Religionsfreiheit zentrales Menschenrecht

Vortrag Professor Dr. Heiner Bielefeldt

Kirchengemeinden in Deutschland werden immer internationaler und bunter, auch weil Menschen in die Bundesrepublik fliehen, die in ihrer Heimat für ihre Religion verfolgt werden. Wie zentral die Religionsfreiheit für die Menschenrechte ist, hob Heiner Bielefeldt in seinem Vortrag „Religionsfreiheit als säkulares Menschenrecht: Chance und Herausforderung für die christlichen Kirchen“ auf dem Bundesrat hervor. Der Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg und UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit ermutigte die Gemeinden, sich für Religionsfreiheit weltweit einzusetzen: mit Gebet, Solidarität und strategischem Engagement.

 „Solidarität, die sich auch im Gebet ausdrückt, ist am wichtigsten. Die größte Angst der Opfer ist es, vergessen zu werden“, sagte Bielefeldt. Er würdigte Religionsfreiheit als baptistisches Erbe. Baptisten hätten religiöse Verfolgung  am eigenen Leib erfahren. Das habe auch ihre theologischen Überzeugungen geprägt, sagte der katholische Theologe, Philosoph und Historiker.

Religionsfreiheit sei in vielen Ländern in Gefahr, weil sie eine „Provokation“ sei: für totalitäre Regime,  für die Absolutheitsansprüche von Religionen und für die säkulare Gesellschaft. Kommunistische Staaten unterdrückten Religion, weil sie Menschen außerhalb von staatlichem Zugriff zusammenführe. „Alle autoritären Systeme haben Angst vor freier Kommunikation“, erklärte Bielefeldt. In Ländern mit einer Staatsreligion würden andere Religionen häufig dämonisiert. Die schwersten Verletzungen der Religionsfreiheit fänden im Nahen Osten statt. Der „Islamische Staat“ versuche gar, die gesamte Vergangenheit anderer Religionen auszulöschen.

Doch auch in Deutschland sieht Bielefeldt die Religionsfreiheit gefährdet. Zwar sei sie durch die Verfassung und eine hochentwickelte Rechtskultur gut geschützt. Doch erodiere die gesellschaftliche Basis dieses Rechts zunehmend. Religionsfeindliche Stimmen  würden immer  verächtlicher. In einigen freiheitlichen Ländern schwinde das Verständnis dafür, wie wichtig Religionsfreiheit als  Menschenrecht sei. „Dabei ist sie Grundlage des säkularen Staates“, betonte Bielefeldt.

Bielefeldt forderte Kirchengemeinden auf, sich auch strategisch zu engagieren. Die Europäische Union habe seit zwei Jahren Leitlinien, die Religionsfreiheit als ein Kriterium für die Außenbeziehungen festlegen. Kirchen könnten Druck ausüben auf europäische Botschaften und Konsulate, sich für religiös Verfolgte vor Ort einzusetzen. Es sei legitim, sich vor allem für Angehörige der eigenen Religion zu engagieren. In seiner Arbeit als UN-Sonderberichterstatter ermutige es ihn aber besonders, wenn sich Menschen für die Religionsfreiheit Andersgläubiger einsetzten: „Diese ‚cross overs‘ zeigen, dass die Religionsfreiheit ein Recht ist, bei dem ganz unterschiedliche Menschen gemeinsame Aktionsfelder entdecken können.“

Das Video zum Vortrag finden Sie unter bunte-gemeinde.net.

Ein Artikel von Jenny Jörgensen