
„Ihr taucht die Leute wirklich ganz unter?“
Am BEFG-Kirchentagsstand ins Gespräch kommen über Leben, Sterben und Glaube
„Als Baptisten sind wir sind erst mal evangelisch, und dann sind wir freikirchlich: Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden.“ Gewisse Antworten gehören zum Standardrepertoire eines Standbetreuers am Markt der Möglichkeiten des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Hier trifft sich fast alles aus der frommen Welt Deutschlands, von A wie Adventisten über B wie Bibelclouds Nürnberg bis Z wie Zwischenraum e.V. Stuttgart. Natürlich gibt es da vereinzelt auch kritische Fragen wie: „Seid ihr nicht diese Verrückten aus Amerika?“
Der BEFG ist beim Kirchentag traditionell mit einem Mitmachangebot vertreten. Weil eine persönliche Begegnung einen besseren Eindruck vermittelt als Flyer und Informationsbroschüren, sind die Besucher z.B. eingeladen, eine Laubsägearbeit fertig zu stellen und dabei zur Ruhe und ins Gespräch zu kommen. Friedrich Kleibert, Pastor des BEFG aus Wildeshausen, fertigt dazu kleine Kreuze und Herzen, Engel und Fische, Rosen und Notenschlüssel und viele andere Symbole aus Wacholderholz an. Das Angebot: Sich im Kirchentagstrubel einmal hinsetzen, mit Schleifpapier das Holz zum duftenden Handschmeichler verarbeiten und dabei klönen. „Ihr taucht die Leute wirklich ganz unter bei der Taufe?“ „Warum muss man sich bei euch noch mal taufen lassen, wenn man Mitglied werden möchte?“ „Worin unterscheidet sich das Gebäude einer Baptistengemeinde von einer Kirche?“ „Nach welcher Liturgie feiern denn Baptisten den Gottesdienst?“ Viele nehmen sich die Auszeit. Manche nimmt sogar einen ganzen Satz Fische für die Konfirmandengruppe oder Noten für den Kirchenchor mit.
Ebenfalls ein Hingucker ist der eigens für den Stand angefertigte und bunt bemalte Sarg. Auf einem Schild am Sarg steht: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ Es greift das Thema des Kirchentages „damit wir klug werden“ aus Psalm 90,12 auf. Die Idee wird von einem Stuttgarter Bestattungsunternehmen unterstützt. Viele lassen sich sogar im Sarg mit dem Bibelvers fotografieren. „Jetzt habe ich endlich mal ein aussagekräftiges Bild für mein Facebook-Profil“, merkt ein Besucher dazu an. Andere zwängen sich zu zweit in die „Kiste“. Denn Gemeinschaft ist das, was wirklich im Leben und Sterben zählt. Andere erzählen von Erlebnissen mit dem Sterben und aus ihrer eigenen Trauerarbeit. Auch die Kommentarwand mit der Anregung „So lange ich noch hier bin ...“ ist zum Schluss übersät mit Zetteln: „möchte ich ein Friedensstifter sein“ oder „eine Weltreise machen“ oder „heiraten“ oder „Gemeinde erleben“ oder „mich für Gerechtigkeit einsetzen“ oder „einen Marathon laufen“.
Was bleibt sind die Eindrücke von vielen Personen. Baptisten, die mal sehen wollen, was an „ihrem“ Stand los ist. Ehemalige Baptisten, die sich freuen, dass ihre alte Heimat auf dem Evangelischen Kirchentag vertreten ist und Vielfalt leben will. Viele, die irgendwie einmal Kontakt zu einer unserer Gemeinden hatten, über die lokale Ökumene, eine Freundin oder einen Arbeitskollegen. Die eine oder andere gebrochene Lebensgeschichte, die gehört werden will. Manche Gemeindeadresse, die wir weitergeben dürfen, um den Kontakt später zu vertiefen. Lernen von anderen, wie sie Gemeindeleben gestalten. Vergleiche von Taufverständnissen und Kirchenstruktur. Und über allem der Eindruck: Wir gehören als BEFG wirklich dazu. Nicht, weil wir es besser machen, sondern weil unsere Stimme im Kreis der evangelischen Christen gewürdigt und gefordert und gehört wird.
Ein herzliches Dankeschön an alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aus den Stuttgarter Gemeinden, die diese Stimme während des Kirchentages hörbar gemacht und ihr an unserem Stand ein Gesicht gegeben haben!
Ein Artikel von Gunnar Bremer

