„Wir schätzen die Vielfalt der Generationen und Kulturen!“

Bericht über die „Offene Präsidiumssitzung“ des BEFG

Glaube, Bildung, Diakonie, Evangelisation, Weltverantwortung – dafür steht der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland mit seinen 83.000 Mitgliedern. In den 814 Gemeinden vor Ort spielen diese Themen eine ebenso große Rolle wie auf Bundesebene. Viele Haupt- und Ehrenamtliche, die überregional für die inhaltliche Arbeit verantwortlich sind, treffen sich einmal im Jahr in Elstal zu einer „Offenen Präsidiumssitzung“ mit dem Leitungsgremium des BEFG. Am 10. und 11. Februar 2012 war es wieder soweit. Über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen: Referenten des Bundes, Dozierende des Theologischen Seminars Elstal (ThS), die Mitglieder des Präsidiums und der Bundesgeschäftsführung und Verantwortliche aus den Landesverbänden sowie der Senioren-, Jugend-, Männer- und Frauenarbeit. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage nach dem Zusammengehörigkeitsgefühl im Gemeindebund. 

Um diese Frage zu beantworten, wurde unter anderem in Kleingruppen darüber diskutiert, was den BEFG besonders auszeichnet. Bei der anschließenden Aussprache im Plenum stieß der Bericht der Arbeitsgruppe „Generationenübergreifende Gemeinde“ auf ein besonderes Echo. Die Anwesenden formulierten gemeinsam ein besonderes Merkmal des BEFG, das sie in einem einstimmigen Votum als besonders wichtig bezeichneten: „Wir schätzen die Vielfalt der Generationen und Kulturen in den Gemeinden. Die Begegnung unterschiedlicher Generationen bereichert nicht nur jeden Einzelnen, sondern ist auch traditionell ein besonderes Kennzeichen vieler Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. Dass Menschen unterschiedlicher Kulturen einander begegnen, entwickelt sich gerade in vielen Gemeinden und wird vermutlich in Zukunft eine immer größere Rolle spielen.“ Eine solche Vielfalt in der Gemeinde entspreche dem biblischen Vorbild, betonte Martin Rothkegel, Professor für Kirchengeschichte am ThS, der sich gegen das Konzept reiner Zielgruppengemeinden aussprach: „Das Neue Testament beschreibt Missionsgemeinden, in denen ganz unterschiedliche Personen integriert wurden und die grundsätzlich für jedermann offen waren, weil die Verkündigung des Evangeliums sich an alle Menschen ohne Unterschied von Alter, Nationalität und sozialem Stand richtet.“

Die unterschiedlichen Generationen in der Gemeinde sollen dabei nicht nur nebeneinander existieren, sondern auch angeleitet werden, einander auf Augenhöhe zu begegnen und miteinander Gemeinde zu gestalten, sagte Veit Praetorius aus dem Präsidium. Sein Kollege Frank Fornaçon wies auf die Notwendigkeit hin, dass Gemeinde „nicht nur die aktiven Alten im Blick haben darf, sondern auch beispielsweise demente Menschen, die zum Gemeindeleben nichts mehr beitragen können.“ In der Diskussion wurde auch deutlich, dass die Forderung nach generationenübergreifender Arbeit Gemeinden mit einheitlicher Altersstruktur nicht unter Druck setzen darf: „Man muss nicht unbedingt generationenübergreifend sein, solange man generationenübergreifend denkt und sich nicht bewusst abschottet“, fasste BEFG Präsident Hartmut Riemenschneider den Konsens zusammen.

Zuvor hatte Ralf Dziewas, Professor für Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie am ThS, in einem Vortrag über die Wandlungsfähigkeit eines kongregationalistisch strukturierten Bundes referiert. Als Identitätsmerkmale des BEFG beschrieb er die Spannung zwischen Freiheit und Freiwilligkeit sowie Einheit und Einmütigkeit. Diese Spannung zeige sich im Bund genau wie bei anderen   kongregationalistischen Freikirchen, in denen die Selbstständigkeit der einzelnen Ortsgemeinden besonders betont wird und gleichzeitig alle wesentlichen Beschlüsse einmütig getroffen werden sollen. Dziewas erläuterte anschaulich, wie mühsam der Prozess sein kann, wenn sehr selbständig Denkende immer wieder um gemeinsame Positionen ringen. Wo die Betonung von Freiheit dazu führt, dass unterschiedliche Meinungen erlaubt sind, und alle Beteiligten gleichzeitig Einheit anstreben, ist das Miteinander äußerst dynamisch: „Die permanente Konsensfindung im innergemeindlichen und innerkirchlichen Bereich ist kraftraubend und langwierig, sorgt aber dafür, dass immer wieder zukunftsfähige Lösungen am Ende mehrheitsfähig werden.“ So wurde deutlich, dass die Vielfalt und das gleichzeitige Bestreben, diese Unterschiede nie stärker als die Gemeinsamkeiten (nämlich den Glauben an Jesus Christus) zu betonen, gewissermaßen zur DNA, zum Erbgut, zur Identität des BEFG gehören.

Einen besonderen Stellenwert hat bei den Offenen Präsidiumssitzungen neben der intensiven thematischen Arbeit immer auch das gesellige Miteinander. So gab es auch in diesem Jahr ein festliches Abendessen und viele persönliche Begegnungen.

Ein Artikel von Dr. Michael Gruber