Foto: David Vogt

Vielfalt aushalten und einander dabei lieb haben

Michael Diener hält Eröffnungsrede auf dem Bundesrat in Kassel

„Gott will Bunte Gemeinde“ – das sagte Michael Diener beim Eröffnungsabend der BEFG-Bundeskonferenz am 4. Mai in Kassel, die unter dem Motto „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus im Anderen“ steht. „Gott liebt die Pluralität, nicht die Einfalt“, betonte der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz und Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes. Da Vielfalt jedoch immer auch herausfordernd sei, müsse sie in Gemeinden in einem transparenten Prozess gemeinsam errungen werden, so das EKD-Ratsmitglied.

Von der Vielfalt in der Schöpfung bis zur Erlösung, die Menschen aus allen Völkern einschließe, finde sich Buntheit als „Programm“ Gottes wieder, sagte Diener. „Wenn Gott so vielfältig ist, dann dürfen und sollen auch wir bunt sein.“ Die Fülle, die in Christus wohne, könne nicht in einem Menschen ausgeschöpft werden. Wer sich auf den anderen einlasse und im Gespräch die Haltung einnehme, dass der andere ihm etwas zu sagen habe, der könne „staunen über den anderen Christus im anderen“.

Bunte Gemeinde sei auch immer herausfordernd, sagte der 53-Jährige. „Wer eine Vielfalt von Personen will, erntet auch eine Vielfalt von Meinungen und Formen.“ Damit Bunte Gemeinde gelingen könne, sei es wichtig, sich auf das Gemeinsame zu besinnen. Wenn Christen sich auf ihren gemeinsamen Grund im Erlösungswerk Jesu konzentrierten, könnten sie auch Unterschiede aushalten und offen diskutieren. „Der Weg zur Buntheit führt über die Liebe, aber nicht zur Beliebigkeit“, betonte Diener.

Persönlich erlebe er die Verbundenheit bei aller Verschiedenheit in seiner Freundschaft mit BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba. „Wir können zusammen sitzen und gemeinsam arbeiten, obwohl ich weiß, dass du Kinder, die ich taufe, später unter Umständen noch einmal taufst“, sagte Diener. „Im Leib Christi halten wir Vielfalt aus und haben uns dabei lieb.“

Christen mangle es oft an Ambiguitätstoleranz, merkte der Theologe kritisch an. Die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen, sei jedoch wichtig. Die Befürchtung, dem Zeitgeist zu folgen und unbiblische Irrlehren zuzulassen, hätte zwar ihre Berechtigung. Gott selbst aber habe Zeit und Veränderung geschaffen. „Manchmal denken wir, wir hätten das Ding an sich gefunden. Aber wir leben unter dem Gesetz der Subjektivität, und Gott hat das so gewollt.“ Manches, was zu seiner Zeit für absolut und richtig gehalten worden sei, habe sich im Rückblick als nicht richtig herausgestellt, bemerkte Diener mit Blick auf die veränderte Rolle von Frauen in Gemeinden und den einst tolerierten Sklavenhandel. Erst am Ende der Zeit würde das ganze Bild offenbar werden, sagte Diener mit Hinweis auf 1. Korinther 13. Deshalb sei es gut, wenn „Bewahrer“ und „Aufbrecher“ in den Gemeinden zusammen arbeiteten.

Vielfalt sei möglich, wenn Christen einander sähen und dienten. „Der Weg zu bunt führt über Christus für mich und Christus in mir für den anderen“, so Diener. „Gott hat kein gerade gezogenes Rosenbeet, sondern eine Frühlingswiese.“ Wenn Christus die Mitte sei, könnten Christen in ihrer Vielfalt beieinander sein, schloss Diener seinen Vortrag. „Lasst uns auf diesem Weg gemeinsam unterwegs sein. Ich glaube, es ist ein verheißungsvoller Weg, auf dem der Segen Gottes liegt.“

Ein Artikel von Jenny Jörgensen