
Europäische Baptisten befassen sich auf ihrer Ratstagung mit Friedenslösungen
Irak und Syrien: Luftschläge lösen die Ursachen des Konfliktes nicht
Bukarest – Die europäischen Baptisten halten nichts von Luftschlägen und einer militärischen Intervention gegen die islamistische Terrorbewegung Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak. Das wurde bei der Ratstagung der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) Ende September in der rumänischen Hauptstadt Bukarest deutlich. An dem Treffen mit 120 Repräsentanten aus 43 Baptistenbünden nahmen auch Vertreter von sieben Baptistenbünden im Nahen Osten teil. Wie der EBF-Generalsekretär Tony Peck (Bristol) sagte, „löst eine Militärintervention die Ursachen für den Konflikt nicht“. In den Beratungen sei vielmehr deutlich geworden, dass Militärschläge nur dazu führten, die Terrorbewegung IS noch stärker werden zu lassen. Die Delegierten verabschiedeten eine Resolution, in der es heißt, dass auf dem Weg zum Frieden der Extremismus nur durch Gerechtigkeit, Entwicklung, Menschenrechte und Rechtsordnungen überwunden werden könne.
Auch die angespannte Lage zwischen Russland und der Ukraine wurde debattiert. Wie der Vizepräsident des ukrainischen Baptistenbundes, Igor Bandura (Odessa), sagte, werden die Baptisten im Osten seines Landes von den von Russland unterstützen Rebellen verfolgt und bedrängt, weil man sie für Agenten des Westens halte. In einer EBF-Resolution zum Konflikt zwischen beiden Ländern heißt es, dass Vorurteile und Missverständnisse nur überwunden werden könnten, wenn man miteinander in Wahrheit und Liebe umgehe.
In einer weiteren Resolution erinnern die Baptisten an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Dieses Datum solle zum Anlass genommen werden, sich stärker für den Frieden zu engagieren. Jeder Form von Nationalismus müsse widersprochen werden. Die europäischen Baptisten werden aufgefordert, sich als Friedensstifter und Modell für gewaltfreie Konfliktlösungen zu betätigen.
Vorausgegangen war ein Gottesdienstes, an dem der Generalsekretär des deutschen Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Christoph Stiba (Elstal), beteiligt war. Er habe es als sehr bewegend erlebt, mit dem Engländer Tony Peck gemeinsam das Versöhnungsgebet zu sprechen, „das seit dem Jahr 1959 an jedem Freitagmittag um 12 Uhr im Chorraum der Ruine der alten Kathedrale in Coventry und an zahlreichen weiteren Orten auf der Welt gebetet wird“. In der versöhnenden Kraft des Geistes Gottes sieht Stiba „die einzige, aber eben auch reale Möglichkeit zum Frieden“: „Ich bin sicher, dass unsere Gebete eine Friedensquelle sind.“
Erstmals nahm der Leiter des Dienstbereichs Mission, Joachim Gnep, an einer EBF-Ratstagung teil. „Besonders berührt mich das Schicksal der Christen aus den Krisenregionen im Nahen und Mittleren Osten. Keine Ressentiments gegen die Moslems - im Gegenteil!“, sagte er der GEMEINDE. Vom Erlebten sei er „gerührt, beschämt, dankbar, ermutigt“.
Die Koordinatorin der BEFG-Europahilfe, Birgit Fischer (Elstal), nannte es ein Vorrecht, nicht nur über die Medien aus den Krisenregionen der Welt zu erfahren, sondern direkt im Gespräch mit Betroffenen. Ähnlich äußert sich Gunnar Bremer (Brackenheim bei Heilbornn), der Leiter der Europahilfe. Er zeigte sich beeindruckt, dass die Baptisten in der irakischen Hauptstadt Bagdad auch den vor dem IS-Terror geflohenen Muslimen helfen: „Die Not bringt sie zusammen.“ Die Mehrheit der Menschen wolle Frieden.
Angenommen wurde ein Fünf-Jahres-Plan, der helfen soll, junge Führungskräfte auszubilden, die in ihren nationalen Bünden Leitungsaufgaben übernehmen sollen.
Erstmals war der neue Rektor des Internationalen Baptistischen Theologischen Studienzentrums (IBTSC), Stuart Blythe (Amsterdam), bei einer EBF-Ratstagung dabei. Die Ausbildungsstätte ist aus dem früheren Internationalen Baptistischen Theologischen Seminar (IBTS) hervorgegangen, das im Juni von Prag in Tschechien nach Amsterdam in den Niederlanden umgezogen war. Wie Blythe sagte, ist der Umzug gelungen. In Amsterdam arbeitet die Ausbildungsstätte eng mit der dortigen Freien Universität zusammen. Peck sagte: „Wir schauen hoffnungsvoll in die Zukunft.“ Der Umzug war notwendig geworden, weil die Unterhaltskosten in Tschechien deutlich gestiegen waren. In Prag hatte das IBTS ein altes Schloss am Stadtrand genutzt. Noch sucht die EBF nach einem Käufer. In Amsterdam ist das IBTSC in ein Bürohaus eingezogen. Der Elstaler Kirchengeschichtler Prof. Martin Rothkegel bezeichnete den Umzug als „großen Einschnitt in der fünfundsechzigjährigen Geschichte der kleinen, aber feinen theologischen Hochschule, die 1949 von amerikanischen Baptisten in Rüschlikon bei Zürich gegründet worden war.“ Das neue Studienzentrum in Amsterdam könne ein wichtiger Ort werden, wenn dort „Baptisten aus Europa und dem Nahen Osten über theologische und sozialethische Fragen ins Gespräch kommen.“ Zur EBF gehören 59 Mitgliedsbünde und angeschlossene Werke mit über 600.000 Mitgliedern in Europa und dem Nahen Osten. Als EBF-Präsident amtiert der Präsident des rumänischen Baptistenbundes, Otniel Bunaciu (Bukarest).
Ein Artikel von Klaus Rösler (DIE GEMEINDE)