Neue Perspektiven auf die Taufe
Eine gemeinsame Tagung von VEF und EKD
Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) trafen sich vom 6. bis 7. März in der Theologischen Hochschule Reutlingen zum Erfahrungsaustausch über die Taufe. Dabei wurden bei dem bisher trennenden Thema der Taufe Impulse zur Versöhnung gesetzt.
„Es ist eine Tagung von einer gewissen kirchengeschichtlichen Dimension“, begrüßte Roland Gebauer, der Rektor der Theologischen Hochschule Reutlingen, die Vertreterinnen und Vertreter der VEF und der EKD. Sie versammelten sich unter dem Thema „Neue Perspektiven auf die Taufe“ zu Begegnung und Erfahrungsaustausch. Die Tagung sollte laut der Ausschreibung dazu beitragen, „neue Zugänge zur Taufe und dadurch auch neue Zugänge zueinander“ zu erschließen. Denn „über lange Zeit hinweg haben Freikirchen und Landeskirchen beim Thema Taufe einen Schwerpunkt auf die Differenzen im Lehrverständnis gelegt und an der Taufe grundlegende Unterschiede ihres Glaubens- und Kirchenverständnisses festgemacht.“ Daraus ergab sich für die Tagung die Frage, inwieweit ein nicht exklusives Verständnis der eigenen Taufpraxis möglich ist.
Die Tagung startete mit einem Impuls zur Versöhnung von Bischöfin Petra Bosse-Huber, der Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit der EKD: „Wir wissen um die Diskriminierungen, die unsere freikirchlichen Geschwister erlitten haben.“ Und sie fügte hinzu: „Um zur Heilung zu gelangen, muss vielmehr heute unbedingt auf beiden Seiten der kritische Blick auf uns selbst hinzukommen.“ Um des gemeinsamen Zeugnisses zu Jesus Christus willen sei es wichtig, „darauf zu achten, dass unsere Selbstverständnisse sich nicht länger aus der Abgrenzung gegen das negativ gezeichnete Bild des Anderen speisen.“
„Die Absicht dieser Tagung liegt nicht darin, ein Lehrgespräch über die Taufe zu führen, sondern die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verstehen auf einer pragmatischen Ebene voranzubringen“, so Pastor Christoph Stiba, Präsident der VEF, in seinem Impuls zur Versöhnung. Auch er hob eigene konfessionelle Verletzungen und die „schmerzhafte Selbsterkenntnis“ hervor, „wo wir selbstgerecht und überheblich, also nicht dem Geist Gottes gemäß in Vergangenheit und Gegenwart über den Glauben und die Frömmigkeit unserer landeskirchlichen Geschwister geurteilt haben und urteilen.“ Es müsse um ein „Zeichen der versöhnenden Kraft des Evangeliums“ gehen. „Denn damit steht und fällt die Glaubwürdigkeit der christlichen Kirchen und ihrer Botschaft in unserer Gesellschaft.“
VEF-Präsident Stiba wies darauf hin, dass es in den Freikirchen der VEF ein Miteinander unterschiedlicher Taufverständnisse gibt: Während die Heilsarmee auf die Taufe verzichtet, unterscheidet die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) zwischen säuglingsgetauften und sogenannten bekennenden Mitgliedern, die entweder mündig getauft wurden oder sich nach der Säuglingstaufe bewusst zu ihrem Glauben bekannt haben. Auch Baptisten, Pfingstler und Angehörige der Landeskirche teilten ihre zum Teil sehr persönlichen Erfahrungen mit der Taufe.
So zeigten die Erfahrungsberichte, dass sich die einzelnen Bilder des Christwerdens unterscheiden: Wie und wodurch gewinnt das Christwerden – die sogenannte christliche Initiation – seine volle Gestalt? Einig waren sich die Teilnehmenden, dass die persönliche Antwort eines Täuflings auf den Ruf Christi in die Nachfolge und somit in Verantwortung, den Initiationsprozess abschließt. Denn „auch für die Landeskirchen gehört das Bekenntnis zum Initiationsprozess und muss persönlich im Glauben adaptiert werden“, sagte Pfarrer Dr. Jörg Bickelhaupt, Referent für interkonfessionellen Dialog im Zentrum Ökumene. Jede und jeder müsse persönlich antworten. Doch wie starr ist dieser Zusammenhang von bekennendem Glauben und Taufe zeitlich und in seiner Abfolge festgelegt? Kann Taufe auch als ein lebenslanger Prozess verstanden werden? Darüber diskutierten die Teilnehmenden kontrovers.
Wenn VEF und EKD ökumenisch Schritte aufeinander zugehen wollen, müssen beide Seiten „eine Kröte schlucken“. Denn die Rückfragen und Diskussionen verdeutlichten, dass es denkbar schwierig ist, dass die VEF-Kirchen die Säuglingstaufe als eine gültige Form der Taufe anerkennen und dass die EKD und EmK die „Wiedertaufe“ nicht kategorisch ablehnen. Miteinander Taufe erleben – Wie geht das? Es wurden dazu einige Modelle vorgestellt, wie Taufe ohne Lehrkonsens denkbar sein könnte. Wer Interesse an der Tagung hat, kann die einzelnen Beiträge und Modelle in einer Veröffentlichung in der Reihe epd-Dokumentation nachlesen. VEF-Präsident Christoph Stiba resümierte beim Abschlusspodium: „Diese Tagung ist ein absichtsvolles Zeichen des Miteinanders zwischen der EKD und den in der VEF zusammengeschlossenen protestantischen Kirchen.“
Ein Artikel von Jasmin Jäger