Glaube, Liebe und Hoffnung der Angst entgegensetzen

„VEF im Gespräch“ online zum Thema Verschwörungstheorien

Verschwörungstheorien stellen eine große Gefahr dar, und grundsätzlich ist jeder Mensch für solches Denken empfänglich. Weil sich deshalb auch Christinnen und Christen damit befassen sollten, hatte die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) am 1. September zum Gespräch eingeladen. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren online viel über einen guten Umgang mit haltlosen Thesen und deren Vertreterinnen und Vertretern. Dabei wurde hervorgehoben, wie sehr ein hoffnungsvoller Glaube gerade in Veränderungszeiten die Grundlage für ein konstruktives Engagement bildet.

„Eine kleine mächtige Gruppe verschwört sich und tut etwas zum Schaden vieler Menschen.“ Dieses Schema sei der Kern aller Verschwörungstheorien. Da es sich bei Verschwörungstheorien meist nicht um wissenschaftlich prüfbare Annahmen, also Theorien, handelt, bevorzuge die Wissenschaft die Begriffe Verschwörungsmythos oder -ideologie, so Oriana Marie Krüger in ihrem Vortrag, der im Zentrum des Treffens stand. Die Studentin der Politikwissenschaft und Antisemitismusforschung, die zudem im Büro des VEF-Beauftragten am Sitz der Bundesregierung, Konstantin von Abendroth, arbeitet, hob die Gefährlichkeit von Verschwörungsmythen hervor. Diese führten oft zu einer Radikalisierung und förderten Gewaltbereitschaft. Zudem hätten sie das Potenzial, die Gesundheit zu gefährden, was sie am Beispiel der Leugnung der Wirksamkeit der Corona-Impfung deutlich machte. Krüger zeigte anhand zahlreicher Beispiele auf, dass Verschwörungsmythen und Antisemitismus eine parallele Struktur aufwiesen und dass Verschwörungsanhänger oft auch antisemitische Narrative bedienten. Auch in christlichen Kreisen sei Verschwörungsdenken immer wieder zu finden, wofür Oriana Marie Krüger die sogenannten „Christen im Widerstand“ als Beispiel nannte. Um selbst nicht auf solche Mythen reinzufallen, sei es wichtig, Fakten gründlich zu überprüfen. Für den Umgang mit Verschwörungsanhängern riet sie: „Es ist wichtig, Empathie zu zeigen, sich von menschenfeindlichen Aussagen aber zu distanzieren. Wo man Entwicklungen selbst ähnlich kritisch sieht, kann man das einräumen, dann aber deutlich machen, dass man andere Schlüsse daraus zieht. Zudem hilft es, immer wieder kritische Fragen zu stellen.“

In der anschließenden Diskussion erörterte Konstantin von Abendroth, der den Abend moderierte, worauf Gemeindeleitungen achten sollten, wenn einzelne Mitglieder Verschwörungsmythen verbreiten: „Die Rolle aller Beteiligten und ihre Anliegen müssen zunächst analysiert werden. Dann gilt es zu fragen, welche Wirkung die Person mit ihren Thesen hat.“ Grundlage sei: Distanzierung von verschwörungstheoretischen Aussagen und zugleich, wenn möglich, der Erhalt von Beziehungen.

Ein Teilnehmer betonte im Chat, Gemeinden sollten ein „Die-Wir-Denken“ und streng dualistische Aussagen vermeiden und stattdessen auf Diskurs mit anderen gesellschaftlichen Akteuren setzen. Krüger bestätigte auf Nachfrage eines Teilnehmers die Nähe zwischen Verschwörungsmythen und Sekten und hob hervor: „Es gibt viele Aussteiger aus Verschwörungstheorien.“ Überhaupt gehe das Verschwörungsdenken in Bezug auf Corona schon wieder zurück. „Manche Gruppen, die sich in Opposition zu den Pandemie-Maßnahmen gegründet haben, spalten sich jetzt wieder.“

Konstantin von Abendroth hob hervor, dass gerade Christinnen und Christen etwas haben, das dem von Opfer-Mentalität, Argwohn und Feindlichkeit geprägten Verschwörungsdenken diametral entgegenstehe: „Wir stehen für die Botschaft von Glaube, Liebe und Hoffnung, mit der wir uns konstruktiv einbringen und unsere Gesellschaft mitgestalten können – auch angesichts der anstehenden Richtungsentscheidung der Bundestagswahl.“

Ein Artikel von Dr. Michael Gruber