Tagungsteilnehmer und -teilnehmerinnen des Zentralausschusses

BEFG jetzt Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen

Tagung in Südafrika: Weltweite Ökumene erlebt

Der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) wurde am 23. Juni in den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) aufgenommen. Die Aufnahme fand auf der Sitzung des Zentralausschusses vom 18. bis 24. Juni im südafrikanischen Johannesburg statt. Davon berichtet Prof. Dr. Carsten Claußen von der Theologischen Hochschule Elstal, der als offizieller Vertreter des Bundes dabei war. 

Bereits 2021 hatte der Bundesrat beschlossen, dass der BEFG Antrag auf Mitgliedschaft im ÖRK stellt. 2023 waren wir – wie üblich – zunächst befristet aufgenommen worden, seit der Tagung in Südafrika ist unsere Freikirche unbefristetes Mitglied. In meinem kurzen Dankeswort erwähnte ich, dass uns Baptisten die Bibel und das Gebet, die Ortsgemeinde und das reformatorische Erbe besonders wichtig sind. Von unseren Anfängen an treten wir für Glaubens- und Gewissensfreiheit ein. Dafür wollen wir uns nun auch als eine von aktuell 365 Mitgliedskirchen einsetzen. Der ÖRK repräsentiert insgesamt 580 Millionen Christen aus mehr als 120 Ländern.

Begegnungen und Gespräche

Die sieben Tage waren angefüllt mit vielen interessanten Diskussionen und persönlichen Gesprächen im Plenum, in Kleingruppen, bei den gemeinsamen Mahlzeiten und auch bei einem Treffen mit anderen Baptisten. Während wir uns in unserer Freikirche oft mit unserem Auftrag als Ortsgemeinde oder als Bund beschäftigen, geht es beim ÖRK um die Fragen und Herausforderungen, die Christen und Christinnen weltweit bewegen. So haben wir uns beispielsweise über die Benachteiligung von Frauen in vielen Kirchen und Ländern ausgetauscht. Die Folgen des Klimawandels wurden unter anderem in Beiträgen von Geschwistern aus Ländern des Globalen Südens besonders deutlich. Das 1700-jährige Jubiläum des ersten ökumenischen Konzils von Nizäa und des damals entstandenen Bekenntnisses wurde als wichtiger Meilenstein für die Einheit der Christen gefeiert.

Gratulation für neue Mitglieder mit Moderator Heinrich Bedford-Strohm (2.v.l.), ÖRK-Generalsekretär Jerry Pillay (2.v.r.) und Prof. Dr. Carsten Claußen (r.)

Foto: Albin Hillert/WCC

Kleingruppen im Plenum

Baptistische Delegierte – zweite v.l. Prädisentin des ÖRK für Nordamerika Angelique Walker-Smith (USA); dritte v.l. Vize-Moderatorin des Zentralkomitees Merlyn Hyde Riley (Jamaica)

Auf dem Weg zur Versöhnung

Frank Chikane, einer der Anführer der südafrikanischen Anti-Apartheid-Bewegung, stellte uns die aktuelle Lage in Südafrika dar und berichtete von seinem Kampf gegen die Benachteiligung schwarzer Afrikaner. Vierzig Jahre nach Entstehung des Kairos-Dokuments, das einst das Ende der Apartheid beschleunigte, ist die Situation im Land weiterhin schwierig. Den für mich eindrucksvollsten Vortrag hielt der anglikanische Theologe Michael Lapsley. Seit den 1970er-Jahren trat er in Südafrika als Pfarrer für Schulkinder ein, die von Folter, Inhaftierung und Ermordung bedroht waren. Selbst schwer von einem Briefbombenattentat gezeichnet, gründete er später eine inzwischen weltweit tätige Organisation, die sich für die „Heilung der Erinnerungen“ und die Versöhnung zwischen Konfliktparteien einsetzt. Lapsley ist ein lebendiges Zeugnis dafür, dass Hass und Gewalt nicht das letzte Wort haben.

Andachten, ein Gottesdienst und zwei Erinnerungsorte

Neben den Arbeitsgruppen und Plenumssitzungen waren die geistlichen Impulse in den Morgen- und Abendandachten, die von verschiedenen Kirchen gestaltet wurden, prägend für die Tagung. Am Sonntag waren die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer zu Gottesdiensten in lokalen Gemeinden eingeladen. Mit einer kleinen Gruppe besuchte ich den bunt gemischten Gottesdienst einer Methodistengemeinde, in der wir herzlich empfangen wurden. Die Gemeinde engagiert sich für Obdachlose, Kinder und Jugendliche, unterhält ein Hospiz und versucht, den Menschen im Stadtteil mit dem Evangelium zu dienen.

Am Sonntagnachmittag folgte ein Besuch des Apartheidsmuseums und des als Erinnerungsort gestalteten Gefängniskomplexes, in dem einst Mahatma Gandhi und Nelson Mandela inhaftiert waren. Die Vergangenheit der Apartheid ist in Johannesburg noch sehr präsent.

Father Michael Lapsley

ÖRK-Besuchsgruppe in der Alberton Methodist Church

Gefängnismuseum

Israel und Palästina

Unter den vielen Themen der Tagung wurde der kriegerische Konflikt in Palästina und Israel mit viel Engagement diskutiert. Die tiefe Betroffenheit über das Leid der Menschen auf allen Seiten war deutlich spürbar. Besonders ergreifend wurde die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen mit zehntausenden Toten wahrgenommen. Mit welchen Worten sollte der ÖRK zu einem Ende der Gewalt und zu einem gerechten Frieden aufrufen? Wären Begriffe wie „Apartheid” oder „Völkermord” geeignet, das sprachlose Entsetzen zu durchbrechen? Darüber haben wir in diesen sieben Tagen in Johannesburg viel gesprochen. Als Nicht-Mitglied im Zentralausschuss hatte ich zwar kein Stimmrecht. Ich habe jedoch die Gelegenheit genutzt, in einer ganzen Reihe von Gesprächen Akzente zu setzen. Natürlich darf das Existenzrecht Israels nicht bedroht werden. Das muss klar und deutlich gesagt werden. Aber klar ist auch: Der Krieg und die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen müssen schnellstmöglich beendet werden, um das Leben der Menschen zu retten. Über beides herrschte jenseits mancher Diskussion über die Wortwahl der Resolutionen große Einigkeit. (Lesen Sie hier eine Stellungnahme des BEFG zur ÖRK-Erklärung.)

Blick in die Zukunft

Durch unsere Mitgliedschaft im ÖRK haben wir jetzt die Chance, gemeinsam mit anderen Christinnen und Christen weltweit für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einzutreten und das Evangelium zur Sprache zu bringen. Die nächste große Zusammenkunft des ÖRK wird die „Konferenz für Weltmission und Evangelisation“ im Jahr 2028 sein. Auch dabei sollten wir uns aktiv einbringen und teilnehmen.

Ein Artikel von Prof. Dr. Carsten Claußen