„Dynamic Gospel – New Europe“

Als Delegierter des BEFG beim Online-Kongress der Lausanner Bewegung im November 2021

Eigentlich hätte der Kongress schon im Herbst 2020 als Präsenzveranstaltung im polnischen Wisła stattfinden sollen. Dann wurde alles um ein Jahr verschoben. Am Ende fand der Kongress auf einer digitalen Konferenzplattform statt, die plenaren Teile wurden aus der Lighthouse Church im britischen Southampton gesendet.

Insofern war die Veranstaltung zunächst ziemlich typisch für alles, was wir aus diesen Covid-Jahren kennen. Eben noch eine Video-Konferenz. Und ich gestehe, entsprechend verhalten waren auch meine Erwartungen.

Die vorgeschalteten Gebets- und Einstimmungstreffen besuchte ich hin und wieder, an den ebenfalls angeregten Impact-Groups konnte ich mich aus terminlichen Gründen nicht beteiligen.

Mit der Auftaktveranstaltung wich die Skepsis einer steigenden Aufmerksamkeit. „Wie das dynamische Evangelium Europa erreichte“ war die thematische Klammer für verschiedene kurzweilige Impulse, die nicht nur angewandte europäische Kirchengeschichte waren, sondern auch die Bedeutung Europas für die Verbreitung des Evangeliums in der Welt beleuchten. Einschließlich einer kritischen Reflexion der bisweilen unheiligen Allianz von Kolonialismus und christlicher Mission.

Am zweiten Tag der Konferenz standen die aktuellen Entwicklungen für Europa im Zentrum der Betrachtung. Ausgangspunkt war der „Missionsreport“ von Jim Memory, der in Nationalismus, Finanzen, Migration, Klimawandel und Digitale Desinformation die fünf größten Herausforderungen für die europäische Gesellschaft sieht, eine starke Säkularisierung Europas konstatiert und Einflussfaktoren beschreibt, wie eine Re-Evangelisation Europas eine positive Wirkung auf ein verunsichertes Europa haben könnte.

Ermutigende Beispiele für konfessionsübergreifende Ansätze für die Gründung neuer Gemeinden kamen aus Skandinavien. Dort ist es im Rahmen eines nationalen Prozesses „normal“ geworden, in Fragen der Gemeindegründung nicht mehr in einem Silodenken von Denominationen und Konfessionen festzustecken, sondern als Kirchen gemeinsam aktiv zu werden, um Zukunft von Gemeinde real werden zu lassen.

Kleiner gewordene Gemeinden ermutigte Charles Kridiotis im Seminar „Simple church“ dazu, die Kompliziertheit des Gemeindelebens zu reduzieren und wesentliches in den Blick zu nehmen. Die meiste Energie allein in einen Gottesdienst für Insider zu investieren, würde dem Wesen der Gemeinde nicht gerecht. Vielmehr sollte ein wesentlicher Teil der Aktivität in Jüngerschaftsschulung  und dessen Anwendung gehen.

Milieusensible Formen von Kirche vor allem im urbanen Umfeld kamen im Seminar „Moving in as a mission“ zur Sprache. Dabei geht es um das intentionale Hinziehen in bestimmte Wohnbezirke, um als Nachbar selbst zur guten Botschaft zu werden.

Der dritte Konferenztag stand unter dem Vorzeichen des bewussten Gestaltens der Zukunft. Im Morgenplenum ging es um die Bedeutung und Chance von Diversität. „Auf die unterdrückten und marginalisierten Stimmen zu hören“ sei nicht nur „angesagt“, sondern auch nachweislich der Schlüssel zu einem ganzheitlichen Verständnis des Evangeliums in dieser Welt. In der (immer noch unzureichenden) Gleichberechtigung von Frauen oder im  Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus liegt nicht nur eine gewaltige Aufgabe, sondern auch ein unglaubliches Potenzial zur Weiterentwicklung.

Unter den Seminaren reizte mich (selbstredend) das Thema „Revitalisierung“ am meisten. Hier war es wertvoll, die Ansätze aus anderen Kirchen und Ländern kennen zu lernen und zugleich zu  merken, dass wir mit unserem  Projekt:Revitalisierung im BEFG auf vielversprechenden Weg und konzeptionell auf hohem Niveau unterwegs sind.

Emotionales Highlight des ganzen Kongresses war für mich der Abendabschluss mit der mitreißenden Predigt von Kate Coleman, dem umwerfenden 1-Person-Theater von Jenny Flannagan über die Sara-Verheißung und die anschließende Ermutigung von Raphaël Anzenberger, der das Lachen der Sara mit unserer Sicht auf die Wirkung des Evangeliums auf unsere säkularisierte Welt verknüpfte. Ja die ganze Tiefe dieses sehnsuchtsvollen und doch auch ungläubigen, des nicht für möglich haltenden und doch erwartungsvollen Lachens ist mir ins Mark gefahren. Und gerne teile ich die Erfahrung der „schwangeren Sara“, zu erleben, wie das scheinbar Unmögliche durch Gottes Kraft Realität wird.

Der vierte Tag schloss die Klammer zum Einstieg am Mittwoch mit dem Schlussvortrag „Aus der Vergangenheit lernen, der Zukunft begegnen“ und dem Sendungsgottesdienst mit der leidenschaftlichen Abschlusspredigt von Luke Greenwood, der darum warb, die Sehnsüchte und Bedürfnisse vor allem junger Menschen ernst zu nehmen und ihnen mit dem Evangelium eine tragfähige Orientierung in ihren Lebensfragen zu geben.

Fazit: Die durchaus schwierige Herausforderung, in äußerlich und innerlich sehr bewegten Wochen den Raum für einen Online-Kongress frei zu halten und mich einzulassen auf diesen Impuls einer gemeinsamen Sendung, hat sich mehr als gelohnt. Ich bin sehr ermutigt für die schon laufenden Aufgaben. Zudem bin ich herausgefordert, neu Gelerntes auf den verschiedenen Ebenen meiner Arbeit einzubringen und die Vision neu zu justieren.

Ein Artikel von Christopher Rinke