Wohin geschickt?

Zum Nächsten? Zum Fremden? Auf den Spielplatz?

Neulich hatte ich den Eindruck schreib doch mal an Conny, und ich mailte einen Hoffnungstext, der mir selber gerade gut getan hatte. Als ich später auf mein Handy sah, war folgende Antwort eingetroffen: „Ich bin noch bewegt von diesem wundervollen Text. Ein wahres Trostwort. Es kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Danke für Deine Nähe aus der Ferne.“

Ähnliches erlebte ich, als ich jemanden anrief. Er freute sich sehr über den Anruf und sagte: „Dich schickt der Himmel“ dann erzählte er, was ihn gerade bewegte und ihm Sorgen machte.

Gesandt sein
In der Bibel gibt es viele Texte von Gottes Gesandten auf der Erde, die Gottes Botschaft den Menschen bringen. Die Väter und Mütter der Urgeschichte, die Propheten und in besonderer Weise Gottes Sohn selber. Es werden uns viele Geschichten von Jesus überliefert, wie er Menschen begegnete, sie ansah, wahrnahm und mit ihrer Hilfe Heilung brachte.

Dazu sind auch wir als Gemeinde eingeladen und gesandt. Auch wir sollen den Menschen in Wort und Tat die frohe Botschaft nahebringen. Das geschieht in der Diakonie, seelsorgerlich, beratend, helfend, heilend und gesellschaftspolitisch engagiert. Dabei geht es in der Diakonie um ein partnerschaftliches Handeln, um ein Miteinander nicht ein Füreinander. Es geht darum mit den Menschen Angebote der Hilfe zu entwickeln. Denn Gott ist ein liebender, gerechter und gnädiger Gott. In der helfenden Tat der Diakonie wird deutlich, dass Christen aus der Perspektive heraus handeln, dass Gott in dieser Welt sein Reich aufrichten wird. Wir werden aufgefordert uns gegen Unrecht zu stellen und für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten.

Gemeinden als Botschafterinnen Gottes
Unsere Gemeinden sind nicht losgelöst von der Welt, in der sie leben. Sie sind Teil des Gemeinwesens, das heißt des sozialen Systems, zwischen Menschen, die an einem Ort leben und/oder tätig sind.

Es ist wichtig, das wahrzunehmen und sich auch für soziale Belange einzusetzen, um dabei zu helfen, die Lebensqualität für alle Bewohner/innen des Ortes zu verbessern. Dabei entdeckt die Gemeinde, dass sie etwas bewirken und sich zum Wohle der Menschen einbringen kann. Die Menschen im Ort nehmen die Gemeinde dadurch anders wahr. Wenn sich unsere Gemeinden als Mitgestalter im Ort verstehen, gehen sie hinaus zu den Menschen, oder öffnen ihre Türen für die Menschen. Damit bereichert die Gemeinde den Ort und die Begegnung mit den Menschen vor Ort bereichern die Gemeinde.

Best Practise
Mut machende Beispiele von Gemeinwesen-Projekte gibt es in vielen Gemeinden. In ihnen wird deutlich „Dich schickt der Himmel“, da etwas geschieht, vielleicht auch unerwartet, was dem anderen guttut, was ihm gerade in der Situation hilft. Gemeinden können so Botschafter Gottes für ihren Ort werden.

„Wir hoffen, dass wir auch im Jahr 2021 da sein können, wo wir gebraucht werden“, sagt eine Mitarbeiterin des Bollerwagen- und Winterspielplatzteams der EFG Lüneburg. Das Team fährt mit ihrem Bollerwagen im Sommer zu einem Spielplatz und macht dort Angebote für Eltern und Kinder und bietet im Winter einen Winterspielplatz in der Kirche an. Im Lockdown gibt es einen „Winterspielplatz to go“ an. Es werden Tüten mit Bastel- und Spielanleitungen, Geschichten, eine ermutigende Karte, Nervennahrung oder Entspannungstee vor dem Gemeindehaus aufgehängt.

„In der Vorweihnachtszeit wollten wir als Gemeinde gern von Gottes Segen etwas weitergeben und haben deshalb erstmalig eine Aktion gestartet, die wir ‚Segen to go‘ nannten“, schreibt Gritt Heßelbarth aus der EFG Backnang. „Wir haben einen Vers für geistigen Trost und Stärkung zusammen mit ein paar Kleinigkeiten zum täglichen Gebrauch oder einfach als Seelenwärmer in Beutelchen an den Zaun der Kirche gehängt. ‚Segen to go‘ wurde super angenommen. Zum Teil haben sich Menschen bei uns direkt bedankt, wenn wir Ihnen an der Kirche begegneten.“

Mewish und Inbal sind seit dem Herbst 2020 in einer Kiezpatenschaft im Verein WIR GESTALTEN. Inbal ist in Israel aufgewachsen und studiert seit zwei Jahren an der TU Berlin Informatik. Sie sagt: „Mewish ist sehr lustig. Wir haben immer Spaß zusammen. Ich warte schon auf den Sommer und darauf, dass wir noch mehr miteinander unternehmen können. Ich bin froh, dass ich die Patenschaft habe. Patenschaft ist nice, auch in Corona-Zeiten, denn wir dürfen uns treffen!“ Mewish ist elf Jahre alt; ihre Eltern kommen ursprünglich aus Bangladesch. Sie sagt: „Ich habe mir schon immer eine große Schwester gewünscht, mit der ich alles machen kann, was mit meinen Eltern und kleinen Geschwistern nicht möglich ist“. Der Verein WIR GESTALTEN engagiert sich mit Bildungs- und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Dr. Alia Abboud berichtet von ihrer Arbeit bei derLebanese Society for Educational & Social Development (LSESD) in Beirut. Die Herausforderungen im Libanon sind durch Krieg, Flucht, Vertreibung und in letzter Zeit auch durch Corona riesig. Jeder Dritte in ihrem Land ist ein Flüchtling und viele davon sind Syrer, die ihnen eigentlich feindlich gesinnt sind. Doch Alia Abboud beschreibt, wie sie die Herausforderungen als Gelegenheit zum Dienen verstehen. Sie erzählt davon, dass Menschen aus ihrer Gemeinschaft anderen in ihrer Nachbarschaft, die in Quarantäne sind, täglich Essen vor die Tür stellen und sich telefonisch bei ihnen nach ihrem Befinden erkundigen. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Nationalität oder Religion sie angehören.

So werden sie zu Himmelsboten.

Gabriele Löding
Referentin für gemeindenahe Diakonie im BEFG

Erschienen in Die Gemeinde, Ausgabe 10 vom 16. Mai 2021