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Salz und Licht

Die Sammlung und Sendung der Gemeinde

Die Rechenschaft vom Glauben beantwortet die Frage: Was glauben wir als Baptisten?  Die Rechenschaft als Glaubensbekenntnis dient der Selbstvergewisserung nach innen und dem Selbstzeugnis des Glaubens gegenüber anderen Kirchen und der Gesellschaft.

Mit der Artikelserie über die Rechenschaft des Glaubens geht es um die Selbstvergewisserung nach innen, also um die Glaubensüberzeugungen in unseren Gemeinden. Diese ist mit der Hoffnung verbunden, dass die Vergegenwärtigung der Inhalte inspirieren und zu einer Revitalisierung der Praxis führen. Tatsächlich könnte mit den Inhalten der Rechenschaft des Glaubens problemlos eine transformative Predigtserie für ein ganzes Jahr gestaltet werden.

Im Teil 2 der Rechenschaft vom Glauben geht es um die Sammlung und Sendung der Gemeinde Jesu. Die wesentlichen Inhalte des Evangeliums werden durch kraftvolle Hauptsätze hervorgehoben. Einige Beispiele:

„Alle, die an Jesus Christus glauben, sind aus dem Machtbereich der Finsternis in das Reich Christi versetzt worden. Christus sammelt sie zu seiner Gemeinde in gemeinsamem Leben, Zeugnis und Dienst.“ „Wie Gott seinen Sohn in die Welt sandte, so sendet Jesus Christus heute seine Gemeinde in die Welt. Allen Gliedern der Gemeinde Jesu Christi gilt der Auftrag ihres Herrn: „Predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung! (Markus 16, 15)“.

Die Sammlung und Sendung der Gemeinde:

Indem Gott beruft, sammelt er sein Volk. Die Sammlung zum Volk Gottes im Alten Testament beginnt mit einem Menschen – Abraham (und Sarah, 1 Mose 12,3) –, mit einem Volk – Israel (2. Mo. 19,4-6) – und zielt auf alle Völker (Jes 25,6-9). Die Sammlung im Neuen Testament beginnt mit der Sendung des Sohnes Gottes (Joh 3,17; 17,17), gefolgt von der Berufung des Jüngerkreises (Mk 3,14-19), wird erweitert durch die Berufung und Sendung der 72 Jünger und Jüngerinnen (Lk 10,1-11) und zielt auf die Berufung und Sammlung aller Völker zum einen Volk Gottes (Joh 20,21; Mt 28,18-20; Apg. 1,8).

Wenn das Evangelium angenommen und gelebt wird, entstehen Gemeinden, die von ihrem Wesen her Reich-Gottes-Gemeinschaften sind.  Auf die „Versöhnungstat Gottes“ antworten sie mit „Lobpreis und Anbetung“. Sie bekennen „Schuld“ und empfangen „Vollmacht und Vergebung.“ Als priesterliche Menschen bezeugen sie durch „Evangelisation und Diakonie“ das Heil Gottes. Diese Gemeinschaften sind einerseits Salz und Licht und andererseits prophetisches Gegenüber der Gesellschaft. Sie haben, in aller Unvollkommenheit, eine transformierende Wirkung auf die Gesellschaft, weil die Kraft Gottes in ihnen wirksam ist.

Gerne stimmen wir der Beschreibung dieser Wahrheiten zu. Das ist es, was wir bekennen, aber nicht unbedingt das, was wir kennen. Das ist es, was wir glauben, aber nicht unbedingt das, was wir leben. Das ist es, was wir wollen, aber nicht unbedingt das, was wir sind.

Das Formulieren von Glaubensbekenntnissen gibt aber mehr Auskunft über den Glauben der Vergangenheit als über die geistliche Dynamik der Gegenwart. In der Regel beschäftigt sich eine Kirche mit ihren Bekenntnissen, wenn die Kirche in Frage gestellt wird oder wenn sie nach ihrer Bedeutung, nach ihrer aktuellen Eigendynamik fragt.

Weil alle verschriftlichten Glaubensbekenntnisse Zeugnisse der Geschichte sind, müssen sie durch frische Erfahrungen der Gegenwart Gottes verifiziert werden. Wenn die Sammlung und Sendung der Kirche ihre Dynamik verliert, dann bedarf die Kirche der „Selbstevangelisierung“, der völligen Durchdringung der Kirche vom Evangelium.

Papst Franziskus lädt zur Selbstevangelisierung der Kirche ein, indem er betont: „Ich lade jeden Christen ein, gleich an welchem Ort und in welcher Lage er sich befindet, noch heute seine persönliche Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern oder zumindest den Entschluss zu fassen, sich von ihm finden zu lassen.“ Selbstevangelisation ist die Voraussetzung für die Transformation der Kirche, damit sie zur Transformation der Gesellschaft beiträgt.

Die Kirche, die ernsthaft nach dem Wert ihres Bekenntnisses fragt, will die Zeichen der Zeit erkennen. Sie sucht nach einem göttlichen Moment, nach einem Kairos-Moment. „Die Zeit ist erfüllt (Kairos) und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buße (Metanoia) und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15). Wenn die Kirche ihr Bekenntnis mit der Realität vergleicht, dann kann es sein, dass sie einen göttlichen Ruf zu Erneuerung hört. Wenn sie ihr eigenes Bekenntnis zur Sammlung der Gemeinde ernst nimmt, wird sie sich aufmachen, ihre Sendung neu zu entdecken.  Die Rechenschaft vom Glauben gibt Zeugnis über Glaubensinhalte. Damit die Inhalte Dynamik und Relevanz generieren, folgt dem Bekenntnis eine erneuerte Praxis, die allerdings immer wieder neu erschlossen werden muss.

Im Evangelium nach Matthäus heißt es: „Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ (Mt 28,19f). Jesus teilt seinen Jüngerinnen und Jüngern zwar das Ziel der Sendung (alle Völker) und die Botschaft (alles, was er gelehrt hat) mit, jedoch nicht die Methodik. Nicht unwichtige Details fehlen: Wie tun wir das und auf welche Weise (Strategie), an wen genau wenden wir uns (Zielgruppe). Dazu kommt der nicht unwesentliche Umstand, dass seit diesem Auftrag zwei Jahrtausende vergangen sind. Mit anderen Worten: Jesus gibt seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern eine herausfordernde Aufgabe: Unter der Leitung des Heiligen Geistes müssen sie selbst, durch Gebet und Prophetie, durch Kontextanalyse und Strategie, durch Versuch und Irrtum, in Demokratie und Diktatur Wege finden, damit das Evangelium als Gute Nachricht gehört, geglaubt und gelebt werden kann, damit bis zu seiner Wiederkunft, Sammlung und Sendung geschieht.

Einladung zum Weiterdenken

1. Auf welche Weise sammelt und sendet meine Gemeinde?

2. Stimmt das Bekenntnis des Glaubens mit dem Lebensvollzug meiner Gemeinde überein?

3. Gibt es für meine Gemeinde/Bund einen Kairos für Selbstevangelisation?

Erschienen in: Die Gemeinde 11/2022, S. 14-15.

Ein Artikel von Klaus Schönberg, BEFG-Referent für Gemeindegründung

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