Vorwort Bund aktuell Nr. 7 | 3. Juli 2025

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit dem Beginn des Sommers und der Urlaubszeit kehrt bei vielen Menschen eine gewisse Leichtigkeit und Freude ein. Die Natur blüht, die Tage sind länger, und die Hoffnung auf Erholung wächst. Doch während wir uns auf die schönste Zeit des Jahres freuen, sind die gesellschaftlichen und weltweiten Herausforderungen weiterhin präsent. Polarisierung in Gesellschaft, Politik und auch Kirche, die Kriege in der Ukraine, in Gaza und an vielen anderen Orten sowie die Spannungen zwischen Israel und dem Iran – all diese Themen und viele weitere Herausforderungen, vielleicht auch im persönlichen Umfeld, lassen uns die Unsicherheit in der Welt spüren. Viele Menschen erleben gerade eher eine Zeit, in der Gewissheiten eingerissen werden, als eine unbeschwerte Sommerzeit. Mit Recht kann man fragen: Wie bewahrt man in einer Welt, in der Sicherheit und Stabilität erschüttert werden, innere Ruhe, Ausgeglichenheit, Freude und Zuversicht?

Der Theologe Helmut Thielicke hat dafür einen Begriff geprägt, der für mich schon viele Jahre zu den Grundwerten meines Lebens zählt: die Glaubensheiterkeit. Glaube und Heiterkeit. Das ist vielleicht nicht immer das erste Begriffspaar, das Menschen einfällt, wenn sie Christen sehen oder christliche Gemeinden und ihre Gottesdienste erleben. Da ist der Glaube oft doch eine eher ernste Sache. Schwer, nüchtern, eher Enge als Leichtigkeit und Weite. Und es stimmt ja, der Glaube ist auch eine ernste Sache. Aber gerade deshalb setzt Helmut Thielicke den Schwerpunkt anders: Glaubensheiterkeit. 

Was damit gemeint ist, drückt der Apostel Paulus in seinem Brief aus dem Gefängnis an die Gemeinde in Philippi so aus: „Freut euch im Herrn allezeit! Noch einmal will ich es sagen: Freut euch! Eure Güte lasst erkennen bei allen Menschen. Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Dankbarkeit vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus“ (Philipper 4,4-7). In diesem Abschnitt ermutigt Paulus dazu, sich in allem auf Gott zu verlassen, die eigenen Sorgen, die eigene Unsicherheit und Schwere des Lebens im Gebet vor Gott zu bringen und auf seinen Frieden zu vertrauen. Das ist Glaubensheiterkeit! Kein naiver Optimismus, sondern eine tiefe Freude und Zuversicht, die aus dem Vertrauen zu Gott entspringt. Nicht sorglos, aber erfüllt von einer unerschütterlichen Zuversicht, dass Gott sich kümmert – um seine Welt, um seine Menschen, um mich. Glaubensheiterkeit ist eine Haltung, die uns ermöglicht, trotz aller Probleme und Konflikte eine innere Ruhe zu bewahren und Hoffnungsmenschen zu sein. Sie befähigt uns, mit offenem Herzen auf Menschen zuzugehen, die anders denken oder leben, und so einen Beitrag zu einer versöhnteren Gesellschaft zu leisten und auch zu einer versöhnteren Gemeinde und zu versöhnteren Kirchen.

An dieser Stelle will ich nur kurz erwähnen, dass der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) vor einigen Tagen einer unbefristeten Mitgliedschaft unseres Bundes im ÖRK zugestimmt hat. Den Beschluss, einen Antrag auf Mitgliedschaft zu stellen, hatte der Bundesrat ja bereits im Jahr 2021 getroffen. Seit 2023 war der BEFG für eine befristete Interimszeit als Mitglied aufgenommen worden und nun eben endgültig. Prof. Dr. Carsten Claußen war für uns bei der Zentralausschusssitzung in Johannesburg dabei. Einen Bericht von ihm könnt Ihr in diesem Newsletter lesen. Diese Entscheidung, Mitgliedskirche im ÖRK zu werden, unterstreicht die Bedeutung der Ökumene in einer Zeit, in der Spaltungen und Konflikte auch innerhalb der Christenheit an der Tagesordnung sind. Aber das Miteinander in der Ökumene zeigt, dass Glaubensüberzeugungen nicht trennen müssen, sondern verbinden können. Natürlich ist das nicht immer einfach. Es gibt auch Fragen, in denen es unterschiedliche Überzeugungen gibt. Aber es ist immer die Frage, worauf ich schaue. Auf die Themen, die ich als problematisch sehe, oder darauf, dass Jesus Christus unser gemeinsamer Herr ist und bleibt. Und genau das wollen wir in einer Welt, in der immer weniger Menschen Jesus als den Sohn Gottes kennen, gemeinsam bezeugen. Denn gemeinsam sind wir stärker, wenn wir bei allen Unterschieden im Geist der Liebe und des Friedens zusammenstehen. So ist das Miteinander in der Ökumene ein lebendiger Ausdruck der Hoffnung auf Einheit und Versöhnung, gerade in einer Welt voller Gegensätze.

Glaubensheiterkeit, das haben vielleicht auch einige vor einem Monat auf der Bundesratstagung gespürt, die – wie immer – auch eine ermutigende Glaubenskonferenz war. Wir haben weitreichende Veränderungen für unseren Bund beschlossen – Stichwort „Unser Bund 2025 – Segen bewegt“. Ihr findet das alles auf unserer Homepage. Über 1.000 Menschen aus den Gemeinden unseres Bundes waren in Kassel dabei. Einige Delegierte beschrieben in ihren Feedbackbögen eine „Aufbruchsstimmung“. Das ist ermutigend! Auf jeden Fall haben wir eine Atmosphäre erlebt, die zeigt, dass es möglich ist, trotz aller Herausforderungen neue Wege zu gehen, Hoffnung zu bewahren und gemeinsam nach vorne zu schauen. Im Vertrauen auf den guten Geist Gottes. Und vielleicht hat uns da wirklich „Glaubensheiterkeit“ bewegt.

Der Sommer ist eine Zeit, in der wir uns bewusst werden können, dass das Leben trotz aller Herausforderungen schön ist. Das dürfen und sollen wir genießen. Glaubensheiterkeit ist dabei ein Geschenk, das uns hilft, die Herausforderungen unserer Zeit mit einem offenen und mutigen Herzen anzugehen. In Wort und Tat und mit unseren Gebeten. Deshalb noch einmal: „Freut euch im Herrn allezeit! Noch einmal will ich es sagen: Freut euch! Eure Güte lasst erkennen bei allen Menschen. Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Dankbarkeit vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus.“

Gott segne Euch und Eure Gemeinden in diesen Sommerwochen!

Christoph Stiba
Generalsekretär