Mit Geist und Mut

Viele Baptisten unter den 300.000 Teilnehmern bei der Allianzgebetswoche

300.000 Christen aus Landes- und Freikirchen trafen sich im Januar an 1.100 Orten in Deutschland zur Gebetswoche der Evangelischen Allianz. An vielen Orten fanden die Treffen außerhalb kirchlicher Räume statt, etwa in Rathäusern, auf Marktplätzen, in Bussen, Straßenbahnen und bei Gebetsspaziergängen. Die Woche stand unter dem Motto „Mit Geist und Mut“.  Nach den Worten des Allianzvorsitzenden, Präses Michael Diener (Kassel), wurde das Thema dankbar angenommen. Zunehmend beteiligten sich auch katholische Christen. Die Gebetsformen würden kreativer. Diener sprach zum Abschluss in der mit rund 500 Besuchern vollbesetzten Friedenskirche der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Lübeck. Wie er sagte, übernehmen Christen entgegen dem Zeitgeist des Individualismus Verantwortung für andere, sind achtsam und ermutigen sich zum Glauben. Laut Diener könnten Christen erlöster aussehen und leben, „weil wir erlöst sind und Perspektive haben“.

Einer der am besten besuchten Abschlussgottesdienste fand im Bremer Dom mit rund 750 Besuchern statt. Dabei vertrat der Vorstandsvorsitzende von ERF Medien, Jürgen Werth (Wetzlar), die Ansicht, dass die Welt heute nichts mehr als Geist und Mut brauche. Er verwies auf den Stoßseufzer „Herr, schmeiß Hirn vom Himmel“. Mobil waren Christen in Lüdenscheid: Rund 40 Personen trafen sich zu einer Gebetstour in einem Gelenkbus. Sie steuerten vier Stationen an: Klinikum, Kreishaus, eine Gesamtschule und ein Altenheim. In Bergneustadt (Oberbergischer Kreis) trafen sich rund 200 Bürger in der Feuerwache, um für die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Technischem Hilfswerk zu beten. Auf starke Resonanz stieß ein Jugendgebetsabend in Wuppertal. Die mehr als 350 Teilnehmer konnten verschiedene Gebetsstationen besuchen. Sie hatten etwa die Möglichkeit, Sünden auf einen Zettel zu schreiben und als Zeichen der Vergebung in Wasser zu versenken. In Nürnberg endete die Gebetswoche mit einer Kundgebung für verfolgte Christen. In Bonn hatte die Evangelische Allianz eine Gebetskette organisiert, in der Christen rund um die Uhr Tag und Nacht in der Freien evangelischen Gemeinde zum Gebet zusammenkamen. In Frankfurt am Main nahmen rund 160 Personen an einem Fürbittegottesdienst im Römer teil.

Auch einige Präsidiumsmitglieder und Mitarbeiter auf dem baptistischen Campus in Elstal beteiligten sich bei verschiedenen Gebetstreffen:

So hielt der Rektor des Theologischen Seminars Elstal (FH), Prof. Dr. Volker Spangenberg, die Abschlusspredigt im ostwestfälischen Herford. Das hatte der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Herford/Hiddenhausen, der Baptistenpastor Dirk Zimmer, organisiert. Wie er der GEMEINDE sagte, habe er konkrete Gebetsanliegen in den Institutionen der Stadt unter dem Motto „Beten für Herford“ gesammelt. Landrat und Bürgermeister hätten Anliegen beigesteuert wie auch Polizei, Feuerwehr, der Seelsorger der Jugend-Justizvollzugsanstalt, die Hochschule für Kirchenmusik, die Notfallseelsorge, die Hospizbewegung, ein Altenheim, der Sozialberatungsdienst, sowie eine Frauenberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel. Die Anliegen habe er in einem 8-seitigen Heft unter den Betern verbreitet.

In Backnang bildete die Allianzgebetswoche den Auftakt für eine Zeltkirche im Juli, wie das Präsidiumsmitglied  Renate Girlich-Bubeck mitteilte. 150 Christen aus Allianz und ACK (einschließlich der katholischen Kirche) hätten sich für diese Möglichkeit des gemeinsamen Zeugnisses begeistern lassen. In versöhnter Verschiedenartigkeit wolle man zur Versöhnung und zum Leben mit Christus einladen. „Persönlich ist mir genau dies ein Anliegen“, so Renate Girlich-Bubeck.

Präsidiumsmitglied Michael Lefherz, Pastor in Potsdam, war bei der Gestaltung des zentralen Eröffnungsgottesdienstes in der St. Nikolaikirche beteiligt. Prof. Dr. Michael Rohde (Elstal) hielt dort eine „begeisternde“ und „ermutigende“ Predigt, in der er am Beispiel der Kundschafter von Jericho zeigte, wie schon in alttestamentlicher Zeit Gottvertrauen und Mut mit Pessimismus und negativem Gerede zu kämpfen hatten. Die Gebetswoche wird in Potsdam als Ökumenische Gebetswoche von der ACK verantwortet. Lefherz selbst predigte in der pfingstkirchlichen Nehemiagemeinde. Er regte an, ganz bewusst für Menschen zu beten, denen gegenüber man Bitterkeit spürt und von denen man sich unfair behandelt fühlt.

Keine Allianzgebetstreffen gab es in Norderstedt, wie Präsidiumsmitglied Veit Praetorius berichtete. Stattdessen hätten die drei Freikirchen der Stadt einen gemeinsamen Gottesdienst gefeiert. Allerdings gebe es in der Stadt aber viermal im Jahr Gebetstreffen der drei Freikirchen an öffentlichen Plätzen: am Rathaus, an einer Schule, in einem sozialen Brennpunkt und an einem Industriestandort.

Präsidiumsmitglied Andrea Kallweit-Bensel (Siegen) hat gemeinsam mit ihrem Ehemann, Pastor Dr. Klaus Bensel, den Allianz-Gebetsabend im Siegener Ortsteil Dreis-Tiefenbach gestaltet. Ihr Mann habe gepredigt, sie habe die Lieder auf dem Klavier begleitet und aus der Arbeit vom Forum Wiedenest berichtet, wo sie beruflich tätig ist. „Gemeinsames Gebet zu Beginn des Jahres, nicht nur in der eigenen Gemeinde und für die eigenen Anliegen, sondern mit einem weiteren Horizont, öffnen den Blick und sind einfach wichtig“, sagte sie der GEMEINDE. Sie wünsche sich für „die Allianzgebetswoche einen neuen Schwung, auch Veränderung in der Gestaltung, damit das gemeinsame Gebet für alle Generationen eine wichtige Erfahrung wird.“

Eine besondere Attraktion war die mobile Eventkirche des Landesverbandes Niedersachsen/Ostwestfalen/Sachen-Anhalt (NOSA) in Hannover. Innerhalb von 32 Minuten wurde sie am Samstag in der Innenstadt auf dem Platz der Weltausstellung aufgebaut. Die Kirche mit ihrem sechs Meter hohen Turm half dabei, dass die 75 Mitarbeiter aus fünf Gemeinden wirklich bemerkt wurde, wie Jan-Peter Graap von der Freien evangelischen Gemeinde Hannover-Bothfeld beobachtete. Einige Passanten hätten direkt bei der Eventkirche für sich beten lassen. Andere hätten sich hineingesetzt, um im Einkaufstrubel zur Ruhe zu kommen. Graap: „Dort gibt es steinerne Herzen, die man ablegen kann, wenn einen etwas belastet. Bei Kerzenschein schreiben Menschen einen Brief an Gott oder heften ihre Klage an eine Mauer.“

Ein Artikel von Klaus Rösler (DIE GEMEINDE)