Zurück ins Leben
Konferenzabend „Vitale Gemeinde entwickeln“
Im BEFG gibt es – wie anderswo auch – Gemeinden, die ums Überleben kämpfen. Wie kann man ihnen neues Leben einhauchen? Der Freitagabend auf der Bundeskonferenz war dem Thema Revitalisierung gewidmet.
Kaum eine Gemeinde ist aus der Corona-Zeit unbeschadet hervorgegangen. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum es Gemeinden gibt, die schrumpfen und kaum mehr lebensfähig sind. Manche sind überaltert, pflegen nur wenig Kontakte in die Nachbarschaft und sind einfach nicht mehr relevant. Doch dagegen kann man etwas tun. Lösungsansätze und Mut machende Beispiele wurden an diesem von Joachim Gnep und Benno Braatz moderierten Abend präsentiert.
Zunächst nahm André Peter, Regionalreferent Nord im Dienstbereich, die Zuhörer und Zuhörerinnen anhand des letzten Kapitels im Johannesevangelium mit hinein in Gottes Perspektive. Dreimal stellt Jesus Petrus die Frage: Hast du mich lieb? Und dreimal bejaht Petrus, nachdem er ihn dreimal verleugnet hatte. So holt Jesus seinen Jünger zurück ins Leben – nach allem, was sie miteinander erlebt hatten. Mehr noch: Er fordert ihn auf, die von ihm gefangenen Fische aufs Feuer zu legen. Auf uns übertragen: Auch wir haben eine mitunter schwierige Geschichte und fragen uns: Sind wir als Gemeinde für unsere Stadt, unser Viertel noch relevant? Würde es jemand merken, wenn es uns von heute auf morgen nicht mehr gäbe? Jesus kennt diese Geschichte, er will uns zurück ins Leben holen – und er setzt das ein, was wir mitzubringen haben.
Ingeborg te Loo, die am Internationalen Baptistischen Theologischen Seminar (IBTS Centre) in Amsterdam unterrichtet, beschäftigt sich seit vierzehn Jahren mit dem Thema „Revitalisierung“. Dahinter steckt ein innerhalb der anglikanischen Kirche entwickeltes Konzept. Im Fokus stehen dabei die sieben Merkmale einer gesunden, vitalen Gemeinde, ohne die einfach keine gute Entwicklung möglich ist:
1. Wir beziehen Kraft und Orientierung aus dem Glauben an Christus.
2. Wir richten den Blick nach außen.
3. Wir finden heraus, was Gott heute will.
4. Wir wagen Neues und wollen wachsen.
5. Wir handeln als Gemeinschaft.
6. Wir schaffen Raum für alle.
7. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche.
Ingeborg te Loo berichtete von drei stagnierenden Gemeinden in den Niederlanden. Diese drei Gemeinden waren ganz unterschiedlich geprägt und litten auch unter ganz unterschiedlichen Problemen: Überalterung, keine Kontakte in das Viertel, in dem die Gemeinde ansässig war, negatives Selbstbild. Gemeinsam war diesen drei Gemeinden jedoch der Wunsch, sich auf Veränderung einzulassen. Am Anfang des Revitalisierungsprozesses steht eine genaue Analyse. Dann hieß es zum Beispiel: Wir machen zu viele Dinge, aber wir machen sie nicht gut. Oder: Wir haben keine klare Berufung und wissen nicht, was Gott von uns möchte. Ingeborg te Loo zeigte zum Schluss, wie die drei Gemeinden heute dastehen und welchen Weg sie gefunden haben. Sie betonte, dass nicht alle diese Wege glatt verlaufen müssen und auch Scheitern erlaubt sein muss.
Zum Schluss kamen drei Vertreter von BEFG-Gemeinden zu Wort, die von gelungenen Veränderungsprozessen berichteten. Almut und Bernd Siodlaczek aus Ober-Ramstadt im Rhein-Main-Gebiet erzählten von Neubau eines Gemeindezentrums – raus aus dem Hinterhof und dort hinein, wo Menschen leben und man Kontakt mit ihnen aufnehmen kann. Edwin Witt aus Varel berichtete von einer ungeplanten Vitalisierung: Geflüchtete aus dem Iran und anderen Ländern senkten den Altersdurchschnitt gewaltig. Und die Gemeinde ließ sich auf die Veränderung ein und gestaltete sie: Von den Liedern über die Predigt bis hin zum Gemeindebrief wurde vieles zweisprachig. Bei den vielen praktischen Arbeiten, die es zum Beispiel im Gemeindegarten zu erledigen gibt, arbeiteten alle Seite an Seite. Und schließlich teilt man Leben und feiert miteinander. Einen Einblick ins Schneeberger Gemeindeleben gab Michael Kuhn. Um 1990 erlebte die Gemeinde eine Krise. Unter ihrem neuen Pastor Michael Maas führte sie Veranstaltungen nach dem Vorbild von Willow Creek durch, bot Alphakurse an und verjüngte die Gemeindeleitung. Ganz wichtig war es für sie, auf prophetische Eindrücke zu hören und für Kranke zu beten, die dann Heilung erfuhren. Und auch hier spielte ein Neubau eine wesentliche Rolle.
Der gesamte Abend wurde nicht nur auf Video (auf YouTube anschauen) festgehalten. Justo Garcia Pulido aus Bonn setzte die Eindrücke im Lauf des Abends auch grafisch um. Beides, Video und das sogenannte „Graphic Recording“, kann man sich auf der Seite www.baptisten.de/revitalisierung noch einmal anschauen.
Ein Artikel von Wolfang Günter, Die Gemeinde