Die aktuelle Relevanz des täuferischen Erbes
Konferenz zeigt, was Mennoniten und Baptisten verbindet
Anfang Mai versammelten sich in der Schweiz Mennoniten aus ganz Europa, um wichtige Themen im Zusammenhang mit der täuferischen Identität und Mission in einer sich schnell verändernden Welt zu diskutieren. Als Gäste nahmen Prof. Dr. Joshua Searle (Professor für Missionsstudien) und die Studierenden Anika Eichstadt, Bastian Baller und Alexander Hämmerling von der Theologischen Hochschule Elstal teil. Ein Bericht von Joshua Searle.
Das European Mennonite Students of Theology Meeting (EMSTM) fand vom 2. bis 5. Mai unter der Schirmherrschaft der Konferenz der Schweizer Mennoniten statt. Die Konferenz begann im Mennonitischen Bildungszentrum Bienenberg bei Basel, wo die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich in Plenarsitzungen unter dem übergeordneten Thema „Zeugnis“ mit dem täuferischen Erbe befassten. Diese Sitzungen wurden vor der atemberaubenden alpinen Kulisse des Bienenberg-Campus abgehalten und waren von Momenten des Gebets sowie informellen Austausch- und Reflexionszeiten bei Tee und Kaffee geprägt.
Im Verlauf der Konferenz begaben sich die Teilnehmer auf eine Reise in das Jura-Gebirge und verbrachten Zeit am Mont Dedos, einem täuferischen Rückzugsort im Herzen des Bergmassivs. Der Besuch des Mont Dedos und der „Ziegenkapelle“ – einer Höhle in einem abgelegenen Wald – fügte der Konferenz historische Perspektive hinzu. Unsere Pilgerreise zur Höhlenkapelle ermöglichte Einblicke in die heimlichen Versammlungen von Anabaptisten, die an diesem abgelegenen Ort Zuflucht vor den Kirchen- und Staatsbehörden suchten, die sie über Jahrhunderte verfolgten und unterdrückten.
Die Gruppe hörte bewegende Zeugnisse von unseren mennonitischen Gastgebern, die die mutigen Taten der Familie Burkhalter schilderten, die in den 1980er-Jahren Flüchtlinge aus Zaire gegen den Willen der Schweizer Behörden beherbergte. Neun Monate lang verbarg die Familie Burkhalter den zairischen Flüchtling Mathieu Musey und seine Familie in ihrem ländlichen Bauernhaus in den Jura-Bergen, als sie von Schweizer Behörden verfolgt wurden.
Als sie damals gefragt wurden, warum sie die Flüchtlingsfamilie beherbergen wollten, kommentierte ein Familienmitglied: „Wir erinnerten uns daran, dass unsere Vorfahren als Mennoniten ebenfalls Verfolgung erleiden mussten. Auf der Flucht aus ihrer Heimat fanden sie Zuflucht in den Bergen des Jura, wo wir noch heute leben. In diesem Sinne beschlossen wir, den ungeliebten und verfolgten Mitgliedern unserer Gesellschaft zu helfen – den Flüchtlingen.“
Schließlich entdeckten die Behörden das abgelegene Versteck, und Musey und seine Familie wurden verhaftet und nach Zaire abgeschoben. Die Boulevardzeitungen der Zeit stellten sich auf die Seite der Behörden und diffamierten Musey und seine Familie als „Schmarotzer“ und „Betrüger“, die „gerechterweise“ zurück in die Brutalität und Korruption Zaires unter Diktator Mobutu Sese Seko geschickt wurden.
Die Geschichte hatte, wie so viele täuferischen Erzählungen von Verfolgung, kein glückliches Ende, aber die Episode sorgte damals in der Schweizer Gesellschaft für einen Skandal und deckte systemische Ungerechtigkeiten auf.
Aufgrund des durch den Fall erzeugten öffentlichen Interesses wurde später bekannt, dass die Bundesanwaltschaft in der ganzen Schweiz jahrelang in rechtswidriger Weise umfangreiche politische Überwachung und Informationsbeschaffung in Zusammenarbeit mit Polizeibehörden betrieben hatte.
Am Mont Dedos wurden wir von einer jüngeren Generation der Familie Burkhalter empfangen: Raphael und seiner Frau Maude. Ihre bewegenden Geschichten über den mutigen Einsatz ihrer Vorfahren zum Schutz einer Flüchtlingsfamilie berührten alle Anwesenden zutiefst und unterstrichen die bleibende Relevanz des täuferischen Erbes von Mitgefühl und Widerstand gegen Ungerechtigkeit.
Während der Konferenz waren die Diskussionen von tiefen Überzeugungen geprägt, die von den täuferischen und baptistischen Traditionen geteilt werden. Diese Überzeugungen umfassen ein Bekenntnis zur Gläubigentaufe, zur Trennung von Kirche und Staat, zur Jüngerschaft und zur Bereitschaft, Verfolgung um des Evangeliums willen zu ertragen. Als baptistische Gäste dieses täuferischen-mennonitischen Treffens waren wir Elstaler besonders dankbar, das Zeugnis unserer täuferischen Freunde und Kollegen kennenzulernen.
Rückblickend auf unsere Zeit zusammen glaube ich, dass die EMSTM-Konferenz ein wertvolles Forum für Dialog, Reflexion und Gemeinschaftsaufbau innerhalb der täuferischen Tradition darstellt. Die Parallelen zwischen mennonitischen und baptistischen Glaubensüberzeugungen verdeutlichen die gemeinsamen Grundlagen und geteilten Prinzipien, die diese Gemeinschaften vereinen.
Die geteilten Erfahrungen, differenzierten Diskussionen und die Beziehungen, die während der Konferenz geschmiedet wurden, verdeutlichten die anhaltende Relevanz und Resonanz der täuferischen Vision in der heutigen komplexen und sich wandelnden Welt.
Ein Artikel von Prof. Dr. Joshua T. Searle