Gerda-Henkel-Stiftung fördert Täuferforschung in Elstal

"An die treuen Brüder im Herrn Jesus Christus der Gemeinde in Mähren", beginnt ein vergilbter Brief von 1561 im Staatsarchiv Venedig. Ausgerechnet dort liegen Hunderte von Dokumenten zur Geschichte der Täufergemeinden im Südosten der heutigen Tschechischen Republik. Italienische Täufer, die in das tolerante Mähren geflohen waren, wurden bei dem Versuch,ihre Familien nachzuholen, verhaftet und verhört. Wer nicht widerrief, wurde hingerichtet. Die Aussagen über die Zustände im "Ketzerland" Mähren sind von der Inquisition genau protokolliert worden.
Mit der Auswertung der Bestände in Venedig und einem Forschungsaufenthalt in Breslau wurde im Frühjahr 2009 eine Materialsammlung zur Geschichte der Täuferbewegungen in Mähren, Schlesien, Böhmen und Oberungarn von 1526 bis 1564 abgeschlossen. Seit 1997 sind über hundertmittel- und osteuropäische Archive besucht und dabei über 2000 Dokumente in deutscher, tschechischer, lateinischer unditalienischer Sprache verfilmt worden. Finanziell gefördert von der Gerda Henkel Stiftung soll bis 2011 die Edition der Texte abgeschlossen werden. Neben vier Studierenden des Theologischen Seminars, die erfolgreich einen Paläographie-Kurs absolviert haben, arbeiten eine tschechische und eine italienische Wissenschaftlerin an den Transkriptionen mit. Projektleiter Martin Rothkegel ist Mitglied der "Täuferaktenkommission", die seit 1919 Quellen zur Geschichte des Täufertums herausgibt.

Ein Artikel von Simon Werner