Erinnerung an 75 Jahre Jugendbildungsarbeit auf der GJW-BUKO

75 Jahre Jugendbildungsarbeit im BEFG

Bildung und Gemeinschaft seit 1949

Seit 75 Jahren ist es erklärtes Ziel des BEFG, junge Menschen theologisch und pädagogisch weiterzubilden. Das Jugendseminar in Hamburg wurde ursprünglich zur Ausbildung von Jugendmitarbeitern und -mitarbeiterinnen gegründet, heute ist die GJW Akademie in Elstal ein Ort für Bildung, Diskussion und Gemeinschaft – stets mit dem Ziel, Brücken zwischen Glauben und Gesellschaft zu schlagen.

Im Herbst 1949 nahm das Jugendseminar in Hamburg seine Arbeit auf. In einer Zeit, in der die beiden deutschen Teilstaaten gegründet wurden und der so genannte Kalte Krieg längst am Horizont heraufzog, waren die Menschen in Deutschland mit der Bewältigung des entbehrungsreichen Nachkriegsalltages beschäftigt und vielleicht ganz anfänglich auch mit der Auseinandersetzung zu eigener Schuld und Verantwortung. Bestimmend war aber eher die Leugnung von Verantwortung und eine unpolitische Selbstzuschreibung.

Johannes Rockel – genannt Hans – wurde vom BEFG beauftragt, eine Bildungseinrichtung zu profilieren, die einen dreifachen Zweck abdecken sollte: Eine zweijährige Ausbildung für Jugendschwestern in den Vereinigungen und den Gemeinden, Hauptlehrgänge von 10 bis 12 Wochen für nebenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und Kurzlehrgänge für einzelne Arbeitszweige und Tagungen mit Spezialthemen.

Dorothea Nowak blickte 1999 zurück und schrieb: „Der erste Ausbildungszweig blieb – aufs Ganze gesehen – leider eine Utopie. Die Gründe dafür sind vielfältig.“ Für Gleichstellung oder wenigstens den ganz anfänglichen Versuch in diese Richtung war unsere Kirche offenbar noch nicht bereit. Oder doch? Die Literaturwissenschaftlerin, Theologin und Psychologin Dorothea Nowak, die alle nur Dorle nannten, wirkte als Dozentin am Jugendseminar von 1951 mit Unterbrechungen bis 1997 (46 Jahre). Das Jugendseminar ist, wie sie selbst schreibt „zu ihrem Schicksal geworden – im allerbesten Sinne“.

Durch die Jahre hindurch waren wichtige inhaltliche Schwerpunkte des Jugendseminars: die theologische und pädagogische Arbeit mit biblischen Texten, Jugendpsychologie und Seelsorge, Freizeitarbeit, Beteiligung junger Menschen in den Gemeinden, Jugendpolitik und missionarisch-diakonische Arbeit. Ein kurze Zusammenfassung des Bildungskonzeptes des Jugendseminars lautet: „Bildung ist Fähigkeit, Zusammenhang herzustellen“.

Durch die umfangreichen Kurse für Mitarbeitende, das Zeit-für-Gott-Programm (heute FSJ) und die Zivi-Kurse, war die Adresse in Hamburg-Horn für viele Menschen aus unserer Kirche ein kleines Stück Heimat und Identifikationsort. Das Jugendseminar war auch einer der vitalen Aushandlungs- und Diskussionsorte zu gesellschaftlichen Entwicklungen in unserer Kirche. Seien es die Nachwirkungen der 68er Revolution, der Versuch, das Gespräch über die innerdeutsche Grenze aufrecht zu erhalten und auch die frühe Auseinandersetzung mit Missbrauchs- und Gewalterfahrungen innerhalb unserer Kirche. Auch die Frage nach einer angemessenen sexualethischen Haltung gegenüber Queerness war schon früh Thema innerhalb des Jugendseminars.

Mit dem Entstehen des Bildungszentrums Elstal war der Gedanke verbunden, dass die Arbeit des Jugendseminars in ähnlicher Weise allen Generationen zuteilwerden könnte. Und so hat sich seitdem der Segen für die Gemeinden vermehrt.

Die Stärkung der jungen Generation durch Bildung ist bleibender Schwerpunkt im Gemeindejugendwerk. Hauptamtliche und Ehrenamtliche überall im Land und in Elstal arbeiten dafür, dass immer wieder die Fähigkeit gestärkt wird, Zusammenhang herzustellen. Zusammenhang zwischen Glaube und Welt, zwischen Mensch und Gemeinde, zwischen Mission und Diakonie, zwischen höchst persönlicher Erfahrung und gesellschaftlichen Strukturen.

Bei der 35. GJW-Bundeskonferenz am 2. November haben wir als GJW an diese Segensgeschichte erinnert und sind für die Weiterarbeit in diesem Sinne ermutigt worden.

Ein Artikel von Simon Werner