Vorwort Bund aktuell Nr. 4 | 1. April 2021

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ich möchte heute mit einer guten Nachricht beginnen: Ostern findet statt! Es gab ja einige Verunsicherung in den letzten Tagen, ob und wie lange es in Deutschland eine „Osterruhe“ geben sollte, die mit der Bitte verbunden gewesen wäre, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Aber nun ist es klar, die Ostergottesdienste der Kirchen können stattfinden, nicht nur virtuell, sondern auch vor Ort in den Gemeindehäusern unter Beachtung der jeweils gültigen Regeln. Aber ehrlich gesagt, dass Ostern auch in diesem Jahr stattfindet, ist keine große Überraschung. Es stand ja nie ernsthaft in Frage. Ostern ereignet sich nämlich ganz unabhängig von allen Beschränkungen oder äußeren Umständen. Eine „Osterruhe“ kann es gar nicht geben. Als ob es möglich wäre, an Ostern ruhig zu bleiben. „Karfreitags-/Karsamstagsruhe“, okay, das passt noch. Aber „Osterruhe“? Gerade am Tag der Auferstehung Jesu von den Toten ist es doch alles andere als ruhig. Das Leben bricht sich Bahn. Neues wächst auf. Hoffnung, Zuversicht, Mut, Lebensfreude, Kreativität, Zukunft, all das sind Wörter, die mir zu Ostern einfallen. Aber ganz sicher nicht „Osterruhe“.

Eines aber stimmt: Wir sind „mütend“. Auch in unseren Gemeinden. Selten hat eine neue Wortkreation den kollektiven Gemütszustand besser beschrieben. Die meisten von uns sind müde von den ewigen Corona-Beschränkungen und gleichzeitig wütend über die fehlende Perspektive. „Mütend“ eben.

Da kommt Ostern gerade richtig, weil dieses Fest unseren Blick weitet. Weil Ostern wie kein anderes Fest uns Menschen eine Perspektive gibt. Denn die Kraft Gottes, die in der Auferweckung Jesu wirksam war, ist es auch heute noch. Dieser Geist Gottes durchwirkt, belebt, erneuert und gestaltet auch heute unser Leben. Auch in und trotz der Corona-Pandemie. Das kann in Gemeindegottesdiensten vor Ort geschehen wie auch virtuell. Corona kann die Kraft der Auferstehung und die Möglichkeiten des Geistes Gottes nicht bremsen. „Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!“ Der Wahrheitsgehalt dieses Ostergrußes ändert sich nicht dadurch, dass wir in diesem Jahr vielleicht „mütend“ sind. Und diese Perspektive möchte ich mir bewahren. Dieses Vertrauen in das fortwährende Wirken und die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Denn ist das nicht der Beitrag, den Christinnen und Christen beizutragen haben – jetzt und auch sonst? Das unerschütterliche Vertrauen in die Zukunft, weil wir darum wissen, dass das letzte Wort Gottes über seine Welt ein Segenswort ist?

Die Süddeutsche Zeitung schrieb einmal vor Ostern in ihrem Magazin: „Wenn der Satz ‚Jesus lebt’ geglaubt würde, müssten den Christen eigentlich Flügel wachsen, die Gemeinden müssten vor Kraft strotzen, ihre begeisterten Mitglieder müssten an Ostern durch die Straßen rennen und jedem ins Ohr brüllen: ‚Gott lebt! Wirklich, er lebt!‘ Stattdessen stehen sie mit allen anderen im Stau auf der Autobahn.“ Nun gut, im Stau auf der Autobahn werden wir in diesem Jahr wohl nicht stehen, sondern eher zuhause bleiben. Aber Flügel angesichts der Ostertage? Strotzen vor Kraft und Zuversicht? Das mögen manche so erleben, viele andere wohl nicht. Wer rennt denn durch die Straßen und brüllt jedem ins Ohr: „Gott lebt! Wirklich, er lebt!“? Ich gebe zu, jedem ins Ohr zu brüllen, ist vielleicht auch nicht die angemessene Art… Eher vielleicht, wie einige es vorschlagen, diesen Satz am Ostersonntagmorgen mit Kreide auf die Straße schreiben. Wie auch immer. Ich wünsche mir, dass die SZ nicht Recht behält, sondern dass wir in unseren Gemeinden anstelle einer „mütenden Osterruhe“ in diesem Jahr die Begeisterung für die Osterbotschaft erleben und weitertragen. Weil die Kraft, die in der Auferweckung Jesu wirksam war, es auch heute noch ist. Es sind frohe Ostern!

Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!

Christoph Stiba
Generalsekretär