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Konsultationstag: Wie die Integration orientalischer Christen gelingen kann

Viele der nach Deutschland aus dem Iran geflohenen Muslime werden hierzulande Christen. Dabei brechen sie vollständig mit der Kultur ihrer Heimat - weil sie vom Islam enttäuscht sind. Sie lassen sich taufen, weil sie vom Evangelium von Jesus Christus ergriffen sind, und nicht, weil sie dann als Christen bessere Chancen im Asylverfahren haben, wie ihnen manchmal unterstellt wird. Diese Einschätzung äußerte der frühere Referent für Internationale Mission im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Michael Kißkalt, bei einem Konsultationstag für orientalische Christen seiner Freikirche in Kassel. Das Treffen zählte 60 Teilnehmer aus 23 Gemeinden in ganz Deutschland, die iranische Christen in ihren Reihen haben. Wie Kißkalt – der inzwischen zum Rektor des Theologischen Seminars Elstal seiner Freikirche berufen wurde – sagte, leben derzeit etwa 120.000 Iraner in Deutschland. Schätzungen zufolge haben ungefähr 1.000 Kontakt zu Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden. Besondere Offenheit für den christlichen Glauben findet man bei Iranern und Afghanen, die seit etwa zehn Jahren in Deutschland einwandern. Nach seinen Worten sind sie enttäuscht von ihrer Religion. Das Christentum erscheine ihnen zwar attraktiv, doch zugleich hätten viele von Ihnen auch Angst vor der Rache Allahs, wenn sie sich vom Islam abwendeten. Dies komme immer wieder in der Seelsorge zur Aussprache. Die iranischen Christen schlössen sich lieber freikirchlichen Gemeinden als den Landeskirchen an, weil sie auch Anschluss suchten: „Sie wollen rigoros mit ihrer einheimischen Kultur brechen.“ Doch das Leben im Asyl und in der Ferne falle ihnen schwerer, als sie geahnt hätten.
 
Ähnlich äußerte sich die kurdisch-persische Pastorin Flor A. aus einer Baptistengemeinde in Berlin. Wie sie sagte, ist es für die Christen ein langer Weg, die erlebte Unfreiheit des Irans innerlich hinter sich zu lassen. Viele fühlten sich einsam, weil sie in Deutschland in einer für sie fremden Sprache und Kultur lebten. Dass sie ihren christlichen Glauben ernst nähmen, zeige sich daran, dass 95 Prozent der Getauften Christen blieben. Flor appellierte an die Gemeinden in Deutschland, den Iranern mit Liebe, Aufmerksamkeit und Gemeinschaft zu begegnen und ihnen so bei dem Einleben zu helfen.
 
Der Leiter des Dienstbereichs Mission des BEFG, Joachim Gnep, sagte, dass der Konsultationstag organisiert wurde, weil es aus den Gemeinden viele entsprechende Nachfragen gegeben habe: „Wir wollen diese Gemeinde gerne unterstützen.“ Wie Gnep weiter erläuterte, war der Tag geprägt durch viele lebendige und meist sehr qualifizierte Beiträge und Erfahrungen der Teilnehmenden: „Ich habe es so erlebt, dass wir gemeinsam suchende Experten sind, wenn es um die Integration unserer orientalischen Schwestern und Brüder geht.“

Pastor Siamak Aminmansour aus Offenburg berichtete, wie er auf seinem Weg aus dem Iran über die USA nach Deutschland zum Glauben an Jesus Christus fand und schließlich Pastor wurde. Er betreut eine Reihe von farsisprachigen christlichen Gruppen verschiedener Konfessionen in Baden-Württemberg und darüber hinaus. Der heute 47-Jährige kam als Teenager zum Glauben und wurde seitdem verfolgt - besonders als er begann, Gemeinden zu gründen. Er musste seine Heimat verlassen. Einige Jahre lebte er in den USA, kehrte aber immer wieder in den Iran zurück, um den Christen im Land beizustehen. Bereits während seines Theologiestudiums in Reutlingen und Gießen kümmerte er sich um Flüchtlinge und Asylsuchende: „Ich bete und hoffe, dass der Herr mich und meine Glaubensgeschwister segnet und mir die Möglichkeit gibt, viele Gemeinden mit hineinzunehmen in den wertvollen Dienst an verfolgten Untergrundgemeinden im Iran und Nordafrika.“

In seinem Fachvortrag erläuterte Kißkalt die verschiedenen Phasen einer Integration in eine Gesellschaft. Grundlage dafür bildete die Theorie von Milton Bennett, einem amerikanischen Soziologen und Experten für interkulturelle Kommunikation. Es brauche oft mehrere Jahre und Generationen, bis man sich in einer anderen Kultur heimisch führe. Die Menschen dürften in diesem Prozess nicht bedrängt werden.

Nach den Worten von Teilnehmern hat der Konsultationstag Mut gemacht und die Vernetzung gefördert. Das Treffen sei zugleich ein Einstieg in das nächste Jahresthema des Bundes gewesen: „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus im Anderen“.

Ein Artikel von Klaus Rösler