Jahresthema total spannend. Und relevant für jede Gemeinde in unserer aufgewühlten, ungerechten und friedarmen Zeit. Weil wir Teil dieser Welt sind, in der Reich Gottes sichtbar wird, sich verwirklicht. Ausbreitet? Größer wird oder sichtbarer? Was tun wir dafür? Beten „Dein Reich komme“? Das wäre ja schon einmal etwas. Das sollten wir auf jeden Fall tun – und dem auch Taten folgen lassen!

Und vielleicht ist dieses Jahresthema dann doch auch gar nicht so weit weg von der Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“. Denn das Reich Gottes wird doch dort sichtbar, wo der grundlegende Wesenszug Gottes für Menschen wahrnehmbar ist: Die Liebe. Denn Gott ist die Liebe. Und es kann ja doch gar nicht anders sein, als dass Gottes Reich dort kommt, wo alles, was wir tun, in Liebe geschieht. Wer könnte denn bestreiten, dass jedes gerechte und friedliche Zusammenleben von Menschen auf der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung und Zuwendung basiert? Gerechtigkeit, gerechter Frieden, das kann doch nur dort sein, wo die Liebe regiert. Wo Gott regiert. Wo Jesus im Herzen von Menschen zu Hause ist und sein Geist einen Menschen erfüllt und treibt. Möge doch alles, was in diesem Jahr geschieht, in Liebe geschehen! Das wäre doch der Himmel auf Erden!

Können wir das erwarten? Die Jahreslosung – genau wie unser Jahresthema, dem wir uns als Bundesgemeinschaft versuchen zu stellen – ist konkrete Bitte und Aufforderung. Und jeder weiß, dass Aufforderungen alleine nicht dazu führen, dass wir uns bewegen. Dass wir „umkehren“, ist im wahrsten Sinne des Wortes not-wendig. Dass wir zu Gott beten „Dein Reich komme“ und zugleich ihm unser Herz öffnen und beten „O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei mir ein; verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.“

Ich bin sicher, so kann es gelingen. Nicht immer, nicht überall, aber doch hier und da wird Gottes Reich sichtbar, weil seine Liebe erfahrbar wird. Vielleicht eben sogar auch durch Dich und mich.

In diesem Sinne gebe Gott Gnade und segne Euch persönlich, Eure Gemeinden, unsere Bundesgemeinschaft in diesem neuen Jahr des Herrn 2024!

Christoph Stiba
Generalsekretär