Liebe Leserin, lieber Leser,

„Corona macht einen wahnsinnig“, so hörte ich es heute Morgen aus dem Radio – und es trifft ziemlich genau meine Gefühlslage. „Corona ist ein Arschloch.“ So hat es Mitte November ein an Corona Erkrankter in einem Gespräch mit unserem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gesagt. Und jeder, der ihn von seiner Corona-Erkrankung erzählen gehört hat, kann ihm diese drastische Wortwahl nicht verübeln. Er bringt auf den Punkt, was viele gerade empfinden. Corona ist eine Belastung nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für unser gesellschaftliches, zwischenmenschliches Miteinander.

Der Teil-Lockdown in Deutschland geht also in die Verlängerung. In vielen Restaurants und Hotelbetrieben bleibt es dunkel. Es wird kaum stimmungsvollen Lichterglanz auf Weihnachtsmärkten geben, der sonst zu der so besonderen Atmosphäre in der Advents- und Weihnachtszeit beiträgt. Die Kirchen und Gemeinden müssen die Christvespern und Weihnachtsgottesdienste im Lock-down-Modus gestalten. Viele planen Freiluftgottesdienste oder haben sich ausgeklügelte Lüftungskonzepte überlegt. Aber die stimmungsvolle Atmosphäre ist irgendwie kaum noch zu retten. Wie auch, wenn man die Kerzen nur auf Abstand und kontaktbeschränkt mit nur wenigen Leuten entzünden darf?

Mir geht in diesen Tagen immer wieder dieses Lied aus meiner Jugendzeit durch den Kopf. Heinrich Christian Rust hat 1987 die Melodie und den Text geschrieben:

Licht bricht durch in die Dunkelheit, bahnt den Weg in die Ewigkeit, Leben strömt auch in unsre Zeit: Jesus Christus ist da!
Wir fragen nach dem Ziel und Sinn, wir suchen einen Neubeginn. Wer kennt die Richtung, wer das Ziel? Wer macht Wege klar?


Jesus Christus ist da. Diese Aussage steht im Zentrum des Kanons. Und das gilt auch angesichts einer Advents- und Weihnachtszeit unter Pandemie-Bedingungen. Es bricht ein Licht durch in die Dunkelheit: Inmitten aller Fragen und Unsicherheiten, durch die Türen der Krankenzimmer und Hospize, in die Probleme der Familien mit kleinen Kindern und der Alleinerziehenden, in die wirtschaftlichen Nöte der Künstler und Soloselbständigen, in die Einsamkeit alleinlebender Menschen und in die Überforderung vieler sogenannter „systemrelevanter“ Berufe. Es bricht ein Licht durch in die Dunkelheit. Ganz unabhängig von Corona.

Auch damals bei der Geburt Jesu war es ja keine unbeschwerte Zeit. Eine Geburt im Stall ist nicht unbeschwert, genauso wenig wie die damaligen politischen und wirtschaftlichen Umstände. Nein, besser als uns heute ging es den Menschen damals sicher nicht. Wer hat uns eigentlich diesen Floh der Besinnlichkeit in der Weihnachtszeit ins Ohr gesetzt?

Licht bricht durch in die Dunkelheit. Jesus Christus ist da in unserem Fragen, in unserem Suchen, in dem Lockdown wie auch danach, wenn vielleicht ein Impfstoff unser gewohntes Leben wieder möglich werden lässt. Das ist die Mitte von Advent und Weihnachten. „Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind“, prophezeit Jesaja (8,23). Und er behält Recht. „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude.“ (9,1-2)

Ich wünsche uns in unseren Gemeinden und in unserer Gesellschaft, dass es uns in den nächsten Wochen gelingt, dieses Licht in der Dunkelheit zu sehen, die Freude der Weihnachtszeit zu empfinden – und unser eigenes Licht leuchten zu lassen. So kann es heller werden.

Nicht ganz einfach unter diesen Umständen. Aber so ist es in der Weihnachtswelt: Licht bricht durch in die Dunkelheit, bahnt den Weg in die Ewigkeit, Leben strömt auch in unsre Zeit: Jesus Christus ist da!

Christoph Stiba
Generalsekretär