Foto: Bernhard Bührke

Glaube und Taufe

Das Leben unter der Gottesherrschaft

Dieser Abschnitt der Rechenschaft vom Glauben gilt mit der Taufe dem Herzstück baptistischen Selbstverständnisses. Immerhin heißen Baptisten (vom griechischen Wort baptizo) auf Deutsch Täufer. Dabei geht es nicht um die Taufe an sich – sie verbindet Baptisten mit fast allen anderen Christen – sondern um den besonderen Zusammenhang von Glauben und Taufe, wie dieser Abschnitt heißt.

Freilich gilt auch hier, dass das baptistische Verständnis der Taufe Teil einer konfessionell geschlossenen Gesamtinterpretation des Evangeliums ist. [1] Dieses Verständnis der Taufe teilen Baptisten mit der Täuferbewegung der Reformationszeit (vgl. das Täufergedenken im Jahr 2025) und mit anderen Gemeindebünden, die aus dieser Bewegung hervorgegangen sind, etwa den Mennoniten, aber auch mit anderen glaubenstaufenden Traditionen wie den Brüdergemeinden (Christusforum). Sie alle betonen, dass Glauben und Taufe ganz eng zusammengehören: Nur Menschen, die das Evangelium gehört, verstanden und angenommen haben, sollen auf ihren Glauben an Jesus Christus hin getauft werden. Diese Reihenfolge entspricht dem Neuen Testament: „Wer da glaubt und getauft wird …“ (Mk 16,16) oder „… die sein Wort annahmen, ließen sich taufen“ (Apg 2,41).

Der erste Absatz dieses Abschnitts fasst wesentliche neutestamentliche Aussagen zu Aneignung des in Jesus Christus geschenkten Heils zusammen. Die Initiative war, ist und bleibt bei Gott. Im Evangelium bietet er seine Gnade an – darauf antworten Menschen und müssen antworten! Gott wirkt Glauben, zugleich werden Menschen zum Glauben aufgerufen. Erst dann haben sie Anteil an Gottes Heilshandeln in Jesus Christus. Sie lassen sich Gottes Urteil gefallen, wenden sich ihm zu und vertrauen auf ihn. Gott beschenkt die Glaubenden mit seinem Heil. Genannt werden hier Vergebung und ewiges Leben. Im NT ist außerdem etwa von Versöhnung, Frieden mit Gott und Erlösung die Rede. Dieses Vertrauen hat Folgen: Christen wenden „sich von allem Bösen ab, bekennen fortan Jesus Christus als ihren Herrn und erklären sich bereit, als Glied der Gemeinde ein verbindliches Leben in der Nachfolge Jesu Christi zu führen“. Ich habe die Formulierungen der RvG in den Plural gesetzt, da es sich um ein kollektives Geschehen handelt … so sehr auch jeder einzelne Mensch aufgefordert ist, im Glaubensgehorsam auf das Evangelium zu antworten.

Der folgende Absatz erklärt, wie sich Glauben und Taufe zueinander verhalten. Die Taufe bezeugt, dass Menschen zum persönlichen Glauben gekommen sind, daher – sachlich richtig – nicht Erwachsenentaufe (das Alter ist nicht entscheidend), sondern Glaubenstaufe. Daher kommt die entsprechende Taufformel: „Aufgrund deines Glaubens an Jesus Christus taufe ich dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Nur Freiwillige werden getauft; wenn auch gut gemeint, soll in der Gemeinde niemand zur Taufe gedrängt werden.

Während das Abendmahl regelmäßig gefeiert wird, werden Menschen nur einmal getauft. Daher lehnen auch Baptisten eine Taufwiederholung im Sinne einer Wiedertaufe ab. Dennoch taufen sie Menschen, die als Säuglinge getauft wurden, weil sie in diesem Akt bestenfalls eine Segenshandlung und Willensbekundung der Eltern, Taufpaten und Gemeinde sehen, aber keine gültige Taufe im Sinn des Neuen Testaments. Daher sind Baptisten keine „Wiedertäufer“, wie man sie oft polemisch bezeichnet hat.

Viel wichtiger als Bezeichnungen ist die letzte Anmerkung: Taufe ist kein Schlusspunkt, sondern ein Doppelpunkt: Der Start in ein neues Leben unter der Herrschaft Gottes.

Der dritte Abschnitt umreißt, was in der Taufe geschieht. Sie ist Bestätigung: zum einen persönliche, leiblich erfahrbare Bestätigung des Zuspruchs des Evangeliums an die Täuflinge durch den Täufer und die anwesende Gemeinde und zum anderen Bekenntnis der zu taufenden Menschen. Treffend wird dieses Bekenntnis in der RvG zusammengefasst:

Jesus Christus ist auch für mich gestorben und auferstanden. Mein altes Leben unter der Herrschaft der Sünde ist begraben, durch Christus ist mir neues Leben geschenkt. Gott gibt mir Anteil an der Wirkung des Todes Jesu Christi. Er lässt auch die Kraft seiner Auferstehung an mir wirksam werden, schon jetzt durch die Gabe des Heiligen Geistes und einst durch die Auferweckung zum ewigen Leben.

Darum werden Taufwillige in der Regel zu einem Gespräch eingeladen und „geprüft“. Haben sie das Evangelium verstanden und angenommen? Haben sie noch Fragen? Oft werden sie zudem aufgefordert, vor ihrer Taufe ihren Glauben vor der Gemeinde zu bekennen, ein „Zeugnis“ zu geben. Wenn auch nicht unbedingt in diesen oder anderen geschliffenen Worten, sollten diese Inhalte und Erkenntnisse im persönlichen Bekenntnis vorkommen, sonst kann eine Glaubenstaufe zur Farce werden.

All dies geschieht in dem Wissen, dass Glaube wächst, sich verändern kann, sich im Alltag bewähren muss und angefochten ist – daher die Gemeinde als Gemeinschaft der Glaubenden. Viele Gemeinden stellen den Getauften Begleiter zu Seite, die ihnen auf dem Weg der Nachfolge helfen und ihnen den Weg in die Gemeinde ebnen.

Taufe ist kein „krönender Abschluss“, sondern führt in die Gemeinschaft der Gemeinde. Darum sollten Taufen auch im Kontext der versammelten Gemeinde stattfinden. Die Zugehörigkeit zu Christus und seinem Leib lässt sich von einer Ortsgemeinde nicht trennen; hier bringen Christen ihre Zeit, ihre Mittel, ihre Begabungen und Geistesgaben ein, um Gottes und der Gemeinde willen! Christen brauchen einander! In der Verbindlichkeit einer Mitgliedschaft und der regelmäßigen Teilnahme am Gemeindeleben erfahren Christen gegenseitige Hilfe, Ermutigung, Trost und Korrektur … das geht digital nur begrenzt oder auf Dauer gar nicht.

Wie in jedem knapp und präzise formulierten Bekenntnistext bleiben auch in diesem Abschnitt einige Fragen zur Theologie und Praxis offen. Etwa ab welchem Alter man davon ausgehen darf, dass Menschen das Evangelium verstehen und glauben können. Ist das nur individuell erkennbar (an welchen Kriterien?) oder hält man sich einfach an das staatlich festgesetzte Alter der Religionsmündigkeit (14 Jahre)?

[1] Vgl. C. H. Ratschow, „Konfession/Konfessionalität“, TRE 19 (1990), (419–426) 419.

Einladung zum Weiterdenken

1. Wie habe ich den engen Zusammenhang zwischen Glauben und Taufe bisher erlebt? Wie war das bei meiner eigenen Taufe? Was ist vom Zuspruch des Evangeliums und dem Bekenntnis des Glaubens noch übrig?

2. Welche Rolle spielt die Taufe in unserer Gemeinde – von einer gelegentlichen Tauffeier abgesehen?

3. Sollten wir Menschen taufen, die aber nicht zu einer Gemeinde gehören wollen?

Erschienen in: Die Gemeinde 13/2022, S. 16-17.

Ein Artikel von Prof. Dr. Christoph Stenschke, Dozent für Neues Testament an der Biblisch-Theologischen Akademie Wiedenest

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Kommentare (1)

  • Volker Warmbt
    am 28.09.2022
    Sicher ist die Taufe aufgrund eines freien Bekenntnisses als Christ das Herzstück baptistischen Verständnisses, ... und soll es m.E. auch bleiben.; es gehört auch zu meiner eigenen Identität als Christ und Baptist. Insofern kann ich insgesamt gut mit diesem Artikel darüber leben, mit den rückwärts gewandten Formulierungen der RvG schon weniger. Ich hatte dazu folgendes geschrieben:
    Auch hier wird wieder in einem mythisch- magischen Verständnis die „Wirkung“ der Taufe in obrigkeitsgläubiger Sprache gesprochen. Ich habe mich in meiner Taufe nicht der Herrschaft Gottes unterstellt. Ich habe für mich angenommen, dass ich mit Gott versöhnt bin, mich nun als ein so Befreiter ein Kind Gottes, ein Sohn Gottes nennen darf, weil ich mich als solcher von Gott angenommen weiß. Als äußeres Zeichen dafür habe ich mich taufen lassen und feierte damit meine Versöhnung mit Gott als Zeichen eines Neunfangs in meinem Leben. Ein Kind, ein Sohn, eine Tochter unterstellt sich nicht der Herrschaft seines / ihres Vaters. Das war einmal in autoritären Familienstrukturen bis ins 19. Jahrhundert so, bezogen auf Gott war das seit Jesus von Nazareth nicht mehr so! Der Satz: „Wer Christ wird, wendet sich von allem Bösen ab“, ist einfach nur falsch und entspricht nicht der Realität. Macht doch mal die Augen auf! Eigentlich reicht m.E. für dieses Kapitel das Bekenntnis der Baptist Principles völlig aus, um das Wesentliche meines christlichen Glaubens in dieser Sache auszudrücken: „BaptistInnen sind Menschen, die die Liebe Gottes zum Menschen und die die Versöhnung mit Gott feiern und Menschen taufen, die ihren Glauben an Jesus Christus aus freiem Willen bekennen“
    Hinzu kommt im beginnenden 21. Jahrhundert ein anderer Aspekt: Die Zeiten von "Täufer" und "Wiedertäufer als Kampfbegriffe der Reformationszeit sind vorbei. Zu einer ökumenischen Annäherung gehören auch gemeinsame Gespräche mit anderen Konfessionen zur gegenseitigen Anerkennung der Taufe:
    Bis heute gehört die Taufe von Menschen, die ihren Glauben aus freiem Willen bekennen, also mindestens religionsmündig sind, zu den theologischen Grundsätzen nicht nur der Baptistenkirchen, sondern aller täuferisch gesinnten Kirchen. In den „baptist principles“, einem Glaubensbekenntnis der Baptisten von 2017 heißt es dazu: „ Baptisten sind Menschen, die die Liebe Gottes zum menschen und die Versöhnung mit Gott feiern. Sie taufen Menschen, die ihren Glauben an Jesus Christus aus freiem Willen bekennen. Dabei gibt es jedoch in Deutschland inzwischen eine Reihe von Baptistengemeinden, die auch solche Menschen auf das persönliche Bekenntnis ihres Glaubens in ihre Gemeinde aufnehmen und auf eine (nochmalige) Taufe verzichten, die an ihrer Kindertaufe aus Gewissensgründen festhalten. Erst 2017 hat eine Vertreterin der Leitung der EKiR (Evangelischen Kirche im Rheinland) offiziell vorgeschlagen, die rheinische Landeskirche und die Baptistenkirche mögen eine theologische Kommission zur gegenseitigen Anerkennung der Taufe einsetzen. Bemerkenswert ist, dass die evangelische Kirche hier gleichzeitig einen für sie bisher wichtigen Artikel (9) der „Confessio Augustana“ bereit ist zu revidieren. In Artikel 9 verurteilt Melanchton die Täufer als Ketzer aufgrund ihrer Ablehnung der Kindertaufe.